Malloreon 2 - König der Murgos
verschmitzt zu.
Sie ritten aus der Furt in den Wald von Vordue mit seinen ordentlich angelegten Baumreihen und dem gepflegten Unterholz. Nach etwa drei Meilen gelangten sie zu einem weißgetünchten Haus, der Zollstation. Eine Ecke des länglichen Gebäudes wies Spuren eines kürzlichen Brandes auf, und das rote Ziegeldach an dieser Seite war schwarz von Ruß. Sechs schlampige Zollsoldaten kauerten um ein Feuer im schlammigen Hof und tranken billigen Wein, um die Kälte abzuwehren. Einer, mit Bartstoppeln, geflicktem Umhang und rostigem Harnisch, erhob sich lässig und trat auf die Straße. Er hielt eine fleischige Hand hoch und rief: »Halt, und keinen Schritt weiter! Führt eure Pferde neben das Haus und öffnet eure Satteltaschen zur Durchsuchung.«
»Selbstverständlich, Sergeant«, versicherte ihm Silk kriecherisch. »Wir haben nichts zu verbergen.«
»Das werden wir ja sehen«, knurrte der Bartstoppelige. Er torkelte leicht, als er ihnen den Weg versperrte.
Der Zollbeamte trat mit einer Decke um die Schultern aus der Station. Es war der gleiche, dicke Mann wie vor Jahren, als sie auf der Verfolgung Zedars und des gestohlenen Auges hier hindurchgekommen waren. Bei ihrer letzten Begegnung hatte er arrogante Selbstzufriedenheit ausgestrahlt, jetzt jedoch hatte sein feistes rotes Gesicht den enttäuschten Ausdruck eines Mannes, der mit der Überzeugung lebt, daß das Leben ihn betrogen hatte. »Was habt ihr zu verzollen«, bellte er.
»Nichts auf dieser Reise, Euer Ehren«, versicherte ihm Silk mit fast winselnder Stimme. »Wir sind arme Reisende auf den Weg nach Tol Honeth.«
Der faßbäuchige Beamte musterte den kleinen Mann. »Ich glaube, wir kennen uns. Seid Ihr nicht Radek von Boktor?«
»Derselbe, Euer Ehren. Ihr habt ein ausgezeichnetes Gedächtnis.«
»Das muß ich in meinem Beruf haben. Habt Ihr das letzte Mal ein gutes Geschäft mit den sendarischen Wollsachen gemacht?«
Silks Gesicht verdüsterte sich. »Nicht halb so gut wie erhofft. Noch ehe ich Tol Honeth erreichte, wurde das Wetter milder, dadurch fiel der Preis um die Hälfte.«
»Tut mir leid, das zu hören«, sagte der Beamte höflich. »Würdet Ihr bitte Eure Sattelbeutel öffnen?«
»Wir haben nur Wegzehrung und Kleidung zum Wechseln dabei, Euer Ehren«, versicherte ihm der kleine Drasnier noch kriecherischer.
»Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Leute häufig vergessen, welche Wertsachen sie bei sich führen. Öffnet die Beutel, Radek.«
»Wie Ihr wünscht, Euer Ehren.« Silk kletterte von seinem Pferd und schnallte die Gurte der Beutel auf. »Ich wünschte, ich hätte etwas von Wert«, seufzte er traurig. »Aber mein bedauerlicher Versuch im Wollgeschäft war der Anfang meiner Pechsträhne, fürchte ich. Sie ist leider immer noch nicht zu Ende.«
Der Beamte brummelte und kramte fröstelnd ein paar Minuten in ihren Beuteln. Schließlich wandte er sich mit säuerlichem Gesicht wieder an Silk. »Sieht so aus, als sagtet Ihr die Wahrheit, Radek. Tut mir leid, daß ich daran zweifelte.« Er blies sich in die Hände, um sie zu wärmen. »Es sind schwere Zeiten. In den letzten sechs Monaten ist hier nichts durchgekommen, das eine anständige Bestechung wert gewesen wäre.«
»Ich habe von Schwierigkeiten unten in Vordue gehört«, sagte Silk, als er die Beutel wieder zuschnallte. »Die Vorduer wollen sich angeblich von Tolnedra trennen.«
»Das Alleridiotischste in der Geschichte des Reiches«, explodierte der Beamte. »Mit dem Tod von Großherzog Kador hat das Geschlecht der Vordue jeglicher Verstand verlassen! Sie hätten wissen müssen, daß dieser Bursche der Agent einer ausländischen Macht war!«
»Was für ein Bursche?«
»Er behauptete, er sei ein Kaufmann aus dem Osten, und schmeichelte sich ins Vertrauen der Vordue, bis sie aufgeblasen vor Überheblichkeit waren. Sie glaubten doch tatsächlich, sie wären fähig, über ein eigenes Reich zu herrschen, unabhängig vom Rest Tolnedras! Doch dieser Varana ist listig, das dürft Ihr mir glauben. Er traf ein Abkommen mit König Korodullin, und in kürzester Zeit wimmelte es in Vordue von mimbratischen Rittern, die alles stahlen, was sie in die Hände kriegen konnten.« Er deutete auf die versengte Ecke des Hauses. »Sehr Ihr das? Ein Trupp von ihnen kam hierher und plünderte das Haus aus, dann versuchten sie, es in Brand zu stecken!«
»Wie furchtbar«, sagte Silk mitfühlend. »Konnte man herausfinden, für wen dieser angebliche Kaufmann gearbeitet hat?«
»Diese
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