Malloreon 2 - König der Murgos
auffiel, wandte sich an den grimmig dreinblickenden Mann neben ihm. »Ich hatte keine Ahnung, daß die Dagashi so geschickte Steinhauer sind.«
»Sind wir gar nicht. Sklaven bauten diesen Korridor.«
»Ich wußte auch nicht, daß die Dagashi Sklaven halten.«
»Weil wir es nicht tun. Sobald unsere Festung errichtet war, ließen wir sie frei.«
»Da draußen?« fragte Sadi entsetzt.
»Die meisten zogen es vor, statt dessen vom Felsen zu springen.«
Der Gang endete abrupt bei einer Höhle, die fast so groß war wie einige, die Garion im Ulgoland gesehen hatte. Hier jedoch ließen schmale Fenster hoch oben in der Wand Licht ein. Als er hochblickte, erkannte er, daß dies keine natürliche Höhle war, sondern eine gigantische Mulde mit einer Steindecke, die von Pfeilern gestützt wurde. Auf der Sohle dieser Mulde erstreckte sich ein Städtchen mit niedrigen Steinhäusern, und in der Mitte erhob sich eine düstere, rechteckige Festung.
»Jaharbs Haus«, sagte ihr Führer. »Er wartet. Wir müssen uns beeilen.«
Silk sog hörbar die Luft ein.
»Was ist los?« wisperte Garion.
»Wir müssen hier sehr vorsichtig sein«, mahnte Silk. »Jaharb ist der Älteste der Dagashi, und er hat einen erschreckenden Ruf.«
Die Häuser in dieser Stadt der Dagashi hatten alle Flachdächer und schmale Fenster.
Garion fiel auf, daß hier kein lärmender Betrieb herrschte wie in den Städten des Westens. Die schwarzgewandeten, ernst dreinblickenden Dagashi gingen ihren Geschäften schweigend nach, und jeder, der durch diese seltsame, halbbeleuchtete Stadt schritt, schien sich in einem merkwürdigen Freiraum zu bewegen, einem Kreis, den keiner seiner Mitbürger brach.
Jaharbs Festung war aus großen Basaltquadern erbaut, und die Wachen an der massiven Vordertür waren bis an die Zähne bewaffnet. Tajak sagte etwas zu ihnen, sofort öffneten sie die Tür.
Das Gemach, in das Tajak sie führte, war sehr geräumig und von teuren Öllampen erhellt, die an Ketten von der Decke baumelten. Die einzige Einrichtung dieses Gemachs waren gelbe Kissen, die zuhauf auf dem Boden verstreut lagen, und eine Reihe schwerer Truhen mit Eisenbändern entlang der hinteren Wand. Inmitten eines Kissenhaufens saß ein Greis mit weißem Haar und dunklem Gesicht, das unbeschreiblich runzelig war. Er trug ein gelbes Gewand und aß bei ihrem Eintreten Trauben, die er sorgsam eine nach der anderen auswählte und bedächtig zu den Lippen hob.
»Die nyissanischen Sklavenhändler, ehrwürdiger Ältester«, meldete Tajak im Ton tiefsten Respekts.
Jaharb stellte die Schale mit Trauben zur Seite, dann beugte er sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie, und blickte sie mit rauchigen Augen eindringlich an. Eine fast spürbare Kälte ging von seinem Blick aus. »Wie heißt Ihr?« fragte er schließlich Sadi. Seine Stimme war ebenso kalt wie seine Augen, sehr leise und von einer fast raschelnden Trockenheit.
»Ich bin Ussa, Ehrwürdiger«, antwortete Sadi mit einer geschmeidigen Verbeugung.
»So? Und was führt Euch in die Lande der Murgos?« Der Greis sprach sehr langsam und dehnte die Worte aus, als singe er sie.
»Der Sklavenhandel, Großer Ältester«, sagte Sadi rasch.
»Einkauf oder Verkauf?«
»Ein wenig von beidem. Die gegenwärtigen Unruhen bieten gewisse Gelegenheiten.«
»Das glaube ich. Ihr seid also des Gewinns wegen hier?«
»Ein angemessener Profit ist alles, ehrwürdiger Jaharb.«
Der Gesichtsausdruck des Ältesten änderte sich nicht, aber sein Blick schien sich in den plötzlich schwitzenden Eunuchen zu bohren. »Ihr fühlt Euch offenbar nicht wohl, Ussa.« Die trockene Stimme klang fast sanft. »Wieso?«
»Die Hitze, ehrwürdiger Jaharb«, erwiderte Sadi nervös. »Eure Wüste ist sehr heiß.«
»Möglich.« Die rauchigen Augen schwankten nicht in ihrem unerbittlichen Blick. »Ihr beabsichtigt, die Lande zu betreten, die von den Malloreanern besetzt sind?«
»Ja«, antwortete Sadi. »Das beabsichtige ich tatsächlich. Ich habe gehört, daß viele Sklaven das Chaos nutzten, das die malloreanische Invasion mit sich brachte, um sich im Wald von Gorut zu verstecken. Jeder kann sie beanspruchen, und die Äcker und Weinberge von Hagga und Cthan liegen brach, da die Sklaven fehlen, sie zu bestellen. Aus einer solchen Lage läßt sich Profit schlagen.«
»Ihr werdet wenig Zeit haben, entflohene Sklaven zu jagen, Ussa. Ihr müßt in Rak Hagga sein, noch ehe zwei Monate verstrichen sind.«
»Aber…«
Jaharb hob eine Hand. »Ihr werdet von
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