Malloreon 3 - Dämon von Karanda
neuen Gott von Angarak. Und wer sich dort oben nicht demütig vor beiden Altären niederwirft, dem wird das Herz an Ort und Stelle herausgeschnitten!«
»Das ist wahrhaftig ein guter Grund, sich von Venna fernzuhalten«, sagte Silk trocken. »Hat ihr neuer Gott einen Namen?«
»Ich habe keinen gehört. Sie reden nur von dem ›neuen Gott von Angarak, der gekommen ist, Toraks Nachfolge anzutreten und schreckliche Rache an dem Gottesbezwinger zu nehmen‹.« »Das bist du«, murmelte Sammet Garion zu. »Stört es dich?«
»Ich dachte nur, ich sollte dich darauf aufmerksam machen.«
»Ein offener Krieg tobt in Venna, mein Freund«, fuhr der Melcener fort. »Ich kann Euch nur raten, einen weiten Bogen um dieses Land zu machen.« »Krieg?«
»Innerhalb der Kirche. Die Chandim metzeln alle Grolims nieder – jene, die Torak noch ergeben sind. Die Tempelwachen haben Partei ergriffen und liefern einander blutige Schlachten im Flachland – das heißt, wenn sie nicht plündernd durch die Gegend ziehen und ganze Dörfer niederbrennen, nachdem sie sie ausgeraubt und alle Einwohner niedergemetzelt haben. Man könnte meinen, ganz Venna ist dem Wahnsinn verfallen. Niemand ist dort mehr seines Lebens sicher. Jeder wird angehalten und gefragt, welchen Gott er verehrt, und die falsche Antwort hat den Tod zur Folge.« Immer noch kauend machte er eine Pause. »Wißt Ihr vielleicht einen Ort, wo es ruhig ist – und sicher?«
»Versucht es doch an der Küste«, riet ihm Silk. »Vielleicht in Mal Abad – oder in Mal Camat.« »Wohin wollt Ihr?«
»Nordwärts zum Fluß, um zu sehen, ob wir ein Schiff finden, das uns zum Penn Daka See bringt.«
»Auch dort wird es nicht lange sicher sein, Freund. Wenn nicht die Pest zuerst dort hinkommt, werden Menghas Dämonen einfallen – oder die wahnsinnigen Grolims und ihre Wachen aus Venna.«
»Wir haben nicht vor, dort anzuhalten«, entgegnete Silk. »Wir wollen weiter durch Delchin nach Maga Renn und von dort den Magan flußab.« »Das ist eine lange Reise!«
»Freund, ich würde, wenn nötig, bis Gandahar laufen, um Dämonen, Pest und wahnsinnigen Grolims zu entgehen. Falls es zum Schlimmsten kommt, verstecken wir uns bei den Elefantenhirten. So schlimm sind Elefanten nicht.«
Der Melcener lächelte flüchtig. »Vielen Dank für die Wegzehrung.« Er steckte Brot und Käse in sein Gewand und schaute sich nach seinem weidenden Pferd um. »Viel Glück, wenn ihr Gandahar erreicht.« »Und Ihr die Küste«, erwiderte Silk. Sie blickten dem davonreitenden Melcener nach.
»Warum hast du sein Geld genommen, Kheldar?« fragte Eriond. »Ich dachte, wir würden ihm das Essen schenken.«
»Unerwartete und unerklärte Wohltaten bleiben im Gedächtnis haften, Eriond, und Neugier ist stärker als Dankbarkeit. Ich nahm sein Geld, um sicherzugehen, daß er uns schon morgen keinem Fragen stellenden Soldaten mehr beschreiben kann.«
»Oh«, sagte der Junge ein bißchen traurig. »Es ist wirklich schade, daß die Dinge so sind, nicht wahr?«
»Wie Sadi sagt, ich habe die Welt nicht erschaffen, ich versuche bloß, in ihr zu leben.«
»Nun, was meinst du?« wandte sich Belgarath an den Jongleur.
Feldegast spähte blinzelnd zum Horizont. »Ihr habt Euch also darauf versteift, geradewegs durch Venna zu ziehen – vorbei an Mal Yaska und allem?«
»Wir haben keine andere Wahl. Uns bleibt nicht viel Zeit, Ashaba zu erreichen.«
»Irgendwie dachte ich mir schon, daß du so denken würdest.« »Kennst du einen Weg, der uns hindurch führt?«
Feldegast kratzte sich am Kopf. »Es wird gefährlich sein«, sagte er, »durch all die Grolims und Chandims und Tempelwachen und was noch alles.«
»Doch doppelt so gefährlich, wenn wir Ashaba nicht rechtzeitig erreichen.«
»Na ja, wenn es sein muß, glaube ich, bringe ich euch schon durch.«
»Also gut«, sagte Belgarath, »dann brechen wir wieder auf.«
Der seltsame Verdacht, der Garion bereits am Vortag beschlichen hatte, wurde stärker. Weshalb würde sein Großvater sich so mit einem Mann besprechen, den sie kaum kannten? Und weshalb hatte dieser Mann ihn plötzlich geduzt? War das nur ein Versehen gewesen? Doch je mehr er darüber nachdachte, desto überzeugter war er, daß hier weit mehr vorging, als es den Anschein hatte.
14
A m Spätnachmittag erreichten sie Mal Rakuth, eine befestigte Stadt an den Ufern eines schlammigen Flusses. Die Mauern waren hoch, und dahinter erhoben sich schwarze Türme. Eine große Menschenmenge hatte sich davor versammelt
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