Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer
irgendwann.«
»Du scheinst da mehr Zuversicht zu haben als ich«, meinte er lachend.
So spät die Stunde auch war, im Haus schien noch jemand auf sie zu warten. Hinter den vorderen Fenstern brannte Licht. Vermutlich war Roslynn noch auf. Sie brannte bestimmt darauf zu erfahren, was sich vor all den Jahren abgespielt hatte. Als Anthony James erblickte, der mit einem Glas Brandy in der Hand im Türrahmen des Salons lehnte, war er einigermaßen überrascht.
»So langsam habe ich mir Sorgen gemacht, ihr könntet die Nacht bei den Millards verbringen«, merkte James an.
Anthony grinste. »Mit dir habe ich nun wahrlich nicht gerechnet, alter Mann. Warst wohl zu neugierig, um zu warten, bis wir wieder nach London zurückkehren?«
James schnitt eine Grimasse. »Ich wollte meinen älteren Bruder mal wieder besuchen. Seit ich aus der Karibik zurück bin, haben wir uns nicht mehr gesprochen. Und kurz danach bin ich ja mit dir in See gestochen.«
»Ach so«, antwortete Anthony ein wenig verächtlich, in dem Wissen, dass Jason gerade erst eine Nachricht nach London geschickt hatte, in der er sein Kommen in der nächsten Woche ankündigte.
Doch James war noch nicht fertig mit seiner Erläuterung. »Außerdem habe ich den Yank mitgebracht.«
Anthony versteifte sich. »Boyd? Wieso, zum Teufel, hast du das denn getan?«
Ehe James etwas antworten konnte, schnappte Katey nach Luft. »Boyd ist hier? Wo?«
»Als es so aussah, ihr würdet heute Nacht nicht mehr zurückkommen, hat er sich zurückgezogen und etwas davon gemurmelt, er wolle morgen früh fit und munter sein, weil …«
»Das werde ich jetzt am besten auch tun.« Im selben Augenblick lief Katey zur Treppe und rief ihnen von dort aus zu: »Gute Nacht, ihr beiden!«
Mit gerunzelter Stirn sah Anthony ihr nach.
»Wieso überrascht mich das nicht?«, meinte James grinsend.
Anthony warf seinem Bruder einen bösen Blick zu. »Was überrascht dich nicht? Dass sie wegläuft, ehe sie dich richtig begrüßt hat? Aber was hast du dir eigentlich dabei gedacht, dieses Scheusal …«
»Mach mal halblang, Kleiner.« James machte einen Schritt nach vorne und drückte Anthony seinen Brandy in die Hand. »Trink das. Du wirst ihn brauchen, wenn du hörst, was ich dir zu erzählen habe. Und sag jetzt nicht, dir wäre nicht aufgefallen, wie ein Leuchten über ihr Gesicht gehuscht ist, als sein Name fiel.«
Kateys Herz raste. Er war gekommen. Sie zweifelte nicht daran, dass James die Wahrheit sprach, genauso wenig, wie sie daran zweifelte, dass Boyd vermutlich bis in die Haarspitzen angespannt war, weil er noch immer dachte, er müsse um ihre Liebe kämpfen. Sie wollte ihn keinen Augenblick länger leiden lassen.
Da sie wusste, in welchen Räumen die Familie schlief, wusste sie auch, welche leer gestanden hatten. Das erste Zimmer, das sie öffnete, war das richtige – zumindest war es belegt. Sie musste einen Augenblick warten, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, um ganz sicher zu sein. Es war noch nicht kalt genug, als dass ein Feuer im Kamin angezündet werden musste.
Sie schloss leise die Tür hinter sich und atmete einige Male tief durch. Es reichte schon, mit ihm in demselben Raum zu sein, damit sie von einem friedlichen Gefühl durchströmt wurde. Es dauerte nicht lange, da konnte sie gut genug sehen, um zu wissen, wo das Bett stand.
Er lag auf dem Rücken, einen Arm hinter dem Kopf verschränkt. Eine goldene Strähne war ihm über die Augenbraue gerutscht. Seine Brust war nackt, die Decke endete oberhalb seines Beckens. Als Katey das erkannte, wich das friedliche Gefühl in ihrem Innern einem sanften Kribbeln. Sein Mund war leicht geöffnet, aber er schnarchte nicht. Er wollte fit und munter sein, wenn er mit ihr am Morgen sprach, doch so lange konnte sie nicht mehr warten.
Sie schlüpfte aus ihren Schuhen und Kleidern, die sie neben dem Bett auftürmte. Das Kribbeln wurde mit jedem Atemzug stärker. Es überraschte sie selbst am meisten, dass sie es gar nicht abwarten konnte, bis sie ausgezogen war. Anschließend legte sie sich neben ihn aufs Bett und kuschelte sich an ihn. Er schlief weiter und wachte auch dann nicht auf, als sie seine Brust berührte. Einige Augenblicke lang reichte ihr das, doch dann wuchs ihr Verlangen, und sie beugte sich über ihn und blies ihm sanft ins Ohr, damit er endlich aufwachen möge. Es dauerte nicht lange, und der gewünschte Erfolg stellte sich ein. Boyd erkannte, dass er nicht alleine war.
Nachdem er sich zu ihr
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