Malory
Scheidung eingewilligt?«
fragte Derek seinen Vater. »Weil Frances dich erpreßt hat? Und ich dachte, du würdest ihr aus Großzügigkeit die Freiheit schenken.«
Jason zuckte bei Dereks abschätzigem Tonfall zusammen. Molly dagegen verlor die Geduld.
»Wie kannst du es wagen, so mit deinem Vater zu sprechen?« fuhr sie ihn an. »Du weißt ja nicht, wie schwer es ihm gefallen ist, meine Identität vor dir geheimzuhalten. Und du hast auch keine Vorstellung davon, wie schwer mir der Entschluß gefallen ist, es sei das Beste –
für dich.«
»Das Beste?« fragte Derek ungläubig. »Du hast mir die Mutter vorenthalten. Warum zum Teufel hältst du das für das Beste für mich?«
»Glaubst du nicht, ich wäre dir gerne eine Mutter gewesen? Du warst mein ein und alles. Ich habe dich von dem Moment an, in dem ich dich empfangen habe, geliebt.«
»Warum dann also?«
»Derek, das war vor fünfundzwanzig Jahren. Ich war jung und ungebildet und redete wie eine Londoner Waschfrau. Damals wußte ich noch nicht, daß es auch für mich einen Weg nach oben gab. Und von dem Tag an, an dem dein Vater beschloß, dich zu seinem offiziellen Erben zu machen, hatte ich schreckliche Angst davor, daß der zukünftige Marquis of Haverston sich schämen würde, wenn er erführe, wenn jeder erführe, daß seine Mutter ein einfaches Stubenmädchen war, das noch nicht einmal lesen und schreiben konnte. Mein Sohn sollte ein Lord werden, ein Mitglied des Adels. Ich wollte nicht, daß er sich meiner schämte, und du hättest das sicher auch nicht gewollt.«
»Du hast also meine Gefühle auch gleich vorhergesehen?« sagte Derek und schüttelte den Kopf. Dann warf er seinem Vater einen anklagenden Blick zu. »Und du hast es zugelassen?«
Bevor Jason antworten konnte, warf Molly ein: »Ich kann sehr überzeugend sein, und mir lag sehr viel daran, daß du es nicht erfährst. Aber dein Vater hat mir hauptsächlich nachgegeben, weil er mich liebt. Außerdem, Derek, hattest du schon genug Probleme mit deiner Illegitimität. Ich wußte, daß es nicht einfach für dich werden würde, und das war es ja auch nicht. Aber zumindest wurde angenommen, daß von beiden Seiten blaues Blut in dir floß. Es wäre schlimmer gewesen, wenn bekannt geworden wäre, wer deine Mutter wirklich ist.«
»Ihr hättet es mir trotzdem sagen müssen. Ihr hättet es ja vor dem Rest der Welt geheimhalten können, wenn ihr das für richtig gehalten hättet, aber mir hättet ihr es sagen
können.
Außerdem
empfinde
ich
überhaupt
keine Scham, Molly, daß du meine Mutter bist. Deine Vermutung war eben nur eine Vermutung. Ich bin jedoch wütend, weil du mir nie eine Mutter gewesen bist, weil du mir all die Jahre nahe warst, ohne mich wissen zu lassen, daß ich dein Sohn bin. Du hast mich in dem Glauben gelassen, daß du niemand Wichtiges wärst. Du hast mich glauben lassen, meine Mutter wäre tot!«
Er konnte nicht weitersprechen. Er war zu aufgewühlt
– und dann sah er, daß ihr Tränen in die Augen traten.
Schnell verließ er das Zimmer, bevor er selbst anfing zu weinen.
Jason nahm Molly in die Arme. Sie klagte: »O mein Gott, was habe ich getan?« und brach dann wirklich in Tränen aus.
Er stellte sich dieselbe Frage, aber er konnte ihr nur sagen: »Jeder macht Fehler, wenn er jung ist, Molly.
Das waren eben unsere Fehler. Laß ihm Zeit, sich an die Wahrheit zu gewöhnen. Wenn er erst einmal da-rüber
nachgedacht
hat,
wirklich
nachgedacht
hat,
wird er merken, daß du ihm immer eine Mutter gewesen bist, daß du alle Sorgen und Kümmernisse seiner Kindheit mit ihm geteilt hast, daß du ihm geholfen hast, zu dem anständigen Menschen zu werden, der er heute ist.«
51
»Ich wäre gerne dabeigewesen«, sagte Roslynn zu ihrem Mann, als sie ihm Judith in die Arme drückte.
»Hier, jetzt bist du an der Reihe, mit ihr herum-zugehen.«
«Hallo, meine Süße.« Tony gab seiner Tochter einen lauten Schmatz auf die Wange. »Dir geht’s gut, was?«
Dann meinte er zu seiner Frau: »Ich bin froh, daß du nicht dabei warst. Es war verdammt peinlich.«
»Peinlich? Innerhalb der Familie?« Sie schnaubte.
Er blickte sie verweisend an. »Und was hättest du dazu beitragen können?«
Er hatte ihr bereits die ganze Diskussion erzählt, aber sie konnte es immer noch nicht glauben, daß Kelsey Langton keine Lady sein sollte.
»Ich hätte deinem Bruder gesagt, wie altmodisch sein Verbot war.«
Anthony grinste. »Ich erwähne es ungern, Ros, aber Jason ist
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