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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03. Sturmwind der Zaertlichkeit
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Mac nachdrücklich darauf bestanden. Leider hatte sie nur ein einziges Buch mitgebracht, und das las sie nun wieder und wieder, bis sie dessen so überdrüssig wurde, daß sie es kurzerhand aus dem Fenster warf. Dabei traf sie einen Gast, der gerade die Taverne verließ; einen Landgrafen, der so verärgert war, daß man ihr beinahe das Zimmer gekündigt hätte. Das war die einzige Abwechslung in der langen Zeit des Wartens gewesen, und Georgina war nahe daran, aus Langeweile die Wände hoch-zugehen oder noch mal irgend etwas aus dem Fenster zu werfen, nur um zu sehen, was passieren würde. Da endlich erschien Mac mit der Nachricht, daß Malcolm in Hendon wohne.
    Jetzt sollte sie ihn endlich wiedersehen, schon in wenigen Minuten. Sie war so aufgeregt, daß sie es kaum mehr aushalten konnte. An diesem Morgen hatte sie ungeheuer viel Zeit auf ihre Toilette verwendet, mehr als jemals zuvor. Ihr Äu-
    ßeres war ihr bis jetzt nie sehr wichtig gewesen. Sie trug das beste Kleid, das sie auf die Reise mitgenommen hatte, ein Complet von der Farbe gelber Butterblumen und ein farblich darauf abgestimmtes Jäckchen. Während ihres Rittes hatte sie sorgsam darauf geachtet, das Kleid nicht zu verdrücken.
    Ihre vollen braunen Locken hatte sie kunstvoll unter einer ebenfalls gelben Seidenhaube festgesteckt und die kurzen Strähnchen, die sich im Wind gelöst hatten, umrahmten kokett ihre Stirn. Ihre Wangen waren zart gerötet, und die Lippen leuchteten in einem hellen Rosa.
    Den ganzen Morgen schon blickte sie sich verschämt und suchend um, während sie in perfekter Haltung auf ihrem alten Klepper ritt, musterte jeden Herrn in den vorbeifah-renden Kutschen und jeden Mann auf der Straße, als sie durch Hampstead kamen. Doch das fiel ihr gar nicht auf; Georgina träumte vor sich hin und hing ihren Erinnerungen an Malcolm nach. Es waren leider nur wenige - dafür aber um so kostbarer. Malcolm war ihr zum ersten Mal an dem Tag begegnet, als ihr Bruder Warren sie kurzerhand über die Reling seines Schiffes geworfen hatte, nachdem er ihrer Scherze überdrüssig geworden war. Sechs Hafenarbei-ter hatten sich daraufhin in die Fluten gestürzt, um sie zu retten. Die Hälfte von ihnen konnte nicht einmal annähernd so gut schwimmen wie sie. Malcolm war zu diesem Zeitpunkt gerade mit seinem Vater auf der Werft und wollte auch den Helden spielen. Georgina jedoch schwamm ohne fremde Hilfe an Land, während Malcolm gerettet werden mußte. Sein Einsatz hatte großen Eindruck auf sie gemacht, und sie war von ihm ganz begeistert. Er war gerade vierzehn Jahre alt und sie zwölf, und damals hatte sie spontan beschlossen, daß er der netteste und wundervollste Junge der Welt sei.
    Diese Gefühle veränderten sich auch während der folgenden Jahre wenig, obwohl Malcolm bei ihrem nächsten Zusammentreffen schon nicht mehr wußte, wer sie war - später übrigens auch nicht. Dann war sie zu Gast auf Mary Anns Party gewesen. Malcolm hatte Georgina zum Tanzen aufgefordert und war ständig über ihre Zehen gestolpert. Damals war er sechzehn gewesen und schon ein bißchen männlicher. Obwohl er sich diesmal gleich an sie erinnert hatte, waren seine Interessen doch mehr auf ihre beste Freundin Mary gerichtet gewesen, die ungefähr so alt war wie er.
    Natürlich hatte sie sich damals noch nicht endgültig für Malcolm entschieden, noch hatte sie ihm auch nur den kleinsten Hinweis darauf gegeben, daß sich ihre kindliche Ver-narrtheit zu echter Liebe gewandelt hatte. Sie hatte ein weiteres Jahr verstreichen lassen, bevor sie sich entschlossen hatte, diese Angelegenheit etwas zu forcieren. Dabei war sie ganz logisch vorgegangen. Malcolm war damals zwar immer noch der begehrteste Jüngling der Stadt, doch waren seine beruflichen Aussichten nicht die besten. Georgina hatte zu dieser Zeit bereits von seinen Ambitionen, Kapitän auf einem eigenen Schiff zu werden, gehört. Doch er hätte den harten Weg gehen, und sich langsam nach oben arbeiten müssen. Georgina war sich selbst gegenüber schon immer sehr ehrlich gewesen und hatte sich auch damals keinen Illu-sionen über ihr Aussehen, das eher durchschnittlich war, hingegeben. Sie hatte zwar fünf außerordentlich gutausse-hende Brüder, doch für sie, als einziges Mädchen in der Familie, hatte die Schönheit wohl nicht mehr ausgereicht. Was sie vielen anderen Mädchen jedoch voraushatte, war ihre stattliche Mitgift. An ihrem achtzehnten Geburtstag sollte sie, genau wie ihre Brüder in diesem Alter, ihr eigenes

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