Malory
Malory, oder er kriegt einen Tritt, daß er die ganze Milchstraße sieht!«
»Oh, ob sie wohl dieselbe Stelle meint, die ich vermute?«
»Halt's Maul, Percy«, sagte jemand, vermutlich Derek.
Georgina hatte kaum hingehört. Sie marschierte schnurstracks auf James zu, Jeremy im Schlepptau, der sie immer noch umklammert hielt, und durchbohrte ihn förmlich mit mörderischen Blicken, ohne von Anthony, Connie und George Amherst auch nur die geringste Notiz zu nehmen, die im Kreis um sie herumstanden.
»Was du dazu sagst, interessiert mich nicht die Bohne, daß du gleich Bescheid weißt!«
»Darf ich fragen, wozu?«
»Dazu, wo ich gewesen bin. Wenn du nicht ein so abscheulicher Ehemann gewesen wärst...«
»Abscheulich?«
»Ja, ganz recht. Mir meine eigene Familie vorzuenthalten.
Was ist das denn sonst, wenn nicht abscheulich?«
»Klugheit.«
»Oh, auch recht. Bleib nur bei deinem lächerlichen Standpunkt. Wenn du nicht so außergewöhnlich klug gewesen wä-
rest, hätte ich nicht zu solch tollkühnen Maßnahmen greifen müssen. Also, bevor dir der Kragen endgültig platzt, überleg' einmal, wer hier an allem schuld ist.«
Ohne mit der Wimper zu zucken wandte sich James an seinen Sohn. »Wo hast du sie aufgelesen?«
Georgina hätte schreien mögen. Es war ihr nicht gelungen, Jeremys Hand abzuschütteln, während sie zu James sprach, ebensowenig, wie es ihr geglückt war, ihm den Schwarzen Peter zuzuschieben, und es würde sie nicht wundern, wenn ihr James hier an Ort und Stelle den Kragen umdrehen wür-de, im Beisein seines Bruders, Neffen, Sohns und diverser Freunde, die alle auf seiner Seite standen und sich hüten würden, für sie einen Finger krummzumachen.
Doch plötzlich fand sie sich hinter Jeremys Rücken geschoben und hörte diesen zu seinem Vater sagen: »Es ist nicht so wild, wie du vielleicht annimmst. Sie war am Hafen, schön und gut, aber nicht allein. Sie hat eine Kutsche gemietet mit zwei großen, kräftigen Fahrern, richtige Kraftmeier, die da-für sorgten, daß ihr niemand zu nahe ...«
»Alles Ammenmärchen«, fiel ihm Percy mit einem fiesen Lächeln ins ins Wort. »Wie hätte sie dann unserem lieben Derek geradewegs in die Arme laufen und beinahe von ihm geküßt werden können, eh?«
Wutentbrannt machte Derek einen Satz nach vorn, packte Percy an seiner Krawatte und drehte diese so lange um sein Handgelenk, bis dem armen Kerl die Luft wegblieb. »Nennst du meinen Vetter etwa einen Lügner?« knurrte er und seine Augen leuchteten vor Wut noch grüner als sonst.
»Oh Gott, natürlich nicht. Würde mir nicht im Traum einfallen«, versicherte Percy schnell und sichtlich verwirrt.
»Aber ich war doch dort, Derek, und ich hab mit meinen eigenen Augen gesehen ...« Die Krawatte zog sich immer enger um seinen Hals. »Ach, was weiß denn ich?«
»Darf ich bitten, meine Herren«, mischte sich Anthony mit seiner trockenen Art ein. »Meine Frau verabscheut Blutsprit-zer in ihrer Diele.«
Georgina blieb immer noch in Deckung hinter Jeremys breitem Rücken und bedauerte insgeheim, daß sie so schlecht von ihm gedacht hatte. Allmählich dämmerte ihr, daß er sie nur deshalb am Schlafittchen genommen hatte, um sie vor einem eventuellen Zornesausbruch seines Vater zu schützen, und nicht, wie sie angenommen hatte, damit sie nicht wegrennen konnte. Er hatte sogar für sie gelogen, und dafür würde er bei ihr bis in alle Ewigkeit einen Stein im Brett haben, obwohl es Dank diesem verfluchten Percy für die Katz war.
Sie getraute sich nicht einmal, hinter seiner Schulter her-vorzulugen, um zu sehen, wie James das Ganze aufnahm.
Anfangs hatte er nur kurz die Stirn in Falten gezogen, um dann sofort wieder seine undurchdringliche Miene aufzusetzen und sich in aller Ruhe anzuhören, was sie ihm zu sagen hatte.
Von dort aus, wo sie stand, oder besser gesagt kauerte, sah sie, daß Anthony zur Rechten von James stand und Connie zu seiner Linken. Connie grinste sie nur an und schien das gebotene Schauspiel in vollen Zügen zu genießen. Anthony hingegen machte einen gelangweilten Eindruck, eine Haltung, die gewöhnlich James einzunehmen pflegte - nicht aber unter diesen Umständen, wie sie befürchtete. James'
verkrampfte Miene schien ihr recht zu geben, und als Jeremy sich zu ihr umdrehte und flüsterte, »Ich glaube es ist besser, du verduftest jetzt«, war sie sich dessen sicher.
James rührte sich nicht von der Stelle, als sie wie der Blitz die Treppe hinaufrannte, registrierte kaum, wie sie ihre
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