Malory
ihr und half ihr auf die klapprige alte Mäh-re.
Wohlweislich verkniff sich Mac erstmal jeglichen Kommentar und wartete ab, bis sie das Dorf hinter sich gelassen hatten. Georgina versuchte mit allen Mitteln, ihr Pferd auf Trab zu bringen. ›Nichts wie fort von hier, und zwar so schnell wie mögliche hämmerte es in ihrem Kopf - aber das Pferd war eben schon alt und ließ sich nicht zu einer schnel-leren Gangart bewegen. Der gemütliche Trab bot Mac die Gelegenheit, Georgina lange und ausgiebig zu studieren und hinter die steinerne Fassade, die sie zur Schau trug, zu blik-ken. Mac besaß zwar nicht viele unangenehme Eigenschaf-ten, aber eine davon war seine verletzende Taktlosigkeit, und der ließ er immer gerade dann freien Lauf, wenn man es am wenigsten ertragen konnte.
»Warum heulst du eigentlich nicht, Kleine?«
Sie reagierte nicht auf seine Frage, und er drang nicht weiter in sie. In ihrem Inneren jedoch kochte eine maßlose Wut, die sie loswerden mußte. »Zum Heulen bin ich viel zu zornig. Dieser gottverdammte Schuft hat die Frau wohl gleich bei seinem ersten Landurlaub geheiratet, noch lange bevor der Krieg vorüber war. Kein Wunder, daß er plötzlich so Englisch wurde. Das hat er offensichtlich dieser Person zu verdanken. Die hat ihn wohl gleich von Kopf bis Fuß umge-krempelt.«
»Ja, schon möglich. Vielleicht war es ihm zu Anfang noch gar nicht so ernst, und er hat sich dann erst beim zweiten Mal schnappen lassen.«
»Ist mir doch egal, wann und warum. Ich jedenfalls saß die ganzen langen Jahre zu Hause, bin vor Sorge und Sehn-sucht fast eingegangen, während der gnädige Herr einfach heiratet, Kinder zeugt und sein feudales Landleben in vollen Zügen genießt.«
»Ja, ich geb zu, du hast deine Zeit für ihn geopfert«, brummte Mac. »Aber vor Gram vergangen bist du nicht ge--
rade.«
Das ist mal wieder typisch Mann, dachte Georgina und rümpfte empört die Nase. »Ich habe ihn wirklich geliebt, Mac.«
»Pah, was heißt da geliebt? Du hast doch nur die Vorstellung geliebt, ihn ganz für dich alleine zu haben, den hübschen Jüngling. Eine Kleinmädchengrille, für die du längst zu alt bist. Wärst du nicht immer so maßlos anständig und starrköpfig, hättest du diesen Traum schon vor Jahren freiwillig begraben.«
»Das ist nicht wahr ...«
»Unterbrich mich nich'. Ich bin noch nich' fertig. Hättest du ihn wirklich vom ganzem Herzen geliebt, wie du be-hauptest, dann würdest du erst mal bittere Tränen vergießen und dich dann hinterher ärgern - aber nicht umgekehrt.«
»Mein Herz blutet, und ich weine innerlich«, erklärte sie bockig. »Du merkst so was natürlich nicht.«
»Ich danke dir, Georgie, daß du mich mit deinen Tränen verschonst. Weinende Frauen kann ich nämlich nicht ausstehen.«
Georgina erdolchte ihn förmlich mit ihrem stechenden Blick. »Ihr Männer seid doch wirklich alle gleich - so gefühl-voll wie Eisberge.«
»Auf mein Mitgefühl kannste lange warten, kleines Fräulein. Wie du dich vielleicht erinnern wirst, predige ich dir schon seit über vier Jahren, diesen Kerl zu vergessen. Außerdem ist dir wohl entgangen, was ich dir bereits vor unserer Abreise prophezeit hatte: daß du es nämlich schon sehr bald bereuen wirst, überhaupt nach England gefahren zu sein.
Und nicht erst dann, wenn deine Brüder dich zu Hause in die Mangel nehmen werden. Sag ehrlich, was hast du jetzt von deiner verdammten Sturheit?«
»Enttäuschung, Erniedrigung, ein gebrochenes Herz ...«
»Falsch ...«
»Warum mußt du es eigentlich unbedingt darauf anlegen, mich noch wütender zu machen, als ich eh' schon bin?« fiel sie ihm hitzig ins Wort.
»Reiner Selbstschutz, meine Liebe. Ich sagte ja bereits, ich kann Tränen nicht ausstehen. Solange du mich noch be-schimpfst, hängst du wenigstens nich' heulend an meiner Schulter. Oh nein, bloß nich' ...!« wehrte Mac erschrocken ab, als sich Georginas Gesicht zu einem Weinen verzog, und ihre Augen feucht wurden. Aber ihre Tränen ließen sich nicht mehr aufhalten, und es blieb Mac nichts anderes übrig, als die Pferde anzuhalten und seine starken Arme nach ihr auszustrecken. Georgina stürzte sich ihm entgegen, ließ sich mit einem erstickten Seufzer an seine breite Brust sinken und weinte sich erleichtert an seiner väterlichen Schulter aus. Leise wimmernd machte sie schließlich dem letzten Rest ihres Kummers Luft: »Diese wundervollen Kinder, das hätten meine sein können!«
»Du wirst schon noch deine eigenen Bälger haben,
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