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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03. Sturmwind der Zaertlichkeit
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die Kabine kurze Zeit für sich haben würde. Nur keine Zeit verlieren, dachte sie und stürzte zum Nachtstuhl. Sie mußte es riskieren, denn in dieser kurzen Zeit, die ihr blieb, würde sie es nicht bis hinunter zum Frachtraum schaffen, wo sie ihren eigenen Nachttopf versteckt hatte. Und bis nach dem Rasieren konnte sie nicht mehr warten. Morgen früh mußte sie zusehen, daß sie vor ihm wach war.
    Genauso polternd wie er die Kabine verlassen hatte, kehrte James zurück, und stieß die Tür auf, daß sie gegen die Wand krachte. Er wollte sie absichtlich überraschen, denn ihr unmotiviertes Lächeln vorhin war ihm keineswegs entgangen. Sein Bemühen hatte offenbar Erfolg gehabt. Der Farbe ihrer Wangen nach zu urteilen war sie zu Tode erschrok-ken und kochte vor Wut. Was war er doch für ein verdammter Hornochse, schoß es ihm im selben Moment durch den Kopf. Wie konnte er nur vergessen, daß eine Frau, die vor-gibt keine zu sein, auch solche Dinge wie Baden, Umziehen und andere menschliche Bedürfnisse abwickeln mußte -
    noch dazu auf einem Schiff voller Männer? Dadurch daß er sie in seiner Kabine einquartiert hatte, verschaffte er ihr zwar mehr Gelegenheiten, sich zurückzuziehen, doch das war eher zu seiner eigenen Belustigung gedacht, als zu ihrer Be-quemlichkeit. Darüberhinaus gab es auch kein Schloß an der Tür, geschweige denn einen anderen Ort, wo sie sicher sein konnte, nicht gestört zu werden.
    Wenn er schon an nichts anderes dachte, als sie zu verführen, hätte er diese Dinge auch ins Kalkül ziehen müssen.
    Ob sie sich darüber überhaupt Gedanken gemacht hatte, bevor sie sich zu dieser Verkleidung entschloß? Freiwillig wä-
    re sie bestimmt nicht in seine Kabine gezogen. Er hatte sie mehr oder weniger gezwungen, das Risiko einer Entdek-kung einzugehen und die kurze Zeitspanne zu nutzen, nachdem er sie gleich nach dem Aufstehen mit Arbeit ein-gedeckt hatte. Es war pure Bosheit von ihm, daß sie nun ihr Gesicht hinter ihren hübschen Knien verbergen mußte, und er konnte im Moment nichts gegen ihre verständliche Em-pörung unternehmen, ohne sich zu verraten. Wäre sie wirklich ein George, müßte er jetzt nicht rückwärts aus der Kabine schleichen und Entschuldigungen murmeln, sondern hätte diese peinliche Situation als etwas ganz Natürliches hingenommen.
    Doch dieser George war nun mal kein George und dem-nach war auch diese Sache alles andere als natürlich. Dieses herzallerliebste Geschöpf hatte ihre Hosen heruntergezogen, wie seine empfindsamen Sinne sogleich wohlwollend zur Kenntnis nahmen.
    Um sich noch halbwegs elegant aus dieser verzwickten Situation zu retten, blickte er angestrengt zur Decke hoch und kroch dann auf allen vieren um sein Bett herum, um seine Stiefel zu suchen. Das ist ja das Letzte, dachte er. Madam hockt lächelnd auf diesem verfluchten Nachttopf - und ich steh mit hochrotem Kopf da wie ein Esel.
    »Laß dich nicht stören, George«, fuhr er sie recht barsch an. »Ich such bloß meine Stiefel.«
    »Bitte ... Kapitän!«
    »Komm, stell dich nicht so kindisch an! Glaubst du, unser-eins hat noch nie auf so einem Ding gesessen?«
    Ihr Stöhnen machte ihm unmißverständlich klar, daß er ihr damit nicht helfen konnte. Deshalb verließ er, seine Stiefel in der Hand, kommentarlos das Zimmer und knallte wieder die Tür hinter sich zu. Sein gemeines Spielchen konnte ganz leicht zu einem Schuß in den Ofen werden, denn manche Frauen sind in der Beziehung sehr eigen und würdigen einen Mann, der sie einmal in Verlegenheit gebracht hat, niemals wieder eines Blickes.
    Verdammter Mist, wie würde sie darauf reagieren? Sich lä-
    chelnd darüber hinwegsetzen, drei Tage verschämt mit roten Ohren herumschleichen, oder sich unter's nächste Bett ver-kriechen und sich weigern, jemals wieder hervorzukom-men? Hoffentlich war sie nicht so ein Seelchen! Ihre freche Maskerade ließ allerdings vermuten, daß sie ein gewisses Maß an Dreistigkeit besitzen mußte, obwohl er sich da keineswegs so sicher war. Irgendwie hatte er die unheilvolle Ahnung, daß er nach den Erfolgen der letzten Nacht nun einen gröberen Rückschlag erlitten hatte. Georgina dachte freilich nicht im Traum daran, sich unter einem Bett zu verkrie-chen. Für sie gab es nur drei Möglichkeiten: entweder sie sprang augenblicklich über Bord, oder sie leistete für den Rest der Reise den Ratten in einem der Frachträume Gesellschaft, oder - sie brachte James Malory einfach um. Die letzte Variante schien ihr mit Abstand die

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