Malory
nächste Mal einfach ein Schild an die Tür, wenn dir Ruhe beim Pissen so viel bedeutet, dann werde weder ich stören, noch jemand.«
Ein Schloß an der Tür wäre viel einfacher, dachte sie, wagte aber nicht, ihm das vorzuschlagen. Damit hatte sie nun überhaupt nicht gerechnet. Daß dieser Mensch so rücksichtsvoll und fürsorglich sein konnte, überraschte sie ziemlich.
Jetzt hatte sie sogar die Möglichkeit, ein richtiges Bad zu nehmen, statt der Katzenwäsche im Frachtraum.
»Reiß dich am Riemen, George. Ich mag mein Gesicht und hätte ganz gerne noch etwas Haut daran.«
Völlig aus ihren Gedanken gerissen schnauzte sie ihn an:
»Dann rasieren Sie sich gefälligst selbst!« und knallte das Rasiermesser auf den Tisch.
Mit hocherhobenem Haupt stolzierte sie davon, und er rief ihr hinterher: »Sieh an, der Knirps hat keine Beherrschung.«
Abrupt hielt sie inne und merkte erst jetzt, was sie angerichtet hatte. Langsam drehte sie sich um und sah genauso schuldbewußt aus, wie sie sich fühlte.
»Es tut mir aufrichtig leid, Sir. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Wahrscheinlich ist alles ein bißchen viel auf einmal. Aber unbeherrscht oder jähzornig bin ich nicht, da können sie ruhig Mac fragen.«
»Ich frage aber dich. Oder hast du etwa Angst, offen zu mir zu sein?«
Sie hielt die Luft an und unterdrückte ein erneutes Seufzen. »Nicht im Geringsten. Warum sollte ich?«
»Ich wüßte auch nicht warum. Erstens bist du viel zu klein für Ohrfeigen oder die Peitsche, zweitens werde ich mir nicht die Mühe machen, mir extra Arbeiten für dich als Strafe zu überlegen. Demnach kannst du immer frei von der Leber weg sprechen, George, schließlich haben wir doch eine sehr enge Beziehung zueinander.«
»Und wenn ich einmal über das Ziel hinausschießen und unhöflich werden sollte ...?« konnte sie sich nicht verkneifen zu fragen.
»Dann werde ich dir persönlich den Hosenboden stramm-ziehen, das ist so ziemlich die einzige Strafe, zu der ich mich hinreißen ließe. Aber ich denke doch, das wird nicht nötig sein. Hab ich recht, George?«
»Nein, ich meine ja, Sir«, preßte sie zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor, ängstlich und aufgebracht zugleich.
»Also dann, wie steht's mit Rasieren? Sieh zu, daß du ein wenig sorgfältiger arbeitest.«
»Wenn Sie ihren wenn Sie nicht dabei sprechen würden, könnte ich mich besser konzentrieren«, brachte sie diesen Vorschlag in bemüht respektvollem Ton vor. Sogleich hob sich wieder seine verfluchte Augenbraue. »Ich dachte, ich könnte Ihnen alles sagen?« murmelte sie ängstlich und griff nach dem Rasiermesser. »Und solange ich damit beschäftigt bin, kann ich nicht ertragen, daß Sie so was tun.«
Die andere Braue gesellte sich zur ersten, diesmal war der Ausdruck eher überrascht.
»Was tun?«
Aufgeregt wedelte sie mit dem Messer vor seiner Nase herum. »Dieses überhebliche Hochziehen ihrer Augenbrauen.«
»Potz Blitz, das haut sogar einen Seemann aus den Stiefeln!«
»Finden Sie das etwa lustig?«
»Ich finde, du hast dich ganz schön im Ton vergriffen, Kleiner. Frei sprechen bedeutet noch lange nicht, seinen Kapitän beleidigen zu dürfen, das weißt du ganz genau.«
Natürlich war ihr das voll bewußt, sie wollte nur ein biß-
chen Staub aufwirbeln, um zu prüfen, wie weit sie gehen konnte. Nicht sehr weit, offenbar.
»Ich bitte um Verzeihung, Kapitän.«
»Ich dachte, wir waren uns einig, daß du mir in die Augen siehst, wenn du dich entschuldigst. So so, du kannst es also nicht ausstehen«, meinte er süffisant.
Zum Kuckuck, jetzt lachte er sie auch noch aus. Seine spöttischen Scherze verachtete sie noch viel mehr, als das Zucken seiner Brauen.
»Ich vermute, diesmal ist es klüger, nicht zu antworten?«
»Das hast du schön formuliert, George, Wie ich sehe, lernst du schnell«, meinte er beipflichtend und haute ihr freundschaftlich, aber heftig auf die Schultern. Vollkommen unvorbereitet taumelte sie gegen seinen Oberschenkel und er hielt sie fest, damit sie nicht umfiel. Ganz automatisch griff Georgina nach ihm, um sich zu stützen. Eine kurze Weile standen beide da, sich gegenseitig haltend und alles um sich herum scheinbar vergessend. Der Zauber währte nur Sekunden - dann schnellten ihre Hände zurück, als hätten sie sich verbrannt.
So als ob nichts geschehen wäre in diesen knisternden Augenblicken bemerkte der Kapitän trocken, wenn auch mit einem leichten Beben in der Stimme: »Ich kann meinen Bart förmlich
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