Malory
ich eben zu dir.«
Sie sprang auf und hielt ihm mit einer rührenden Geste ihr Glas wie einen Schutzschild entgegen. »Kapitän, ich muß doch bitten!«
»Ich auch«, erklärte er und pirschte sich langsam um den Schreibtisch herum und an sie heran, während sie auf die andere Seite auswich. »Traust du mir etwa nicht, George?«
Dies war nicht der Zeitpunkt für Höflichkeiten. »Nein!«
»Kluges Kind«, kicherte er süffisant. »Man sagt mir nach, daß ich ein schamloser Weiberheld sei. Doch ich ziehe Regans schmeichelhafte Bezeichnung ›Frauenkenner‹ eigentlich vor. Das trifft es doch eher, findest du nicht?«
»Ich finde, Sie sind betrunken.«
»Mein Bruder würde dieses Wort niemals in den Mund nehmen.«
»Zur Hölle mit Ihnen und Ihrem verdammten Bruder!«
keifte sie. »Das ist doch alles absurd.«
Sie unterbrach ihren Tanz um den Schreibtisch, stellte ihr Glas ab, das sie immer noch in der Hand hielt und funkelte ihn wütend an. Er grinste zurück. »Da bin ich aber ganz anderer Meinung, George. Du willst mich doch nicht im Ernst zu dieser lächerlichen Verfolgungsjagd rund um den Tisch animieren? Das sind doch Spielchen zwischen alten Tatter-greisen und koketten Stubenmädchen.«
»Wenn Sie sich diesen Schuh anziehen wollen ...?« konterte sie ohne nachzudenken, hielt aber erschrocken die Luft an, als sie ihren unverzeihlichen Fehler bemerkte.
Seine Miene versteinerte sich. »Diesen Schuh wirst du dir anziehen müssen, warte nur ab«, knurrte er gefährlich leise, bevor er quer über den Tisch sprang.
Georgina war viel zu perplex, um zu fliehen. Weit wäre sie ohnehin nicht gekommen, denn einen Lidschlag später stand er schon vor ihr. Sie fühlte nur diese starken, muskulösen Arme, die sich um sie schlangen und sie fest an sich preßten, immer enger, bis sie jeden Zentimeter seines Körpers an dem ihren spürte. Sie hätte ihn wegdrängen, schreien oder sich irgendwie wehren können. Statt dessen machte sich ihr Körper selbständig, lechzte nach dem seinen, wollte sich hinge-ben und mit ihm verschmelzen, als sei es die natürlichste Sache der Welt.
Ihr Verstand, der allerdings im Schneckentempo arbeitete, versuchte noch, einen Protest anzubringen - aber zu spät.
Schon war sie seinem Kuß zum Opfer gefallen. Dieser Kuß, so verführerisch süß und sinnlich, umhüllte sie wie ein wun-dersamer Zauber, den sie nicht durchbrechen konnte. Dieser Zauber wurde dichter und stärker, schlug wie Wellen über ihr zusammen, bis sich ihre Zurückhaltung in unstillbares Begehren verwandelte.
Als er dann zärtlich an ihren Lippen saugte, wußte sie, daß sie ihn wollte. Ihre Hände, die sich in seine goldene Mähne gruben und ihr Körper, der sich immer enger an den seinen preßte, verrieten ihre Bereitschaft, und als sie mit heiserer Stimme seinen Namen flüsterte, entlockte sie ihm ein so zärtliches Lächeln, daß es um sie geschehen war.
»Will sich der kleine George nun endlich zur Nachtruhe begeben?« erkundigte er sich leise.
»Er schläft bereits fest.«
»Und ich dachte, ich hätte meinen Charme verloren ... auf meine alten Tage?«
»Ach«, machte sie nur, zuckte aber leicht zusammen.
»Verzeih mir, Geliebte!« flehte er demütig, während ein amüsiertes Grinsen um seine Mundwinkel zuckte.
»Ist schon gut. Ich bin von Männern gewöhnt, daß sie keiner Schadenfreude widerstehen können.«
»Das Kompliment kann ich wohl an dich zurückgeben.
Schmeckt sie?«
»Was denn?«
»Na, die Schadenfreude.«
Dieser verfluchte Teufel! Sie war bereit, in ihm zu versinken - und er brachte sie beinahe zum Lachen. »Die nicht -
aber du.«
»Was?!«
Ihre Zungenspitze fuhr lockend über seine Unterlippe.
»Du schmeckst gut.«
Er preßte sie so fest an sich, daß ihr die Luft wegblieb.
»Mit so einer Bemerkung kannst du alles von mir haben.«
»Und wenn ich nur dich will?«
»Um so besser, mein Liebling«, versicherte er ihr und trug sie zum Bett.
Georgina fühlte sich in seinen starken Armen leicht wie ei-ne Feder. Sie wollte ihn spüren, klammerte sich fest an ihn und trennte sich nur widerwillig von ihm, damit er ihre Kleider abstreifen konnte. Hatte sie wirklich geglaubt, diese wunderbaren Gefühle, die dieser Mann in ihr auslöste, verdrängen zu können? Sie hatte es versucht in den vergangenen Tagen, wirklich versucht. Seine abweisende Art hatte es ihr sogar erleichtert. Nun aber war er nicht mehr abweisend und sie war zu schwach gegen solch überwältigende Empfindungen anzukämpfen.
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