Malory
nicht sicher, was sie angesichts der Konsequenzen fühlte.
Angst? Sicherlich. Ein wenig Verwirrung und ein wenig -
Stolz. Das konnte sie nicht leugnen. Es würde eine Menge Schwierigkeiten geben, ganz zu schweigen von dem Skandal, doch ihre Gefühle konnte sie in zwei Worte fassen: James' Baby. Nichts anderes zählte. Es war verrückt. Eigentlich müßte sie total verzweifelt sein bei dem Gedanken, ein Kind zur Welt zu bringen und es alleine, ohne Ehemann, aufziehen zu müssen. Doch sie war es nicht. James konnte sie nicht haben, und ein anderer würde niemals seinen Platz einnehmen - aber sie würde sein Kind gebären und es behalten. Das war alles, was sie wollte und das würde sie auch tun. Nichts in der Welt könnte sie davon abhalten - dazu liebte sie James zu sehr.
Das Baby und Georginas Gewißheit, daß das alles Wirklichkeit war und nicht nur ein Traum, waren der Ausschlag für ihre gute Laune, als die Triton in die Meerenge von Long Island segelte, die letzte Station auf ihrer Heimreise, drei Wochen nachdem sie Jamaika verlassen hatten. Und als Bridgeport in Sicht war und sie den Pequonnock River hinaufsegelten, konnte sie es kaum noch erwarten, endlich nach Hause zu kommen. Gerade zu dieser Jahreszeit, wo das Wetter noch mild und das Laub in den wunderschönsten Herbstfarben leuchtete. Doch als sie sah, wie viele Skylark-Schiffe im Hafen lagen, wünschte sie sich ans Ende der Welt.
Die Fahrt nach Hause, zu dem herrschaftlichen Backstein-haus, etwas außerhalb der Stadt gelegen, verlief ruhig.
Drew saß neben ihr in der Kutsche, hielt ihre Hand und drückte sie von Zeit zu Zeit aufmunternd. Er stand jetzt ganz auf ihrer Seite und das war schon eine große Beruhigung, wenn sie jetzt ihren anderen Brüdern gegenübertre-ten mußte. Doch genau wie sie hatte auch er nie viel gegen den Rest der Familie ausrichten können, schon gar nicht gegen alle auf einmal.
Ihre Schiffsjungenklamotten, einer der Gründe für Drews Wutanfall, hatte sie abgelegt, darüber konnten sich die anderen Brüder wenigstens nicht aufregen. Während der Reise hatte sie sich von der Mannschaft die notwendige Kleidung ausgeborgt, doch im Moment trug sie das wunderschöne Kleid, das Drew für seine Liebste in Bridgeport als Geschenk mitgebracht hatte. Wahrscheinlich würde er hier wieder eines kaufen, um es seiner Angebetenen im nächsten Hafen zum Geschenk zu machen.
»Lächeln, Georgie, wir sind doch nicht auf dem Weg zum Schafott.«
Sie streifte Drew mit einem schnellen Seitenblick. Er fing an, sich ein wenig über ihre Situation lustig zu machen, und das behagte ihr überhaupt nicht. Doch diese Aufmun-terung war typisch für ihn, er war so ganz anders als ihre anderen Brüder. Als einziger in der Familie hatte er dunkle Augen, die man eigentlich als pechschwarz bezeichnen konnte. Er war ein richtiges Stehaufmännchen; wie oft hatten ihn Warren oder Boyd niedergemacht, wenn er ihnen irgendwie krumm gekommen war, und jedesmal war er danach lachend aufgestanden und hatte es ihnen nie übelgenommen. Und trotzdem sah er Warren so verblüffend ähnlich.
Beide waren sie baumlang und schlank, hatten eine gold-braune Lockenmähne, dieselben markanten Gesichtszüge, kurz, sie sahen beide unverschämt gut aus: Drew mit den schwarzen und Warren mit seinen limonengrünen Augen.
Und während die Frauen Drew wegen seines gewinnenden Charmes und seiner burschikosen Art verehrten, hüteten sie sich vor Warrens beißendem Zynismus und seinem explosi-ven Temperament, versuchten es zumindest, wenn auch nicht immer mit Erfolg.
Zweifellos war Warren, was Frauen anbelangte, ein gemeiner Kerl, und Georgina empfand mit jeder, die seiner kühlen Verführungskunst erlegen war, tiefes Mitleid - und es waren nicht wenige. Irgend etwas fanden die Frauen an ihm unwiderstehlich. Sie konnte sich nur nicht vorstellen, was das sein sollte, denn sein unberechenbares Temperament, das sie nur zu gut kannte, konnte bestimmt nicht der Grund für seine Anziehungskraft auf Frauen sein.
An Warrens Temperament erinnert, fiel ihr wieder Drews Bemerkung ein. »Du hast leicht reden. Glaubst du etwa, die hören sich erst meine Erklärungen an, bevor sie mich in die Mangel nehmen? Das möchte ich stark bezweifeln.«
»Nun, Clinton wird dir nicht lange zuhören, wenn er erst diesen englischen Dialekt bemerkt hat, den du dir angewöhnt hast. Vielleicht solltest du lieber mich reden lassen?«
»Das ist lieb von dir, aber wenn Warren dabei ist ...«
»Ich weiß schon, was du
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