Malory
herein«, raunte Warren.
Um größeren Auseinandersetzungen vorzubeugen, stand Thomas auf und ging zur Tür. »Nachdem Boyd sich noch von seinem nächtlichen Kneipenbummel erholt, bleibt's wohl an mir hängen.«
»Viel Glück«, rief Drew ihm hinterher. »Du hast anscheinend vergessen, daß sie immer noch sauer auf dich ist?«
Thomas blieb stehen und starrte Drew an. »Wunderst du dich etwa darüber?«
»Da gibt's nichts zu wundern. Sie wollte nicht nach England fahren. Du solltest an ihrer Stelle fahren.«
»Genau«, hielt ihm Thomas entgegen, »das ist des Pudels Kern. Ihr war es nämlich gar nicht so wichtig, diesen Cameron zu sehen. Sie wollte die Angelegenheit nur geregelt wissen.«
»Zum Teufel«, meinte Drew, nachdem Thomas gegangen war. »Glaubst du, das hat wirklich was zu bedeuten?«
»Daß du Trottel keine Jungfrau mehr bist, Drew, ist wirklich ein Wunder«, konnte sich Warren die Bemerkung nicht verkneifen. »So wenig wie du von Frauen verstehst.«
»Ich?« preßte Drew zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor. »Wenigstens lasse ich meine Frauen lächelnd zu-rück. Es ist ein Wunder, daß deine Frauen im Bett nicht zu Eiszapfen erstarren!«
Diese Diskussion ließ sich nicht weiter nur mit Worten ausfechten, und alles, was Clinton tun konnte war, laut zu brüllen: »Paßt auf die verdammten Möbel auf!«
30. Kapitel
»Thomas!« rief Georgina, als sie einen Zipfel des feuchten Tuches lüftete, das ihre Augen bedeckte, und feststellte, daß es Thomas war, der auf ihr Bett zukam, und nicht ihre Zofe.
»Seit wann kommst du einfach in mein Zimmer geschneit, ohne anzuklopfen?«
»Ich störe wohl? Was ist mit deinen Augen?«
Sie nahm das Tuch von ihren Augen, warf es auf das Tischchen neben ihrem Bett und setzte sich auf. »Nichts«, murmelte sie undeutlich.
»Was ist dann mit dir los, daß du noch im Bett liegst?
Weißt du nicht, wie spät es ist?«
Das entlockte ihr dann doch einen wilden Blick. »Ich war schon auf. Oder sieht das vielleicht aus wie ein Nachthemd?« erkundigte sie sich beleidigt und deutete auf ihren hellgelben Morgenmantel.
»Dann bist du also nach deinen anstrengenden Reisen trä-
ge geworden?«
Irritiert klappte ihr Mund auf, schloß sich aber sofort wieder zu einer dünnen Linie. »Was willst du von mir?«
»Herausfinden, wann du dir die Ehre gibst, wieder mit mir zu sprechen.«
Lächelnd ließ er sich am Fußende ihres Bettes nieder, lehnte sich gemütlich an den Holzpfosten und sah sie an. Georgina ließ sich nicht täuschen. Er wollte auf etwas anderes hinaus. Sie kannte ihren Bruder, wenn er nicht direkt zur Sache kam, ging es meist um irgend etwas Heikles oder Unangenehmes. Und auf beides konnte sie im Augenblick dankend verzichten.
Was die Aussprache mit ihm betraf, war sie allerdings zu dem Entschluß gelangt, daß sie ihm unbedingt verzeihen und sich mit ihm aussöhnen mußte, bevor ihr Zustand bekannt wurde, sonst würde er sich dafür verantwortlich und mitschuldig fühlen. Und das war er nun wirklich nicht. Sie hätte James Malory daran hindern können, sie zu verführen
- wenn sie gewollt hätte. Aber sie wollte ja nicht, wie ihr Gewissen bestätigen konnte.
Die Versöhnung wollte sie gleich hinter sich bringen: »Es tut mir leid, Thomas, wenn du geglaubt hast, ich sei wütend auf dich. Das bin ich wirklich nicht.«
»Ich bin nicht der einzige, der das glaubt. Drew hat mir versichert...«
»Drew ist einfach überfürsorglich«, erwiderte sie mit gespielter Entrüstung. »Im Ernst, es ist gar nicht seine Art, sich in unsere Angelegenheiten einzumischen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, warum ...«
»Wirklich nicht?« unterbrach er sie sanft. »Es ist auch nicht deine Art, dich so aufbrausend zu benehmen, wie du es getan hast. Das ist halt seine Antwort auf dein Verhalten, meine Liebe. Mit Warren ist es das gleiche. Auch er provoziert dich so unverschämt ...«
»Er schüttet immer gern Öl ins Feuer.«
Thomas zuckte mit den Schultern. »Ja, das stimmt, aber gewöhnlich ist er ein wenig raffinierter dabei. Laß es mich anders ausdrücken. Im Augenblick ist er auf eine Schlägerei aus, und es ist ihm reichlich egal, mit wem.«
»Aber warum denn?«
»Das ist eben seine Art, seine aufgestauten Gefühle loszuwerden.«
»Ich wünschte, er hätte sich ein anderes Ventil dafür ausgesucht«, murrte sie abfällig. »Er hätte sich besser wieder verlie-ben sollen, das hätte seine leidenschaftliche Wut schon in andere Bahnen gelenkt. Dann hätte er
Weitere Kostenlose Bücher