Malory
Blick.
In diesem einen Moment, ehe sie sich wieder abwandte, Schossen blaue Flammen aus ihren Augen.
Nicholas' Hoffnungen wuchsen wieder. Sie machte sich nichts aus ihm? Warum war sie dann so wütend? Sein Entschluß stand fest, und er näherte sich den drei Frauen, die auf dem Sofa saßen. »Darf ich mich Ihnen anschließen, meine Damen? Die Pflichten des Gastgebers haben mir bis jetzt kaum Zeit für meine bezaubernde Gattin gelassen.«
»Hier ist kein Platz, Nicholas«, sagte Reggie tonlos.
Das stimmte, denn Lady Whatelys üppiges Hinterteil nahm das halbe Sofa ein. Aber er ließ sich weder davon noch von Reggies kühler Miene abschrecken.
Er griff nach ihrem Handgelenk, zog sie auf die Füße, setzte sich und zerrte sie auf seinen Schoß.
»Nicholas!« japste sie.
»Sei nicht so verlegen, Liebling.« Er grinste und hielt sie energisch fest.
»Einfach skandalös, Lord Montieth!« Lady Whately war noch viel verlegener als Regina. »Wenn Sie sich so sehr nach Ihrer Frau sehnen, können Sie meinen Platz haben.«
Sie stand auf und ging, und dann erhob sich auch Faith und heuchelte plötzlich Interesse an einem Gemälde am anderen Ende des Zimmers. Reggie ließ sich vom Schoß ihres Mannes gleiten und setzte sich neben ihn. Sie wäre am liebsten weit zurückgewichen, aber sein Arm, um ihre Schultern gelegt, hielt sie auf dem Sofa fest.
»Das war.. . «
»Psst«, flüsterte er. »Und lächle, mein Liebling. Wir werden beobachtet.« Sie blickte mit einem gequälten Lä-
cheln zu ihm auf, doch ihre Augen verfluchten ihn. Er lachte. »Ist das alles, was du fertigbringst?« Dann flüsterte er: »Es war nichts, verstehst du.«
Sie brauchte nicht zu fragen, wovon er sprach. »Natürlich nicht«, gab sie ironisch zurück.
»Nein, wirklich nicht. Sie hat versucht, mich zu verführen, und es ist ihr mißlungen. Das war alles.«
»O ja, ich glaube dir«, sagte sie mit eisiger Stimme. »Ich glaube dir, weil man mir heute schon zweimal erzählt hat, daß deine früheren Mätressen dich nicht mehr interessieren, wenn sie erst einmal abgelegt sind. Eine deiner Ver-flossenen hat mir versichert, du würdest nie zurückkommen, um dir einen Nachschlag zu holen. Also muß ich es wohl glauben, obwohl meine eigenen Augen mir etwas anderes sagen.«
»Du bist eifersüchtig.«
»Unsinn!«
Er grinste verschmitzt. »Deine Informantin hat nicht hundertprozentig recht, mein Liebling. Wärst du die Mahlzeit, dann würde ich mir immer wieder einen Nachschlag holen und so viel runterschlingen, bis ich tot um-falle.«
»Oh!« rief sie empört aus. »Ich bin nicht dazu aufgelegt, mich von dir aufziehen zu lassen! Ich wünsche dir eine gute Nacht!«
Sie sprang auf, ehe er sie festhalten konnte, und verließ den Raum. Er ließ sie gehen und lächelte vor sich hin. Allmählich glaubte er, daß Miriams Fest genau das war, was ihm gefehlt hatte, um seine Frau wieder für sich zu gewinnen. Die alte Hexe wäre doch glatt tot umgefal-len, wenn sie gewußt hätte, daß sie ihm half! Sein Grinsen wurde breiter, und er fühlte sich ausgesprochen draufgängerisch.
37.
Warme Sonne ergoß sich in den Frühstücksraum und in das Damenzimmer. Auf dem langen Büffet waren Platten voller Eier, Heringe, Schinken und Würste für die vielen Gäste angerichtet. Eine Auswahl an Toast und Brötchen und süßem Gebäck stand bereit, und es gab sechs ver-schiedene Sorten Marmelade. Heiße Schokolade wurde angeboten, Tee und Kaffee mit Sahnehauben gereicht.
Lakaien füllten die Platten wieder auf, sowie sie sich leer-ten.
Es war früh, und viele schliefen noch oder hatten sich in dem gutbestückten Stall bedient, um einen Morgenritt zu unternehmen.
Thomas war in der Morgendämmerung wach geworden, und nach dem Stillen hatte Reggie nicht mehr einschlafen können. Die Whatelys saßen beim Frühstück, ebenso Pamela Ritchie und der Herzog von Windfield.
Reggie ließ die Unterhaltung um sich herum plätschern.
Sie bemühte sich nicht, wieder ein fröhliches Gesicht aufzusetzen. In der letzten Nacht war sie von finsteren Gedanken verfolgt ins Bett gegangen, und auch jetzt spuk-ten diese Überlegungen noch in ihrem Kopf herum, in deren Mittelpunkt Nicholas stand.
Sie hatte zwar von Anfang an gewußt, was für eine Sorte Mann er war, aber - der Teufel sollte ihn holen -
konnte er denn nicht bis zur Rückkehr nach London warten und erst dort einer anderen Frau den Hof machen?
Warum war er überhaupt in Silverley? Sie hatte ganz bestimmt nicht damit
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