Malory
mittleren Alters war seit zehn Jahren bei Nicholas und mit dessen Gedanken und Gefühlen vertraut wie kein anderer Mensch. Er wußte, daß Nicholas Regina Ashton nicht heiraten wollte, wenn er auch nicht wußte, warum - und er hätte auch im Traum nicht daran gedacht, sich nach den Gründen zu erkundigen. Nicholas und er hatten gemeinsam die Strategie entworfen, die jetzt ange-wandt wurde, um eine Lösung seiner Verlobung herbei-zuführen.
»Lady Ashton hat mit Ihnen gestritten, Sir?«
»So gut ist es nun doch nicht gelaufen«, erwiderte Nicholas matt. Das Beruhigungsmittel, das der Arzt ihm gegeben hatte, begann allmählich zu wirken. »Ich bin nach wie vor verlobt.«
»Nun, beim nächsten Mal...«
»Ja.«
»Aber viel Zeit bleibt nicht mehr bis zur Hochzeit«, fügte Harris zögernd hinzu. »Der Arzt will Ihnen drei Wochen Bettruhe verordnen.«
»So ein Unsinn!« gab Nicholas zurück. »Ich bin in drei Tagen wieder munter und auf den Beinen, und keinen Tag später.«
»Wenn Sie meinen, Sir.«
»Ja, das meine ich.«
»Gut, Sir.«
Da er noch nie so übel zusammengeschlagen worden war, konnte Nicholas nicht wissen, daß es ihm am nächsten Tag zehnmal schlechter gehen würde. Er verfluchte Captain Hawke und hätte den Piraten am liebsten hängen sehen.
Es dauerte eine volle Woche, bis er sich überhaupt wieder rühren konnte, ohne bei der kleinsten Bewegung Schmerzen zu verspüren. Und wenn er auch nach Ablauf einer weiteren Woche endlich wieder aufstehen und um-herlaufen konnte, waren doch die Platzwunden in seinem Gesicht noch nicht verheilt.
Er war nicht in der Verfassung, Regina zu sehen. Aber er durfte nicht noch mehr Zeit verlieren. Die Hochzeit sollte in einer Woche stattfinden. Er mußte sie einfach sehen.
Trotz seines Aussehens suchte er das Haus der Malorys am Grosvenor Square auf. Man teilte ihm mit, Regina würde gerade Einkäufe für ihre Aussteuer erledigen.
Diese Information trug nur noch zu seiner Panik bei. Er wartete eine Stunde lang, und als sie endlich nach Hause zurückkehrte, trennte er sie bereits in dem Moment, wo sie zur Tür hereinkam, auf sehr unhöfliche Weise von ihren Kusinen.
Er führte sie durch den Garten und auf den Platz hinaus, ohne auch nur ein Wort zu sagen, lief mit langen, schnellen Schritten, und sein Gesicht war finster. Ihre zarte Stimme, die ihn in seinen Überlegungen aufstörte, ließ ihn abrupt stehenbleiben.
»Du hast dich erholt?« fragte sie. Ein frischer Herbst-wind peitschte Blätter durch die Luft und zerzauste die Fe-dern auf Reginas Hut. Ihre Wangen waren gerötet, und in ihren Augen funkelten blaue Lichter. Sie war so verdammt reizend, viel zu schön, und sie strotzte vor Gesundheit und Schwung.
»Erholt?« Nicholas fragte sich, wieso sie von diesem Überfall wußte, nachdem er sie doch in diesen beiden letzten Wochen nur gemieden hatte, damit sie nicht dahinterkam.
»Derek hat uns erzählt, du wärst krank«, erklärte sie.
»Es tut mir leid, daß es dir schlechtgegangen ist.«
Verdammt noch mal! Jetzt sollte er auch noch ihr Mitgefühl ertragen, und das hatte er Derek zu verdanken, der die Wahrheit verschleiert hatte. Ihr Zorn wäre ihm lieber gewesen.
»In Wirklichkeit habe ich eines meiner liebsten Gasthäuseraufgesucht, unten am Fluß. Dort lauerten mir Gauner auf, die mich zusammenschlugen, weil sie mein Geld wollten. Es bringt eine gewisse Spannung mit sich, solche verruchten Lokale zu frequentieren.«
Sie lächelte duldsam. »Tony war sicher, du würdest deine Krankheit als Vorwand benutzen, um die Hochzeit zu verschieben. Ich habe ihm gesagt, das sei nicht deine Art.«
»So gut kennst du mich, Liebling?« fragte Nicholas sar-kastisch.
»Man mag dir zwar einiges nachsagen, aber feige bist du nicht.«
»Du nimmst also an...«
»Ach, Unsinn«, fiel sie ihm ins Wort. »Ich glaube dir ja doch nicht, wenn du versuchst, mich vom Gegenteil zu überzeugen, und daher kannst du dir die Mühe sparen.«
Nicholas biß die Zähne zusammen, und sie lächelte ihn belustigt an. Der Anblick ihrer Schönheit ging ihm wie immer unter die Haut, und seine Gedanken verwirrten sich entsprechend.
»Ich nehme an, ich sollte dich fragen, wie es dir ergangen ist?«
»Ja, das solltest du eigentlich tun«, stimmte Reggie ihm zu. »Aber wir wissen beide, daß dich das, was ich mit meiner Zeit anfange, nicht interessiert. Du wärst doch beispielsweise nicht verletzt, wenn ich dir sagen würde, daß ich zu beschäftigt war, um dich zu vermissen, oder? Und es
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