Maltas Geheimnis
gekommen waren, am nächsten lag. Er öffnete sie ganz vorsichtig und schien zu fühlen und zu lauschen.
»Hier sind sie nicht hineingegangen«, erklärte er ihr, »denn diese Tür bewegt sich so schwer, dass sie bestimmt seit Jahrhunderten nicht mehr bewegt wurde.«
Er öffnete sie vollständig, schloss sie wieder und öffnete sie erneut. Danach untersuchte er auf dieselbe Weise die anderen fünf Türen. Er ließ sämtliche Türen weit geöffnet stehen. Anschließend lief er in jeden der folgenden Gänge einige Meter mit einer brennenden Fackel hinein und kam wieder heraus. Verwundert sah Alisha ihm dabei zu. Was zum Henker tat er denn da?
»Was sollte das denn?«, fragte sie ihn, als er vor ihr stehen blieb und sie angrinste.
»Ich weiß jetzt, welchen Weg deine Freunde genommen haben. Und ich habe es unseren Verfolgern erschwert, herauszubekommen, welchen Weg wir nun nehmen werden.«
»Hä?«
»Die Tür halb rechts wurde von Axel und Jens genommen. Ich staune, dass sie die Toten nicht genauer inspiziert haben, aber das lag wohl daran, dass sie von ihrer Richtung aus gesehen genau hinter dem Brunnen lagen. Außerdem haben sie wohl nicht allzu genau überlegt, welchen Weg sie nehmen sollen. Sie haben einfach den nächst besten genommen, so nach dem Motto: ,Wir können ja später noch alle weiteren untersuchen.’ Was unsere Verfolger angeht, bin ich überzeugt davon, dass sie so etwas wie einen Restwärmeverstärker und Infrarotsucher einsetzen werden. Das Geld und den Einfluss haben sie ja, wie wir wissen. Deshalb bin ich mit einer brennenden Fackel in jeden Eingang hineingelaufen und werde das auch gleich nochmal machen, bevor wir weitersuchen. Alles klar?«
Seine Stimme hatte bei diesem Vortrag fast so geklungen, wie sie sie noch von der Führung im Hypogäum in Erinnerung hatte. Selbstsicher und schon fast enthusiastisch.
Sie schaute zu, wie er den Lauf durch fremde Gänge wieder aufnahm, zuletzt seine Fackel auslöschte, seine Helmlampe anschaltete und ihr ein Zeichen gab, es ihm gleichzutun.
»Die Helmlampen lassen nicht so viel Restenergie zurück. Weiter drinnen können wir die Fackeln wieder anzünden.«
Das leuchtete ihr ein. In diesem Moment war sie wirklich froh, ihn an ihrer Seite zu haben. Ohne ihn wäre sie wahrscheinlich schon längst hier unten verunglückt oder ihre Verfolger hätten sie geschnappt.
Ganz leicht drückte sie im Vorbeigehen seine Hand. Dann lief sie durch die Tür, durch die zuvor Axel und Jens gegangen waren. Hinein in die Dunkelheit.
* * *
Es ging wieder einen Gang entlang, der leicht anzusteigen schien. Alisha war inzwischen nervlich und körperlich am Ende. Die immergleichen Höhlenwände und das leichte bergauf Laufen machten sie orientierungs- und kraftlos.
Unterwegs holte sie ein belegtes Brötchen aus ihrer Tasche und verschlang es, ohne Genuss und ohne nachzudenken. Danach trank sie gierig mehrere Schlucke Wasser aus einer ihrer Plastikflaschen. Kurz darauf verschwand sie mit einer Entschuldigung in einer der vielen kleinen Nischen um auszutreten. Dies erwies sich mit all ihren Sachen als schwierige Angelegenheit. Dass ihr dabei auch noch der Gedanke in den Kopf schoss, dass Spinnen ihre hilflose Haltung ausnutzen und an ihr hochklettern könnten, machte die Sache nicht angenehmer. So schnell sie konnte eilte sie danach zu Raul zurück, der sie nur amüsiert grinsend anblickte. Der Ekel stand ihr wohl noch aufs Gesicht geschrieben.
Je weiter sie gingen, umso öfter mussten sie riesigen Gesteinsbrocken ausweichen. Irgendwann bestand der Gang nur noch aus gemauerten oder teilweise verschütteten Abschnitten.
Beinahe wäre sie auf Raul aufgelaufen, so ruckartig blieb dieser plötzlich stehen und begann zu schnüffeln »Riechst du das?«, fragte er mit kehliger Stimme.
»Was denn?«, Alisha zog geräuschvoll Luft durch die Nase ein.
Sie wusste nicht, worauf er hinaus wollte. Statt zu antworten wandte er sich an den nächsten Fackelhalter, betaste und beschnupperte die darin steckende abgebrannte Fackel.
»Deine Freunde scheinen auch Fackeln benutzt zu haben. Diese Fackel hier verströmt noch einen leichten Brandgeruch. Ich würde schätzen, dass sie ungefähr vor drei Tagen hier entlang gekommen sind. Diese Fackeln dürften gut und gerne 40 Stunden lang brennen.«
»Dann sind sie vielleicht nicht mehr weit weg.«, überlegte Alisha laut und Hoffnung stieg in ihr auf.
Hastig lief sie immer weiter den Gang entlang und wieder kündigte sich der nächste große
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