Maltas Geheimnis
wie dieser vom französischen Ordensgroßmeister der Johanniter, Jean Parisot de la Valette, nach wenigen Monaten zurückgeschlagen wurde. Sie sah auf einer Anhöhe einen großen, stattlichen Mann vor sich, mit einem Helm auf dem Kopf und einem roten Umhang bekleidet, auf dessen Vorderseite ein großes, weißes Kreuz prangte. Sein Blick war nach Süden gerichtet, in die Richtung, aus der der Feind zu erwarten war. Hinter ihm die Insel, die nach der großen Belagerung so stark zerstört war, dass die Befestigungsanlagen einem erneuten Angriff nicht mehr standhalten würden. Ein Mann, der wusste, dass eine neue, stark befestigte Stadt gebaut werden musste.
Ein Jahr später begann man mit dem Bau und benannte sie nach ihm: »Valletta.«
Plötzlich riss sie eine dunkle Stimme aus ihren Träumen.
»Die Straßen sind ja so eng wie auf einem türkischen Basar«, staunte Jens und schüttelte den Kopf. »Daran kann man erkennen, dass die Orientalen hier einen wesentlichen Einfluss hatten.« »Meilenweit daneben, du Kulturbanause«, widersprach Alisha lachend. »Gerade diese Spezies sollten durch diese Stadt und seine Mauern abgehalten werden. Die Straßen wurden bewusst so eng gehalten, damit es im Sommer kühler bleibt und im Winter der Wind nicht so kalt durch die Gassen pfeift. Außerdem gab es hier nicht allzu viele Bauplätze.«
»Woher willst du das wissen, du Intelligenzbolzen, du?«, schnappte Julia etwas schnippisch zurück.
Alisha überlegte kurz, ob sie überhaupt antworten sollte.
»Weil ich ein Jahr hier gelebt habe, Julia. Aber Kultur ist ja auch eher nicht so dein Ding, oder?
Das da vorne, das ist bestimmt eher was für dich.«
Sie wusste, dass sie in diesem Moment ausgesprochen kindisch war, als sie auf ein großes, gelbes »M« zeigte. »Aber pass gut auf, dass dir später deine schicken Klamotten noch passen.« Das hatte gesessen, das sah sie an Julias Blick.
Sie zischte an ihren Freund wandte »Ich geh lieber gegenüber in die tolle Boutique.
Jensi, kommst du mit?«
»Ach nee!«, widersprach dieser vehement, »Geh du mal in deine Klamottenläden und du, Alisha, mach ruhig einen auf Kultur. Axel und ich ziehen alleine durch die Stadt und wir treffen aus dann in einer Stunde am Busbahnhof. Vielleicht seid ihr dann wieder etwas friedlicher.«
Mit einer kurzen, heftigen Bewegung drehte sich Julia wortlos um, ging schnurstracks auf das nächste Modegeschäft zu und verschwand darin.
Axel warf Alisha einen nach Zustimmung heischenden Blick zu. Mit Tränen in den Augen drehte auch sie sich um und lief die schmale Straße hinunter, um die nächste Ecke herum. Jens Worte und Axels Teilnahmslosigkeit hatten sie sehr getroffen. Diese blöde Modezicke machte alles kaputt! Sie wischte sich mit den Händen über das Gesicht und atmete tief durch. Jens hatte gesagt, sie solle »einen auf Kultur machen«. Na gut, dann tat sie das jetzt auch. Sie lief die Straße entlang und betrat einige Meter weiter eine der ältesten Kirchen der Stadt: La Nostra Signora delle Vittorie. Sie war auf den ersten Blick nicht als Kirche zu erkennen, denn sie war vollständig in die Häuserzeile eingebaut. Alisha empfand die stille Kühle als wohltuend. Das Innere der Kirche prachtvoll. Ehrfurcht erfüllte sie und so wanderte sie langsam die hohen Gänge entlang. Hier konnte sie wieder zu sich selbst finden.
Als sie wieder am Busterminal von Valletta ankam, standen Axel und Jens an einer der Imbissbuden.
»Hallo Schatz«, empfing sie ihr Freund, kauend und schmatzend, »diese Dinger hier schmecken wirklich Klasse. Willst du mal probieren?« Er spießte mit einem Holzgäbelchen etwas von seinem Pappteller auf und hielt es hoch, bevor er es in seinem Mund verschwinden ließ.
»Diese Dinger heißen ’Pastizzi‚. Das sind kleine Blätterteigtaschen, die mit Ricotta-Käse gefüllt sind«, erklärte Alisha und hätte sich am liebsten sofort auf die Zunge gebissen.
Die entsprechende Antwort ließ auch nicht lange auf sich warten »Und sie sind auch noch billig, Frau Professorin«, frotzelte Jens und biss kräftig zu.
Sie schluckte ihre Antwort herunter und holte sich an der Nachbarbude eine Tüte Dattelröllchen.
Am besten sagte sie ab jetzt gar nichts mehr.
Scheiß Urlaub!
Als sie am Abend wieder im Hotel waren, erfuhr Alisha, warum sie den gesamten Tag kreuz und quer über die Insel gefahren waren, ohne sie wirklich zu besichtigen. Axel und Jens hatten die besten Busverbindungen erkundet, damit sie in den kommenden Tagen nicht
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