Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
schoss es plötzlich aus mir raus. Die beiden Typen lächelten konspirativ und nickten. Sie gaben mir ihre Karte, wir kamen ins Gespräch, ich musste allerdings versprechen, dass ich das Start-up hier und auch anderswo nicht namentlich erwähnen würde. Und versprochen ist versprochen.
Aber weiter im Text: Wir sprachen also. Ich erzählte, dass ich gerade von einer Lesetour aus Köln kam, der eine erzählte von seinem sechs Monate alten Sohn, wir witzelten über Privatjets mit Klettergerüsten, die wir uns irgendwann mal leisten können wollten. Und da war er dann: Der Moment, in dem ich mir ziemlich gut gefiel. Als Mutter. Autorin. Bloggerin. Einfach so.
Und einfach so gehörte ich plötzlich auf diesen Flug. Den Businessflug nach Berlin-Tegel am Mittwochmorgen. Genauso wie Isa, die gerade ihren jüngsten Sohn Friedrich in die Kita eingewöhnte und gleichzeitig ebenfalls ein Startup gründete. Ihr Mütter-Jobportal workyoulove , das sie mit Hilfe von Fördergeldern und Coaching-Programmen aufzog.
Und dann dachte ich an Theresa, die gerade für den WDR im Schnitt saß, an Katarina, die in dieser Woche ihr Bootcamp in Pankow startete, an Julia, Günes, Christinund all die anderen Moms, die Isa und ich im letzten Jahr kennenlernen durften.
So kitschig es klingt, aber ich hatte das Gefühl, dass die Welt dabei war, sich zu verändern. »Lean In« von Sheryl Sandberg, ein Buch, das Frauen dazu ermutigt, trotz Kind in Führungspositionen zu arbeiten und Karriere zu machen, wurde gerade ein internationaler Bestseller. Und Deutschland war vor wenigen Monaten, laut Statistik des Forschungskonsortiums Global Entrepreneurship Monitor (GEM), zum Land der Gründerinnen erklärt worden. Laut der Studie soll im Jahr 2011 die Zahl der weiblichen Unternehmer bei 4,5 Prozent aller 18- bis 64-jährigen Menschen landesweit gelegen haben. Unter dem Strich war somit die Gründungsaktivität der Frauen gestiegen und die der Männer gesunken.
Und mehr noch: Laut der KfW-Bankengruppe haben im vergangenen Jahr knapp 49000 Berliner den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Die Zahl der weiblichen Neugründungen stieg in diesem Zeitraum um 10 Prozent, was Berlin zur Hauptstadt der Gründerinnen macht.
Und das wird tatsächlich auch spürbar. Allerorts. Mal auf dem Mittwochmorgen-Flug, mal in den Großraumbüros der Stadt, auf der Straße, ja sogar auf dem Spielplatz. Wie neulich.
Es war der erste warme Frühlingsnachmittag am Kollwitz-Spielplatz und fühlte sich an wie früher am ersten Schultag nach den Sommerferien. Alle waren sie da, trugen neue Klamotten, hatten viel erlebt und viel zu erzählen. Anna, Celestine, Katja, Rena, Sophie, Julika, Leila und ich. Unsere Kinder tobten im Sand zwischen Klettergerüst und Schaukeln, als wollten sie einander beweisen, wie gutsie mit einem Jahr schon rennen konnten, und wir Mamis lächelten uns den ganzen Nachmittag einfach nur an.
Da waren wir also wieder. Weniger müde, besser gelaunt und wesentlich cooler als noch vor einem Jahr im Spätsommer, als unsere Babys mit gerade mal etwa acht Monaten vor uns im Sand erste Krabbelversuche machten. Wir bildeten uns damals ein, wir würden schon bald wieder ganz wie früher arbeiten, bummeln, einkaufen, manchmal auch feiern gehen und ein Stück unseres alten Lebens problemlos zurückbekommen.
Die Kita oder eine Tagesmutter sollte es möglich machen. Wir hatten noch keine Ahnung von Kinderkrankheiten, Eingewöhnungsproblemen in der Kita, Nahrungsmittelallergien, Trotzphasen, Unfällen, wochenlangem Fiebermessen, plötzlichem schwallartigen Erbrechen, Hustennächten, Trinkverweigerern und den Streit am Tisch um das (wenigstens) eine Broccoli-Röschen.
Aber siehe da: Wir hatten es überlebt! Und zwar alle. Das ein oder andere graue Haar (ausgerechnet bei mir!) war zwar dazugekommen, das ein oder andere Sorgenfältchen bei der anderen und manche – siehe da, diese ewigen Optimisten – waren sogar wieder schwanger …
Aber, wir sahen gut aus und fühlten uns auch so, wir tapferen Mamas!
Und noch etwas war passiert: Nicht nur die Babys waren zu Kleinkindern geworden, sondern wir, die Mamas, waren eben nicht mehr nur die Girls aus Berlin-Mitte, Zürich, London, Hamburg, Bonn, Lübeck und Kiew, sondern standen (gerade in zentimetertiefem Sand) unsere Frau. Annawar in ihr Architektenbüro zurückgekehrt, von Pauline hörte man, sie reise gerade für ihr frisch gegründetes Online-Portal auf eine Holzspielzeugmesse nach Leipzig, und Celestine
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