Mamas Gluecksbuch
Lettern geschrieben: Rituale sind das Wichtigste für Kinder. Durch Rituale findet das Baby zu einem Rhythmus, zu einem Tages- und Nachtablauf, zu einem zuverlässigen Schlaf, in ein geordnetes Leben und schließlich sogar zu klaren Strukturen seines gesamten Daseins.
Das klingt traumhaft, eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Das möchten wir unserem Kind auf keinen Fall vorenthalten!
Welche Rituale wollen wir denn ab sofort unbedingt einführen?
Sollen wir nächtelang jede Menge Tipps in Zeitschriften und im Internet suchen? Punkt zwölf Uhr mittags den Pastinakenbrei servieren? (Vor dem Baby wussten wir vielleicht nicht einmal, was Pastinake überhaupt ist!) Jeden Abend um halb sieben baden? Liederbücher studieren, bis das passende Schlaflied gefunden ist, das wir täglich wiederholen? Oje, das klingt nach Anstrengung. Die ist aber nicht nötig.
Auch ob Weihnachten wie bisher traditionell mit Urgroßvaters selbst ausgedachtem Stollenrezept gefeiert wird oder nach eigenen Ideen, bleibt eine ganz persönliche Entscheidung.
Hauptsache ist, dass du dich nicht von irgendjemandem einengen lässt. Und dass du dich auch nicht umwerfen lässt, wenn eure Planung mal anders läuft – denn das wird mit Kindern immer wieder passieren. Zum Glück, sonst würde es womöglich noch überschaubar!
Gut ist, was gut wirkt
Besonders viele Ritual-Ratschläge gibt es zum Thema Einschlafen. Sollen wir Schlafuhren, Nachtlichter, Einschlafbücher, leuchtende Schnuller und Gutenacht-CDs besorgen, damit das beste Ritual unserem Kind seinen Weg in den Schlaf ebnet?
Alle diese Ratschläge sind Ideen, aber keine Erfolgsgarantien, auch wenn sie an mancher Stelle so formuliert werden. Vielleicht mag dein Kind gar nicht, was in manchem Buch so dringend empfohlen wird. Vielleicht liebt Zara es beim Einschlafen ganz still und ohne Spieluhr, denn sonst wird sie hellwach und trällert in voller Lautstärke bis lange nach Mitternacht. Und Henry badet abends überhaupt nicht gerne, dabei ist das im Buch der Tipp Nummer eins.
Mehr als magisch angezogen war ich von jeder Werbung, die mir eine ruhige Nacht versprach. »Traumhaftes Mobile, Flauschstoff in zartem Pastell, die niedlichen Figuren drehen sich langsam zum Wiegenlied von Mozart und begleiten Ihren kleinen Schatz sanft in den Schlaf. Sogar mit Projektion an die Decke erhältlich«. Himmel, was habe ich meine Groschen gezählt, ob wir uns dieses Schmuckstück leisten können. Schließlich war es so weit, begeistert befestigte ich das neu erstandene Wundermittel an Felix’ Bettchen. Tatsächlich blühte er auf – und entwickelte sein ganz besonderes Abendritual! Sobald es ausging, begann er mörderisch zu schreien.
Die ganze Nacht über mussten wir an der Kordel zum Neustart ziehen. Als Felix schließlich stehen konnte, griff er nach dem magischen Schlafbringer und nahm es auseinander. Danach war es endlich wieder ruhiger im Schlafzimmer.
Oder das altbewährte Kirschkernkissen. Der Katalogtext las sich paradiesisch – ein wahres Multitalent: »Bei Blähungen, Bauchschmerzen, Erkältung oder Prellungen wirkt es wahre Wunder. Nichts hilft schneller. Die liebevoll gestalteten Figuren lassen Kinderherzen höherschlagen und Schmerzen sind im Nu vergessen.« Ja, die Hersteller wissen, dass es wirklich schnell gehen muss zu Hause, wenn Not am Baby ist. Tatsächlich rannte ich äußerst schnell – zwischen schreiender Lea und dem Kirschkernkissen im Ofen hin und her. Zweimal ist es mir angebrannt und sah schrecklich aus. Einmal hätte Lea sich fast verbrüht. Geholfen hat es ihr trotzdem nicht, denn es blieb einfach nicht auf ihrem Bauch. Sie wollte kein Kirschkernkissen. Was sie stattdessen wollte: Mama. Denn – daran ließ Lea keinen Zweifel – Mama funktionierte viel besser als jedes Kirschkernkissen, auch wenn Mama das ziemlich anstrengend fand.
Jenseits von Spieluhr, Mobile und Kirschkernkissen: Dein Kind wird ganz bestimmt auch irgendetwas mögen, das ist klar. Und das findet ihr zusammen heraus. So wird es auch mit allen anderen Gewohnheiten sein, die sich durch eure Neugier und durch euren persönlichen Lebensrhythmus entwickeln. Vielleicht wirst du es ganz und gar anders machen als alle anderen: eben so, wie es nur euch gefällt. Und aus welcher Situation sich dann ein Ritual für das nächste Mal oder gar für immer findet, das wird sich ergeben.
Tut erst mal das, was ihr am liebsten macht, es sei denn, es handelt sich bei den Ritualen sowieso schon um deine
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