MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
und sie am Ende ganz hingeschmissen. Dabei ist er nicht faul, nur völlig orientierungslos … und leider sehr leicht zu beeinflussen.“ Poppeliani hielt einen Augenblick inne. „Es war ein Segen für meine Frau und mich, als er völlig unerwartet plötzlich doch eine Arbeit fand. Nichts Besonderes, aber es machte ihm Spaß, und er wirkte zufrieden.“
Sie ließen den Mann ohne Unterbrechung weiterreden.
„Pierino ist ein kluger Junge, aber er hat keine Disziplin. Meine verstorbene Frau hat darunter noch mehr gelitten als ich. Mich schmerzt es bis heute, wie wenig er aus seinen Möglichkeiten gemacht hat.“
Nachdenklich nippte Claudio Poppeliani an dem Schnaps, den er sich vor ihrem Gespräch eingeschenkt hatte. „Er ist handwerklich begabt“, nahm Poppeliani den Faden wieder auf, „sein wankelmütiges Wesen hat alles kaputt gemacht.“ Der Italiener schluchzte immer wieder auf. „Ich bin sicher, dass daran diese Typen Schuld haben.“
Die beiden Zuhörer wussten nicht, wie sie den weinenden Mann trösten sollten, und waren erleichtert, als er einen weiteren Schluck Schnaps trank und fortfuhr.
„Irgendwann hat es angefangen. Er verschwand mit merkwürdigen Ausreden tagelang, manchmal sogar über Wochen. Fortbildungen angeblich. Meine Nachfragen bei seinem Arbeitgeber brachten schnell ans Licht, dass er uns belogen hat. Zuerst nahm er dafür noch Urlaub, später blieb er einfach so weg, bis er schließlich überhaupt nicht mehr zur Arbeit erschien.“
„Wann war das?“, fragte Adrian.
„Kurz bevor er endgültig untergetaucht ist, etwa vor einem halben
Jahr. Geht es ihm gut?“
„Ja“, sagte Adrian schnell.
Ein schwaches Lächeln huschte über Claudio Poppelianis Gesicht.
„Allerdings hat er Schwierigkeiten mit der spanischen Polizei.“ Adrian von Zollern erzählte ihm von der Verhaftung in Villanuovo, ohne auf die Hintergründe einzugehen.
Darüber hinaus wusste der Italiener nichts über die Personen zu berichten, die er für Pierinos Absturz verantwortlich machte.
Sie dankten Poppeliani für seine Hilfe.
Als sie Poppelianis Wohnung verlassen hatten und gerade die Treppe hinuntergehen wollten, blieb Adrian unvermittelt stehen.
„Wir müssen noch mal hinein!“, sagte er und klopfte kräftig an die Wohnungstür.
Kaum spähte Poppeliani durch den geöffneten Spalt, da stieß Adrian hervor. „Was für einer Arbeit ist Ihr Sohn nachgegangen?“
„Er hat als Bibliotheksgehilfe gearbeitet.“
Adrian schwieg überrascht.
Pierinos Vater ließ sie erneut in seine Wohnung. „Pierino hat Hilfsarbeiten in der Laurenziana erledigt“, sagte Poppeliani.
„Was ist das denn?“, unterbrach Adrian von Zollern.
„Eine von den Medici in der Kirche San Lorenzo gestiftete Bibliothek, die zu den ersten öffentlichen Einrichtungen dieser Art überhaupt zählt. Der berühmte Saal wurde übrigens von Michelangelo entworfen“, dozierte Sebastian.
„Allgemeinwissen?“, fragte Adrian.
„Allgemeinwissen!“, bestätigte Sebastian.
Claudio Poppeliani schaute verständnislos von einem zum anderen und fuhr dann fort. „Vielleicht ist Ihnen bekannt, dass die Laurenziana im Lauf der Jahrhunderte Ableger gebildet hat, die sich später zu eigenständigen Institutionen entwickelt haben.“
„Kleine, spezialisierte Bibliotheken?“, fragte Sebastian.
„Ja. Für eine dieser Zweigstellen hat mein Sohn gearbeitet, bis er verschwunden ist.“
Viel mehr wusste Poppeliano nicht. Auf Fragen zur genauen Tätigkeit Pierinos und danach, wer ihm diesen Job vermittelt haben könnte, zuckte er mit den Schultern. „Die Adresse kann ich Ihnen geben, aber leider habe ich den Namen der Bibliothek vergessen.“ Mit krakeliger Handschrift notierte er etwas auf ein Stück Papier. „Hier ist sie.“
„Volltreffer“, sagte Sebastian, als sie wieder auf der Via Ghibellina standen, und gluckste aufgeregt. „In kürzester Zeit haben wir Pierinos Vater gefunden und den Hinweis auf eine Bibliothek!“
Sie setzten sich in das Café Firenze in der Nähe von San Lorenzo und betrachteten die nach fünfhundert Jahren immer noch unverkleidete Fassade der eindrucksvollen Basilika.
„Das alles haben die Medici finanziert“, bemerkte Sebastian. Adrian seufzte. „Kommt jetzt ein Referat?“
„Nein.“ Sebastian zeigte schwungvoll mit dem Löffel nach links. „Aber dort befindet sich die Laurenziana.“
„Tosci“, meldete sich der satte Bass des italienischen Ermittlers.
„Von Zollern“, antwortete Adrian beinahe
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