MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
bedeutungsvoll, dann breitete er verschiedene Karten von Washington D. C. auf dem Schreibtisch aus.
Yasuhiro studierte das Straßengewirr und zuckte die Schultern. „Willst du den Präsidenten töten?“
Braulio Ostrogón brach in Lachen aus. „Tolle Idee!“, meinte er dann. „Verdient hätte er es jedenfalls! Aber so verrückt ist KNIFE nicht.“
„Knife?“, fragte Yasuhiro.
„Ja, diesen Namen habe ich für das Einsatzkommando gewählt.“
„Naif“, krähte Mummtaz im Hintergrund.
„Was denn sonst?“, fragte Yasuhiro und zeigte auf den dicken Kreis, den jemand in die Nähe des Weißen Hauses eingezeichnet hatte. „Euer Ziel ist jedenfalls nicht weit davon entfernt.“
Aus Braulios Miene wich nun jede Spur von Fröhlichkeit. „Um genau zu sein: 1900, Pennsylvania Avenue. Sagt dir der Internationale Währungsfonds etwas?“
„Ja, natürlich.“
Braulio Ostrogón verlangte einen Kaffee und trank ihn in einem Zug, als Yasuhiro ihn gebracht hatte. Das war ein sicheres Zeichen für einen bevorstehenden Monolog.
Dann lehnte sich der Spanier auf seinem Stuhl zurück. „Der Internationale Währungsfonds ist, zusammen mit der Weltbank, eine der wichtigsten Sonderorganisationen der UNO. Sie haben ihren Hauptsitz nebeneinander.“ Der Spanier zeigte ihm die eindrucksvollen Gebäudekomplexe auf der Karte. „Von dort setzen sie ihre ungerechte Geldpolitik und all die Repressalien durch, die letzten Endes jene in den Abgrund ziehen, die sich nicht wehren können.“
Yasuhiro sah ihn fragend an, und Braulio fuhr fort: „Ganz oben auf der Agenda ihrer Ungerechtigkeiten steht der Marktfundamentalismus. Das Prinzip, dass der Markt alles regelt und dass die Staaten zuschauen sollen wie dumme Schafe …“
„Das habe ich in Zusammenhang mit dieser renommierten Institution noch nicht gehört“, wandte Yasuhiro ein.
„Renommiert?“, schrie Braulio, „Hör dir an, was für Konsequenzen das Handeln dieser renommierten Institution hat! In Afrika beispielsweise hat der IWF den Rückzug des Staates und damit die Abschaffung des staatlich regulierten Vertriebs von Agrarprodukten durchgesetzt. Das hatte die totale Ausbeutung der Kleinbauern zur Folge. Ein paar ganz Schlaue bildeten sofort Monopole und drückten die Preise, die die Bauern erzielten, in den Keller, weil es keine staatliche Regulierung mehr gab. Für neunzig Prozent der Bevölkerung eine Katastrophe!“
„Aha“, antwortete Yasuhiro Atakamo.
„Und dann musst du dir das russische Beispiel vor Augen führen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgte auf das knallharte Privatisierungskonzept, das der IWF dort durchdrückte, in allen entscheidenden Wirtschaftsbereichen die Bildung mächtiger Oligopole. Wieder wurden ein paar wenige unglaublich reich und erhoben sich über ihre Mitmenschen. Schau dich in dem Land um, wie die meisten dort vor sich hinvegetieren.“
Yasuhiro Atakamo schwieg.
Braulio erklärte dem Japaner seine Aufgabe. Yasuhiro sollte Pläne über das Gebäude und über die Kanalisation des IWF-Sitzes besorgen. Des Weiteren alle Unterlagen zur Elektro- und IT-Infrastruktur. „Wir legen das Herz dieser Unrechtsorganisation lahm.“ Braulio grinste. „Du hast zwei Tage Zeit.“ Schließlich erhob sich Braulio. „Dann bist du für immer frei.“
Die ganze Nacht arbeitete Yasuhiro Atakamo an seiner letzten Aufgabe. Gegen acht Uhr morgens rief er Dr. Spiglar an und berichtete von dem geplanten Anschlag.
„Können wir uns treffen?“, fragte der Anwalt.
„Kommen Sie in einer Stunde zu mir nach Hause.“
„Sehen Sie, ich hatte doch recht! Der Mann ist vollkommen wahnsinnig“, begann Yasuhiro, als Dr. Spiglar bei ihm angekommen war.
„Nun ist der Fall eingetreten“, sagte Dr. Spiglar besorgt, „dass ich Ihnen zur Einschaltung des FBI raten muss. Sie beharren weiterhin auf Ihrer Anonymität?“
Yasuhiro nickte.
„Dann schlage ich vor, Sie beauftragen mich mit dem Entwurf eines entsprechenden Schreibens.“
„Was soll ich mir darunter vorstellen?“
„Überlassen Sie alles mir. Ich versichere Ihnen, dass Sie ungenannt bleiben. Nur die Fakten gelangen an das FBI.“
Gegen Mittag meldete sich der Dr. Spiglar pflichtgemäß bei seinem Erpresser.
„Gut, dann verfassen wir jetzt ein Schreiben, das Sie dem FBI übermitteln.“
Dr. Spiglars kümmerlicher Rest moralischer Integrität begehrte auf. „Jetzt hören Sie endlich damit auf!“, sagte er und schluckte. „Oder wollen Sie behaupten, dass Ostrogón wirklich ein
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