MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
in Belgien gewesen. Trotzdem kannte er die Gegend besser als sein Kinderzimmer. Das verdankte er Yasuhiros guter Arbeit bei der Informationsbeschaffung. Ob Straßen, Daten, Entfernungen, Oberflächenbeschaffenheit, Koordinaten, Aufgabenverteilung.
Als er angekommen war, wuchs seine Nervosität. Jedes Mal wenn er bei der Einreise einen von Atakamos gefälschten Pässen vorlegte, war es so, obwohl es bisher nie Probleme gegeben hatte.
Außerdem führte er eine stattliche Summe Bargeld im Koffer mit. Braulio Ostrogón benutzte keine Kreditkarten oder sonstige Möglichkeiten der bargeldlosen Zahlung, damit er nicht zurückverfolgt werden konnte. Weil er die notwendigen Einkäufe vor Ort erledigen und nicht auf Gruppenmitglieder verteilen wollte, hatte er fast einhunderttausend Euro dabei. Damit tätigte er Anschaffungen wie den Transporter, Taucherausrüstung,
Grabwerkzeug, Rückflugtickets und vieles mehr. Solche Summen mussten bei der Einreise deklariert werden, was er jedoch unterließ. Wenn man ihn erwischte, musste er mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen. Doch die ebenfalls damit verbundenen bürokratischen Maßnahmen und Personenkontrollen wären viel unangenehmer.
Doch alles lief wie am Schnürchen. Braulio erhielt den Einreisestempel ohne weitere Kontrollen.
Nachdem er im Ankunftsbereich einen Espresso getrunken hatte, ging er zum nächstgelegenen Parkhaus. In einem trübe beleuchteten Bereich stellte er seinen Koffer ab und ließ den Blick über die Pkws schweifen. Dann ging er zu einem Wagen, montierte beide Nummernschilder ab und steckte sie ein.
Anschließend begab er sich an den Schalter der Deutschen Bahn und löste ein ICE-Ticket nach Essen. Ihm blieben noch zwanzig Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Damit sein Gesicht nicht allzu oft in den Überwachungskameras auftauchte, zog er den Hut tief ins Gesicht und hielt den Blick gesenkt. Erst kurz vor der planmäßigen Abfahrt ging er zum Zug und suchte den reservierten Sitzplatz.
Der riesige Gebrauchtwagenmarkt öffnete gerade. Am Morgen nach seiner Ankunft in Essen war Braulio von seinem unauffälligen Hotel Royal Ambassador mit dem Taxi hierher gefahren.
Michael, ein deutsches Mitglied seiner Gruppe, hatte ihm alles Notwendige berichtet, und so schritt er, bestens informiert, über das große Areal. Braulio suchte einen großen Transporter, den er von einem Privatmann kaufen wollte. Keine Fragen, keine Kontrollen.
Dort stand der Wagen: hellgrau, eine riesige Schiebetür und eingebautes Navigationssystem! Nach einer kurzen Probefahrt bezahlte Braulio die geforderte Summe. Er schraubte die gestohlenen Nummernschilder an und fuhr zur nächsten Tankstelle. In wenigen Stunden würde er Amsterdam erreichen.
Braulio Ostrogón achtete nicht auf die links und rechts vorbeifliegende flache holländische Landschaft, sondern blickte konzentriert auf die Fahrbahn.
Zweieinhalb Stunden später erreichte er die Stadtgrenze von Amsterdam und fuhr sofort zur Begijnhof Kapel, in deren Nähe das reservierte Zimmer lag. Die winzige Pension kannte er aus einem vorangegangenen Besuch. Noch heute wollte er die meisten
Besorgungen erledigen. Yasuhiro hatte alles für ihn zusammengetragen. Dann besorgte er sich dunkle Folie, um die Seitenfenster zu verkleiden, damit man nicht ins Wageninnere sehen konnte.
Braulio steuerte den Wagen zu der Adresse, die Yasuhiro herausgesucht hatte. Der Fachberater zeigte ihm die gewünschten Tauchanzüge aus High-Density-Neopren. Bei der harten Arbeit war es wichtig, dass man sich auf die hohe Isolationswirkung bei geringem Gewicht dieser Anzüge verlassen konnte.
Braulio kaufte drei Stück und sechs Paar Semihandschuhe. Dazu nahm er einiges an Zubehör sowie, für den Fall der Fälle, ein Pressluftgerät mit. In einem Baumarkt kaufte er Hacken, Schaufeln, zwei Schubkarren, zwei Vorschlaghämmer und eine Menge Kleinkram.
Auf seinem Zimmer in der Begijnhof Kapel checkte Braulio noch einmal alles. Pistolen würde Michael aus Deutschland über die Grenze bringen.
Am nächsten Morgen brach Braulio auf. Vor ihm lagen dreihundert Kilometer bis Lille.
Artjom, Akemi, und Dhakiyah waren bereits vor einigen Tagen nach Europa gereist und mit Oceanne aus Frankreich zusammengetroffen. Einen Tag später stieß der Rest des Teams dazu: Jegor aus Russland, Gonzalez aus Mexiko, Filippo aus Italien, Qiang aus China und Michael aus Deutschland. Sie mieteten Stellplätze auf einem Campingplatz, den Yasuhiro zwölf Kilometer südwestlich von Lille
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