MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
Blutlache. Aus seinem Brustkorb ragte ein Messer, und Adrian sah, dass es Ähnlichkeit hatte mit der Berliner Waffe. Etwas Blut war unter der Tür hindurch in den Ausstellungsraum geflossen und getrocknet.
Also hatte der falsche Cariolós Siegellack verwendet, um die Bluttat am Nachmittag zu verschleiern. Das erklärte auch die Hektik und Nervosität des Mannes gegen Ende der Führung.
„Das war unser Museumsführer! Und ich wette, der Tote ist der echte Cariolós!“, flüsterte Sebastian.
„Ja, das glaube ich auch“, meinte Adrian.
Violetta bettete ängstlich den Kopf an seine Schulter.
„Pst!“ Sebastian lauschte angestrengt in die Dunkelheit. „Habt ihr das gehört?“
„Das Knarzen? Du wohnst nicht in einem Altbau, da ist ständig was zu hören, besonders nachts.“
„Was sollen wir jetzt tun?“, fragte Violetta.
„Wir müssen die Polizei rufen.“
Der Boden auf der anderen Seite der Mordkammer knarzte.
„Der echte Cariolós wollte uns hier empfangen und uns alles zeigen, aber er ist vorher ermordet worden. Wahrscheinlich starb er in dem Augenblick, als wir das Rumpeln hörten“, sagte Sebastian leise.
„Dann hat der Mörder gewusst, dass wir kommen würden“, sagte Adrian.
„Glaubst du, es besteht eine Verbindung zu deinem Anruf bei dem Kerl aus Albacete? Der könnte doch in zwei Stunden hierher gefahren sein. Zwischen dem Telefonat und unserem Auftauchen war genug Zeit dafür“, überlegte Sebastian.
Adrian dachte einen Moment nach. „Der Mann aus Albacete hat zwar einen nervösen Eindruck auf mich gemacht … Aber nein, ich
hatte nicht das Gefühl, dass er hierher fahren und einen Mord begehen wollte. Nein! Aber vielleicht hat er jemanden über das Telefonat informiert …“
„Möglich“, pflichtete Sebastian bei.
„Sorgen macht mir etwas ganz anderes: Diesen Mord haben einzig unser Auftauchen und die Fragerei ausgelöst!“, sagte Violetta in die Stille. „Wenn der Täter keine Hemmungen hat, einen unbeteiligten Museumsbetreiber zu ermorden, muss das Motiv für die Tat gewichtig sein. Und wenn es so war, wie wir denken, bereitet mir die schnelle Reaktionszeit noch mehr Sorgen.“
Sebastian gluckste vor Anspannung. „Was meinst du damit?“
„Denk doch mal nach! Wenn der Täter hier innerhalb von zwei bis drei Stunden einen Mord durchführen kann, dann war er nicht allein! Es ist doch vollkommen unwahrscheinlich, dass der Mörder aus Berlin ausgerechnet dann in Spanien ist, wenn wir auftauchen, oder?“
„Das ist wahr. Wir haben es also mit zwei oder noch mehr Tätern zu tun.“
Eine Diele knarzte in unmittelbarer Nähe, und sie zuckten zusammen.
„Mit unserer Fragerei sind wir denen logischerweise im Weg“, stellte Violetta fest.
„Du hast recht. Der falsche Cariolós hätte heute Nachmittag die Möglichkeit gehabt, uns umzubringen. Wir waren zu dritt, aber der Mann war so entschlossen, dass wir keine Chance gehabt hätten. Hat er es deswegen nicht getan, weil er internationale Verwicklungen vermeiden wollte?“
„Das ist unlogisch, Adrian. Internationale, zumindest trinationale Verwicklungen sind de facto bereits entstanden“, gab Violetta
zu bedenken.
„Dann hat der Mörder einen Fehler gemacht, als er uns gehen ließ.“
Aus dem Dunkel ertönte eine tiefe Stimme: „Genau!“
Erschrocken leuchtete Adrian nach links. Im Licht seiner Taschenlampe funkelten böse gelbe Augen, die kalte Entschlossenheit ausstrahlten. Der Mann bleckte wütend die fauligen Zähne und ging mit gezücktem Messer auf Adrian los. Der erstarrte. Da war es, das Gefühl aus den Albträumen seiner Kindheit, jener lähmende Moment, wenn Panik das Ruder übernimmt und man nicht mehr in der Lage ist, zu handeln.
Violetta reagierte sofort. Sie warf sich auf den Mann und riss ihm die Beine weg, so dass er zu Boden stürzte.
Der Fremde schüttelte Violetta ab, rappelte sich hoch und ging erneut zum Angriff über. Weder Sebastian noch Adrian hatten irgendwelche Kampferfahrung. Doch die Todesgefahr mobilisierte alle Reserven. Adrian schnellte vor, um den messerführenden Arm des Mörders zu packen. Sebastian war mit einem Satz bei seinem Freund, der versuchte, dem Mann das Messer zu entwinden. Er drehte die Messerhand des Mörders nach innen, so dass der Dolch auf dessen Brust gerichtet war. Sebastian packte den Unterarm des Mannes, und mit vereinten Kräften stießen sie ihm den Dolch in die Brust. Der falsche Cariolós riss die Augen weit auf, blickte Sebastian ungläubig an und
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