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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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sein, höre das Gebet der deinen, die sich ganz mit dir vereinen, nimm die armen Seelen doch heute in den Himmel noch.
    Ich leiere dieses Gebet wie in Trance. Immer und immer wieder. Angela sagte, wenn keiner mehr betet, dann sind die Menschen im Fegefeuer für immer verloren. Dann bleiben sie dort für alle Ewigkeit.
    Die Darmgrippe überfällt mich in der Nacht, ich wache auf, gehe aufs Klo und übergebe mich. Ich kotze die folgenden zwei Tage und Nächte. Ich liege in meiner Bude und will gesund werden und sterben zugleich. Der Überlebenswille meines Körpers kämpft gegen die Todessehnsucht meines Herzens. Ich spreche mit mir selbst. Ich stelle mir vor, die Nazibrut über mir auszurotten, aber ich brauche meine Munition noch. Die Kugeln sind für andere bestimmt.
    Mit Filzstift schreibe ich an die Wand: Wir träumen von Barrikaden. Vom Aufstand. Wir träumen vom Krieg in den Straßen. Von Lärm und Rauch und dem Adrenalinkick, nach dem wir so süchtig sind. Kein Kreuzchen auf dem Wahlzettel kann jetzt noch die Wut ausdrücken, die wir empfinden. Ihr lasst uns ausbluten und hört unser Schreien nicht, ihr bescheißt und belügt uns, in der Hoffnung, wir wären zu dumm und unsolidarisch, um uns gemeinsam zu erheben, aber die Zeit wird kommen, da wir Schulter an Schulter in einer Front stehen, da wir aufbegehren. Oh ja, es bräuchte wieder eine RAF , es bräuchte wieder jemanden, vor dem ihr Politiker und Bonzen wirklich Angst habt, denn alles, was ihr hier und heute fürchtet, ist eure Macht und euer Geld zu verlieren.
    Verdammt noch mal, kapiert ihr nicht da oben?! Das ist nicht nur eure Welt, das ist auch unsere Welt. Und wir wollen nicht länger im Dreck leben.
    Als ich die Glastür zu Rensings Büro öffne, kommt Burcak den Gang entlanggelaufen.
    „Das ist kindisch“, sagt sie. „Wenn ich das gewusst hätte …“
    Ich lächle, zwinkere Burcak zu und schiebe Rensings Vespa an ihr vorbei durch das Vorzimmer. Ich öffne die Tür zu Rensings Reich.
    „Burcak, das ist jetzt ganz schlecht“, sagt Rensing, der mit dem Rücken zu mir sitzt, ohne sich umzusehen. „Ganz schlecht“, wiederholt er.
    Es befinden sich zwei Männer in dem Raum: Rensing und Meyer. Ich habe gewusst, dass ich sie hier antreffen würde. Burcak hat versprochen mich anzurufen, wenn Meyer im Büro auftaucht.
    Und jetzt ist er da.
    Und jetzt ist er mein.
    Ich setze mich auf die Lambretta, starte die Lady und drücke im Leerlauf aufs Gas. Ich bin cooler als Meat Loaf in der Rocky Horror Picture Show. Ich bin meine eigene Horrorshow.
    Rensing springt auf und verschüttet den Kaffee auf seiner Hose. Da fahr ich auch schon auf ihn zu, sodass er seine weißen Schuhe nur mit einem Sprung zur Seite retten kann und ich in dem Riesenregal mit Ordnern lande, die mir nur so um die Ohren fliegen. Ich schalte die Vespa ab und schiebe sie seelenruhig zurück. Keiner wagt es, mich anzufassen.
    „Herr Doktor Rensing“, sage ich. „Besprechen Sie mit Herrn Meyer meinen Fall?“
    „Was soll das? Was fällt Ihnen ein?“
    „Geht es hier um meinen Fall, Herr Doktor? Ich möchte auf dem Laufenden gehalten werden, das ist alles.“
    Rensing geht zu seinem Schreibtisch, greift nach dem Telefonhörer und tippt auf die Tasten.
    „Schön, dich zu sehen, Meyer“, sage ich und lächle. Meyer ist noch fetter und noch größer, als ich ihn in Erinnerung habe, und sein buschiger Oberlippenbart sieht furchterregend aus. Er trägt so was wie ne Tracht, kein Wunder, er ist Mitglied eines Giesinger Blasmusikvereins und Obmann einer Giesinger Schützenkompanie, n echter Bayer eben. „Als du dich nach der Pleite verkrümelt hast, habe ich mir dein Haus in Harlaching angesehen. Kannst du dir vorstellen, was ich für ne Wut bekam, als ich vor dem Ding stand?“
    „Ja ja, der Neid ist ein Hund.“
    „Neid? Ich hasse dich nicht, weil du reich bist, Meyer. Ich hasse dich, weil dein Herz arm ist. Ich bin ein Krüppel wegen dir! Ich bin pleite wegen dir! Ich habe alles verloren, alles! Und als ich da vor dem riesigen Haus stand, wurde mir endgültig klar, dass du mich beschissen hast. Dass du ein Betrüger bist, ein Gauner. Und ich bin über den Zaun in den Garten und habe gebrüllt wie am Spieß: Meyer, du Schwein!, hab ich geschrien. Meyer, du Drecksau! Meyer, du Betrüger! Ich will mein Geld, Meyer! Gib mir mein Geld, du Hurensohn! Ich wollte, dass die ganze Nachbarschaft es hört. Ich habe gebrüllt und gebrüllt, aber keiner hat die Bullen geholt. Da kam nur ein alter

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