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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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Handy. Ich klickte mich durch die Ordner, der Posteingang war leer, der Postausgang ebenso. Es gab keine Fotos, keine Videos, typisch für Shanes Verfolgungswahn. Ich wollte das Handy zurücklegen, da piepte es zweimal. Ich linste rüber zu Shane, ob er aufgewacht war, aber der schnaufte nur kurz und döste weiter. Ich öffnete die SMS .
    samstag in zwei wochen, 21 Uhr, lg marion.
    Plötzlich fuhr Shane hoch, er sah mich an, gähnte, streckte die Arme und entdeckte seinen Schwanz.
    Samstag in zwei Wochen?
    „Oh Mann“, sagte er und verstaute sein Ding. Ich ließ sein Handy unauffällig unter den Tisch fallen.
    Marion???!!!
    „Wo ist Burcak?“
    Der Name klingelte in meinem Kopf.
    Marion, Marion, Marion.
    „Scheiße“, sagte Shane und starrte auf den Bildschirm. „Ich war gerade in der Leitung! Wo ist mein Handy?“
    Ich tat so, als würde ich suchen, um es schließlich aufzuheben und ihm zuzuwerfen. Er hielt es ans Ohr und schleuderte es schließlich auf den Tisch.
    „Fuck.“
    „Was ist mit Burcak?“
    „Audi war die Lösung! Ich war live auf Sendung! Audi! Audi! Die Tussi hat versprochen, den Arsch in die Kamera zu halten, wenn jemand die Lösung weiß. Ich habe die Lösung gewusst. Ich werde nie mehr in meinem Leben glücklich sein, wenn ich heute Nacht nicht den Arsch von der geilen Sau sehe.“
    „Wo ist Burcak?!“
    „Hab ich dir nicht gesagt, dass wir uns nicht treffen sollen, verdammt noch mal?“
    „Wo ist sie?“
    „Weg!“
    „Wohin?“
    „Wohin wohl?“
    „Köln?“
    „Ankara.“
    „Was machen?“
    „Audi war die Lösung.“
    „Was macht sie in Ankara?“
    „Heiraten, Kinder kriegen, im Haus sitzen, Fernseh glotzen, Verwandte treffen, fett werden, alt werden.“
    „Du verarschst mich.“
    „Sie ist weg.“
    „Aber sie liebt doch München!“
    „Sie hat es zu sehr geliebt.“
    „Burcak gehört doch hierher, nicht in die Türkei.“
    „Das hat nicht sie zu bestimmen.“
    „Sie ist 23! Sie verdient ihr eigenes Geld! Sie verdient mehr als jeder andere in ihrer Familie! Sie kann doch wohl …“
    „Nein, kann sie nicht.“
    „Scheiße“, sagte ich und reichte Shane die Tüte. „Sie ist einfach so davon?“
    „Nein, nicht einfach so. Ihr Bruder hat sie abgeholt.“
    „Aber warum? Sie ist eine erwachsene Frau!“
    „Vielleicht ein bisschen zu erwachsen.“
    Wir saßen da im Dunkeln, wir beide, Regen prasselte an das Fenster, die Oben-ohne-Tussi laberte, und alles war auf einmal so schwer und böse auf dieser Welt.
    „Ihr Bruder, das ist doch der, der im Knast saß. Die haben ihn doch mit Aitsch erwischt.“
    „Er ist ein Mann. Er darf alles.“
    „Die hält das keine Woche da unten aus. Die liebt doch München, die Burcak.“
    „Burcak siehst du nie wieder, Kai.“
    „Du verdammter Penner! Hättest du sie bloß geheiratet!“
    „Burcak hat keinen Penner verdient.“
    Ich sah einen Briefumschlag auf dem Tisch. Der Brief war an mich adressiert, aber ich hatte den Brief noch nie in Händen gehalten.
    „Liest du eigentlich alle meine Briefe?“
    „Ich krieg doch nie Post.“
    „Du liest sie und klebst die Kuverts wieder zu?“
    „Ich hab noch nie in meinem Leben nen handgeschriebenen Brief bekommen, Kai.“
    „Erzähl keinen bullshit. Ich habe dir Briefe geschrieben.“
    „Du?“
    „Als du für ein Jahr in der Türkei warst, weil das Visum deines Vaters abgelaufen war.“
    „Stimmt. Aber deine Sauklaue kann keiner lesen. Ich hab die verdammten Briefe allen gezeigt, keiner konnte ein Wort entziffern.“
    „Kein Wunder, deine Verwandten in Anatolien sind Analphabeten.“
    Shane nickte, ballte seine rechte Faust und betrachtete sie.
    „Vielleicht“, sagte er. „Aber sie wären für mich da gewesen, wenn ich vom Dach gefallen wäre.“
    Shane legte den Joint in den Aschenbecher auf dem Tisch.
    Ich nahm das Kuvert und las den Absender.
    Angela Brown.
    Ich nahm den Joint und drehte ihn in meinen Fingern.
    „Ist das ne Ex?“
    „Angela?“
    „Ex?“
    „Ex-Stiefmutter, ja.“
    „Warum schickt sie dir zwei Zugtickets?“
    „Zugtickets?“
    „Für dich und deine Freundin.“
    „Mich und meine Freundin?“
    „Zwei Erste-Klasse-Tickets München–Innsbruck und retour.“
    „Angela?“
    Ich inhalierte das Zeug so heftig, dass mir die Tränen in die Augen schossen. Ich bekam einen Hustenanfall und beruhigte mich erst nach einem Schluck aus einer der Bierflaschen, von denen unzählige auf dem Tisch standen. Ich warf den Joint in die Flasche und er erlöschte

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