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Man Down

Man Down

Titel: Man Down Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Pilz
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Dabei sollte ich auch noch früh schlafen gehen. Wenn ich nicht ausgeschlafen bin, kann ich mich nicht konzentrieren.“
    „Schlafen? Du kannst doch hier heute Nacht kein Auge zutun. Die Party geht bestimmt bis 4.“
    „Ich nehme Valium.“
    „Das ist n Witz.“
    „Kein Witz.“
    „Du bist verrückt.“
    „Glaubst du, bei dem Lärm könnte man sonst auch nur eine Stunde schlafen?“
    Marion schob mich zur Tür.
    „Ich komm später“, sagte sie. „Ich muss noch schnell weg.“
    „Wo musst du hin?“
    „Ich habe einer Freundin ein Vorlesungsskript versprochen.“
    „Ich begleite dich.“
    „Nein, bitte bleib.“
    „Ich komm mit, Marion.“
    „Geh in die Küche, trink ein bisschen was, und schon bin ich bei dir.“
    „Ich will aber mit.“
    „Nein!“
    Sie war nervös und gereizt.
    „Stimmt was nicht?“
    „Alles okay.“
    „Alles?“
    „Bye.“
    Ich ließ die beiden alleine, ging in die Küche, quatschte mit ein paar Leuten. Ich trank mit Gugl ein paar Drinks und musste mir von Rugby anhören, warum ich die Linkspartei wählen sollte und jede andere Wahlentscheidung ein Verbrechen wäre. Ich hatte keine Ahnung, dass überhaupt Wahlen anstanden.
    Marion tauchte erst zwei Stunden später auf. Aufgedonnert, mit nem kurzen Rock und schwarzen Stiefeln.
    „So gehst du zu deiner Freundin?“
    „So geh ich zu dir.“
    „Sieht heiß aus.“
    „Nicht zu billig?“
    „ …“
    „Seh ich billig aus?“
    „Du siehst heiß aus.“
    Marion küsste mich auf die Stirn. Ihren Augen waren müde, ich hatte das Gefühl, sie war gar nicht richtig da. Sie holte einen Punsch, packte mich am Arm und zog mich hinaus, zog mich durch den Gang, vorbei an all den Betrunkenen, die dort saßen, lagen, standen, lachten, rauchten, grölten, sangen, quatschten.
    Sie führte mich wieder in den dritten Stock. Wir machten es, kurz und hart, hart wie immer. Aber sie wirkte irgendwie abwesend. Sie tat es, als wollte sie es hinter sich bringen.
    „Ich will bei dir schlafen“, sagte sie, als ich das Kondom abzog und einen Knoten hinein machte. „Ich will mit dir einschlafen.“
    „In meiner Wohnung?“
    „Wo denn sonst?“
    „Du willst mit zu mir?“
    Sie musterte mich. „Du scheinst nicht gerade begeistert zu sein.“
    „Ich bin überrascht.“
    „Du willst nicht, dass ich mitkomme?“
    „Naja …“
    „Ich hol mir noch schnell ein paar Sachen, ja? Warte draußen auf mich!“
    „Aber …“
    „Ich hol nur meine Zahnbürste und was zum Anziehen. Lauf bloß nicht davon!“
    „Mein Rücken ist kaputt, ich kann gar nicht.“
    „Schluck keine Pilze!“
    „Nie wieder.“
    Vor der Tür beim Hinterausgang stand eine Gruppe junger Japaner, die es nicht rechtzeitig zur Rezeption der Jugendherberge geschafft hatten. Ab 23 Uhr kam niemand mehr rein, selbst wenn der Dalai Lama gekommen wäre. Sie fragten mich, wo sie schlafen sollten. Ich sagte ihnen, sie sollten einfach Party feiern.
    „ First floor. “
    „ Thank you, thank you, thank you. “ Sie marschierten an mir vorbei. Sie waren alle einen Kopf kleiner als ich. Das Handy in meinem Rucksack piepste. Ich zog es raus. Ich hatte eine SMS bekommen: Lieber Kai. Wir werden uns nicht mehr sehen können. Ich wünsche Dir alles Glück der Welt. Die Zeit mit euch war schön, Burcak.
    Ich rief sie sofort an, aber ihr Handy war ausgeschaltet, die Sprachbox deaktiviert.
    Ich dachte an meine Bude. An die Matratze, den Boiler, das Eisen, die vergilbten Bücher.
    An das dreckige Treppenhaus, an die Nazis über mir.
    Fuck.
    Marion kam aus dem Heim mit einer kleinen Tasche in der Linken. Sie lächelte, aber ihr Lächeln starb, als sie mein Gesicht sah. „Was ist los?“
    „Ich muss zu Shane.“
    „ Jetzt?! “
    „Es ist ein Notfall. Burcak, das ist ne Freundin von Shane … und …“
    „Was ist passiert?“
    „Ich weiß nicht.“
    „Du weißt nicht?“
    „Sie hat nur diese SMS …“
    Sie schüttelte den Kopf und ließ ihre Sporttasche auf den Boden fallen. „Das ist nicht dein Ernst.“
    „Es ist wichtig.“
    „Bin ich nicht wichtiger?“
    „ …“
    „Ich muss dir heute was sagen.“
    „Bitte sei mir nicht böse.“
    „Ich muss dir heute unbedingt was sagen.“
    „Marion … Das hat doch Zeit bis morgen!“
    „Hat es nicht!“
    „Tut mir leid.“ Ich küsste sie und lief die Stiege runter. „Es tut mir leid.“
    „Idiot“, sagte sie. „Du Idiot!“
    Ich drehte mich um und sah sie da stehen im schwachen Licht, und ich wollte ihr erklären, warum … Wollte ihr

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