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Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern

Titel: Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Pehnt
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das müssen sie zugeben.
    Dann kannst du ja nicht mehr pfeifen.
    Brauche ich ja auch nicht, oder?
    Gut, dass wir keinen Hund haben.
    Gut, dass du nicht Flöte spielst.
    Was ist mit Küssen?
    Die Mutter drückt ihr einen Kuss auf die Backe, aber tatsächlich ist der Kuss breiter und weniger gezielt als früher, zumindest scheint es ihr so, aber wie soll sie es auch genau sagen, sie hat ja keinen Vergleich.
    Also fahren sie nach Schweden, die Mutter packt wie immer, die Kinder packen Malsachen und viele Bücher, weil es in Schweden auch schon mal regnet, aber sicher nicht nur, und wenn, dann machen wir es uns eben gemütlich.
    Der Vater fährt sie durch halb Europa, sagt er, und es ist so weit, dass man ihm glauben muss, auch wenn sie inzwischen alt genug sind, um die Entfernung genau auszurechnen. Sie kauern auf der Rückbank und pressen die Ohren an den Kassettenrekorder, in dem die Otto-Kassette läuft, die letztes Jahr noch neu war, aber man kann sie immer noch hören, und sie können froh sein, dass sie nun zusammen unterwegs sind nach Schweden, sie berühren sich ab und zu an den Zehen oder legen der Mutter eine Hand in den Nacken. Die Mutter dreht sich manchmal um, als wolle sie sichergehen, dass niemand ausgestiegen ist.
    Niemand steigt aus, niemand bleibt zurück.
    Wann sind wir endlich da?
    Zum Quengeln seid ihr eigentlich zu alt. Schweden ist eben nicht um die Ecke.
    Ihr könnt froh sein, dass wir überhaupt fahren.
    Gehen wir dann auch in die Sauna? In Schweden hat jeder eine Sauna.
    Sehen wir dann auch Elche?
    Hinter Hannover mischt sich plötzlich ein hohes Dröhnen in die Fahrgeräusche. Das könnte der Asphaltbelag der Autobahn sein, oder einfach ein Nebengeräusch, oder doch der Asphalt. Aber dann hört es nicht mehr auf, sondern wird höher und dringender, und der Vater hält am nächsten Rastplatz. Sie steigen aus, nur die Mutter bleibt im Auto, lehnt den Kopf an die Nackenstütze und schließt die Augen. Sie stehen um das Auto herum, ungeschickt öffnet der Vater die Kühlerhaube, reibt sich die Hände mit einem Taschentuch und beugt sich ratlos über den Motor. Ein heißer Ölgeruch dampft auf den Kabeln.
    Wir fahren einfach weiter.
    So können wir nicht weiterfahren.
    Er geht in den Rasthof, um zu telefonieren. Die Mutter sitzt still im Auto, als sei sie eingeschlafen. Die Kinder schauen sich an, dann heben sie die Gesichter in den feinen Nieselregen.
    Wie in Schweden.

Wünschen darf man sich alles
1. Hannes

    Hier hat jeder einen Zettel, sagt die Betreuerin am dritten Advent, und darauf könnt ihr eure Wünsche malen, dann weiß der Weihnachtsmann, was er euch bringen soll. Die Kinder beugen sich über das Papier. Manche können den Stift nicht halten. Artur malt mit dem Fuß. Bernie reißt ein Stück von seinem Blatt und schiebt es in den Mund. Nicht essen, Bernie, sagt die Betreuerin und zieht ihm den feuchten Fetzen aus den Zähnen. Bernie schnauft und tritt gegen das Tischbein, aber niemand schaut auf.
    Ein Pferd, murmelt Carolin, auf jeden Fall ein Pferd, aber ein richtiges, nicht so ein Pony für Babys. Da kommst du doch gar nicht hoch, sagt Katrina, die sind riesig. Na und, sagt Carolin, ich wachse ja noch. Ihr Kopf sitzt tief zwischen den Schultern. Ihre Beine sind krumm wie verwachsene Rebstöcke. Das glaubst du wohl, lacht Katrina. Wünschen darf man sich alles, ruft die Betreuerin streng. Was wünschst du dir denn, Katrina. Katrina richtet sich hoch auf, Inliner, mit Gummirollen, und Knieschoner und einen Schutzhelm. Den brauchst du nicht, lacht Tony und zeigt auf den gepolsterten Kopfschutz, der unter ihrem Kinn festgezurrt ist. Katrina knüllt ihr Blatt zusammen und wirft es an Tonys Stirn. Tony kann nicht ausweichen. Artur stößt das Glas mit den Buntstiften um. Die Betreuerin kriecht auf dem Boden herum und sammelt die Stifte wieder ein, Kinder, könnt ihr nicht friedlich sein.
    In der Ecke sitzt Hannes. Hannes hat sich die Haare lang wachsen lassen, obwohl das unpraktisch ist. Er lässt sie vor sein Gesicht fallen, damit ihn niemand beobachtet, und malt sorgfältig. Erst malt er die Spieler und das Spielfeld, die Tore und den Schiedsrichter. In der Mitte lässt er eine weiße Stelle. Die wird er nachher ausfüllen, wenn es ruhiger ist. Hannes wünscht sich einen Schiedsrichter, kichert Katrina. Ich glaube nicht mehr an den Weihnachtsmann, brüllt Tony, wer

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