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Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern

Titel: Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Pehnt
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brauchst Bewegung, erklärt man ihm, und das Reiten ist gut für deinen Rücken. Mein Rücken ist in Ordnung, sagt Hannes, ich will nicht reiten, das ist für Mädchen. Ja genau, lachen die Mädchen, komm, wir tauschen, lass uns reiten. Nur Carolin lacht nicht. Sie sieht Hannes mit brennenden Augen an. Hannes spürt den Blick und dreht sich zu ihr um. Er zuckt mit den Schultern, als wolle er sich entschuldigen. Er lässt sich mürrisch in den Reitstall fahren und wartet im süßen Pferdegestank, bis er an der Reihe ist. Vor ihm wird Bernie von zwei Helfern auf ein Pferd gehievt und festgezurrt. Hannes’ Pferd ist hoch wie ein Turm. Er starrt auf die knotigen Knie und die Steigbügel, die man ihm über die Füße ziehen wird. Das Pferd tritt gemächlich auf der Stelle, Bewegungen, die ihm nicht geheuer sind.
    Bis er im Sattel sitzt, ist er nassgeschwitzt und kann die Zügel kaum halten. Das Pferd setzt sich in Gang. Vor ihm geht Bernies Pferd, Bernie hängt über dem Nacken, das Gesicht in der Mähne, er rutscht, ruft der eine Helfer. Bernie kreischt, es ist sein Angstschrei, nicht das fröhliche Gröhlen, das ihm aus der Kehle bricht, wenn man ihn kitzelt. Die Helfer laufen neben dem Pferd und zerren ihn hin und her. Hannes schließt die Augen, hört Bernies schrille Stimme und spürt den schwankenden Schritt des Pferdes. Mir wird schlecht, murmelt er.
    Als sie wieder im Heim sind, will er gleich in sein Zimmer, aber im Gang vor seiner Tür lehnt Carolin. Wie war es, fragt sie, ohne ihn anzusehen. Schrecklich, will Hannes sagen, aber dann sieht er in Carolins Gesicht. Du musst die Zügel locker halten, sagt er. Sonst tut dem Pferd das Maul weh, sagt Carolin. Genau, nickt Hannes.
    In den Nächten vor den Reitstunden liegt Hannes wach und fürchtet sich vor der Höhe des Pferderückens, dem unerbittlichen Schaukeln und Bernies Geschrei. Die Helfer begrüßen ihn immer, als hätte er einen Preis gewonnen, sie strahlen und drücken seine schweißige Hand und nicken ihm zu, wenn sie ihn in den Sattel heben. Er schließt gleich die Augen und lässt die Zügel auf den dicken Hals des Pferdes sinken. Hinterher wartet Carolin. Immer steht sie im Gang. Wenn er kommt, legt sie eine Hand auf den Rollstuhl, als könnte er ihr sonst entkommen, und stellt eine Frage, die sie sich vorher überlegt hat. Wie heißt es, fragt sie. Hannes weiß es nicht, er hat nicht nach dem Namen gefragt. Sternwind, sagt er. Sternwind, wiederholt Carolin. Oder sie fragt, ob Hannes im Galopp geritten ist, oder ob es schlimm ist, wenn man abgeworfen wird, oder wer den Pferden die Hufe auskratzt.
    Immer wenn Hannes dem Betreuer begegnet, vor dem Klassenzimmer oder im Pausensaal, hebt der Betreuer fragend die Augenbrauen. Hannes schaut jedes Mal weg. Dann treffen sie im Hof aufeinander. Hannes muss zur Behandlung, und der Betreuer steht halb verborgen hinter einer Säule und raucht. Als er Hannes sieht, legt er einen Finger auf die Lippen. Hannes nickt. Und, fragt der Betreuer, was macht der Fußball. Ich reite jetzt, sagt Hannes schnell, zweimal die Woche. Immer auf demselben Pferd. Es heißt Sternwind. So, Sternwind, sagt der Betreuer, na dann, Cowboy, und er zertritt die Zigarette, zwinkert Hannes zu und geht wieder hinein.
    Die Behandlung ist diesmal schmerzhaft und scheint nicht aufzuhören. Wenn du an die Krücken willst, musst du mehr trainieren, sagt die Therapeutin und schnallt Hannes aus den Geräten. An die Krücken, sagt Hannes, wieso Krücken. Wir haben doch schon darüber gesprochen, seufzt die Therapeutin, wenn du deine Arm- und Rückenmuskulatur aufbaust, ist das schon denkbar, das habe ich auch deinen Eltern gesagt, du hättest dann einen ganz anderen Radius, verstehst du. Ja, murmelt Hannes, was heißt das noch mal, Radius. Radius, wiederholt die Therapeutin ungeduldig, Beweglichkeit, Spielraum eben. Hannes starrt, als sie ihm die Schuhe bindet, auf das Haar der Therapeutin, das im Nacken fast so kurz geschoren ist wie seins. Kann ich öfter kommen, fragt er. Überrascht richtet sich die Therapeutin auf. Ihr Gesicht ist rot vom Bücken. Na also, sagt sie.
    Seitdem ist Hannes sehr beschäftigt. Zweimal die Woche muss er reiten und zweimal zur Behandlung. An seine kahlen Zimmerwände hängt er Pferdeposter, die man sich in der Apotheke mitnehmen darf. Tony und die anderen schießen den Plastikball durch die

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