Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern
man auf sich achten, sagte Rudi und lieà sich die Haare stoppelkurz rasieren. Er sah aus wie ein Junge, die Stoppeln sträubten sich über seiner ungefurchten Stirn, und die Backen wurden immer runder, Birgit H. kochte nahrhaft. Das muss man dir lassen, sagte Rudi H. und zwinkerte ihr zu, aber sie beugte nur den Kopf über den Teller und schob das Fleisch hin und her, und die Haare waren viel zu lang und hingen vor ihrem Gesicht wie ein dünner Vorhang. Rudi H. sah, dass sie zu wenig aà und zu wenig lachte, aber was sollte er machen, schlieÃlich war sie erwachsen und konnte selbst für sich sorgen, aber dass Georg so dünn wie ein Spargel blieb, wollte ihm nicht in den Kopf.
Gibst du ihm denn genug.
Als Rudi H. einmal früher nach Hause kam, was selten vorkam, weil es viele Gründe gab, um länger an seinem Schreibtisch zu bleiben als die anderen, fand er Birgit H. vor dem Spiegel, während Georg im Kinderzimmer leise quiekte. Als sie ihm am Nachmittag die Flasche gegeben hatte und auf sein fest um das Gummi geschlossenes Mündchen schaute, hatte sich plötzlich etwas in ihren Brüsten prickelnd gedehnt, war schmerzhaft durch die Adern geströmt, bis sie sich aufgepumpt fühlte, die Haut spannte gegen den Büstenhalter, unvermutet und ungehörig brachen gelbliche Tropfen aus den Brustwarzen, perlten aus den rosa Poren und breiteten sich als nasse Flecken auf Birgit H.s Bluse aus. Sie rià die Bluse hoch und presste eines von Rudis gebügelten Taschentüchern gegen die sickernde Milch, aber es hörte nicht auf. Schnell legte sie Georg zur Seite und lief, die Hände wie Schalen unter den Brüsten, ins Bad, wo sie sich auszog. Hilflos tastete sie an ihren heiÃen Brüsten herum, wie sollte sie das abstellen, das hörte nicht mehr auf, die Tropfen sahen auf dem Hellblau des Waschbeckens aus wie verschüttete Kaffeesahne. Sie rieb die Brüste mit einem kalten Waschlappen ab, dann hob sie den Blick und starrte auf ihr Spiegelbild. Die Unterhosen hingen ihr um die FüÃe, der feuchte Büstenhalter kräuselte sich an den Hüften, der Bauch wölbte sich über dem Saum der Unterhose, sie beugte sich vor und studierte ihr Gesicht, die neuen feinen Falten, die um die Mundwinkel herum von einer neuen Zeitrechnung kündeten, die fahle Haut um die Augen herum. Georgs Wimmern wurde drängender. Sie wölbte die Nasenflügel und blies die Backen auf, bis die Falten verschwanden.
Plötzlich spürte sie Rudi H.s Blick und fuhr herum. Er wendete sich rasch ab, ich sag doch, murmelte er, ein Friseurtermin wirkt Wunder, und die Nägel kannst du dir auch gleich machen lassen, und er beugte sich über seine Schnürsenkel. Sie sah, dass er bis hinunter zum Hals errötet war.
Wenn Georg lange schlief, beschlich Birgit H. ein ungutes Gefühl. Sie hockte sich vor das Gitterbett, presste die Stirn an die Stäbe und starrte auf seinen winzigen Brustkorb, der sich schnell hob und senkte. Wie ein Vogel, dachte sie, gröÃer ist er nicht, gröÃer wird er gar nicht. Im Schlaf spitzte er die Lippen, die Augäpfel wanderten unter den Lidern, die niemals ganz geschlossen waren, auf und ab. Durch den Spalt sah sie seine Augen glitzern, das klare Blau, das sie fast erschrecken lieÃ, wenn er sie direkt anschaute, so leuchtend und ernst war es, aber meistens schaute er ja niemanden an, dafür ist er noch zu klein, sagte Birgit H. zu Rudi H., das kann er noch gar nicht können, das kommt schon noch. Sie blieb vor dem Bettchen sitzen, bis ihre Knie schmerzten, und studierte sein Gesicht, das so klein war wie ein Apfel, kleiner noch, den Flaum auf den Rändern der Ohren, die Finger, die sich immer wieder rührten und durch die Luft schweiften, als gäben sie jemandem unentwegt Zeichen, was soll das nur bedeuten, dachte Birgit H., das kann niemand verstehen.
Warum zuckt er denn dauernd mit den Händen, fragte Rudi H. nervös, das ist doch komisch, er hat doch die Augen zu.
Du zuckst auch, wenn du schläfst, sagte Birgit H.
Na und, sagte Rudi H., ist was dabei.
Wenn Birgit H. das Gesicht von den Gitterstäben löste, hatten sie in ihrer Stirn zwei rote Dellen hinterlassen, und das war kein Wunder, denn Birgit H. hatte fast eine Stunde im Bademantel vor dem Bett gekniet, am helllichten Vormittag.
Die anderen Mütter, die Birgit H. auf dem Spielplatz kennenlernte,
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