Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern
Georg sich steif und schmiegte noch nicht einmal seinen Kopf an die weiche Stelle zwischen Kinn und Schulter, und Rudi H. legte das steife Kind enttäuscht zurück, so wird das nichts, junger Mann.
Du musst ihm Zeit lassen, sagte Birgit H., du bist so selten da, er kennt dich eben nicht gut.
Wieso selten da, einer muss ja wohl für die Butter auf dem Brot sorgen, sagte Rudi H. gekränkt, er wollte einen kleinen weichen Sohn, der ihn am Kinn zupfte, ihm in die Nase biss und vielleicht auch Papa sagte, es musste ja nicht gleich sein und auch nicht übermorgen, aber irgendwann wollte man doch Erfolge sehen. Er wollte ein guter Papa sein, er wollte kicken, Modelleisenbahn spielen und Modellflugzeuge kleben, alles nach Feierabend, der Junge dürfte sogar länger aufbleiben, er war ja gar nicht so, aber eine Chance musste man ihm schon geben.
Georg sieht über sich ein Muster aus Braun und Grün, sanftes Grün und Braun, Braun und Grün, dazwischen viel Helles, Braun und Grün. Die Mutter spricht leise, die Luft flieÃt um ihn und in seine Nase, er riecht die Luft, er riecht das Grün und die grüne Luft.
4. Nicht unmöglich
Obwohl sie es seit dem Schrei leichter mit Georg hatte, wachte Birgit H. morgens mit einem Gefühl der Unruhe auf, das ihren Magen zusammendrückte. Sie konnte nicht viel essen, nur winzige Bissen Brötchen mit Marmelade, die sie mit Kaffee aufweichte und mit der Zunge hin und her bewegte. Der süÃliche Brei in ihrem Mund lenkte ihren Blick auf die Gläser mit Babybrei, die sie auf der Anrichte aufgereiht hatte, jeden Tag drei Breimahlzeiten, drei knackende Schraubverschlüsse, dreimal ratterndes Glas im Wasserbad, drei Gerüche nach gesüÃtem Milchreis und weichem Gemüse, dreimal langsames Schmatzen, wenn der Plastiklöffel in das Mus vordrang, dreimal Georgs ernster Gleichmut, geschlossene Lippen.
Es war ja nicht unmöglich, ihn lachen zu sehen, der Mensch unterscheidet sich vom Tier durch das Lachen, hatte Birgit H. einmal gelesen, sie las selten und nun schon gar nicht mehr, wenn sie ins Bett kam, die letzten Windeln aus der Wäsche, die Nachtflasche gerichtet, dann senkte sich ihr Körper so tief in die Matratze, dass sie den Kopf nicht mehr heben konnte. Auch die Hände und die FüÃe konnte sie nicht mehr bewegen, und wenn Rudi H. sich über den Spalt zwischen den Matratzen schob und sich an sie drängte, lag sie regungslos in schmerzhafter Müdigkeit, hielt ganz still, während er sich eine Weile an ihrem Rücken rieb, bis er endlich mit der Hand zwischen ihren Brüsten einschlief. Nun durfte sie sich in den Schlaf rollen, um nach genau vier Stunden aufzutauchen und in einem leichten Dämmern zu verharren, bis Georgs Wimmern sie hochschrecken lieÃ. Sofort war sie ganz wach.
Rudi H. regte sich nicht. Manchmal hörte er das Zirpen, Birgit H.s Handgriffe in der Küche und ein beharrliches Schmatzen, sie sprach nicht mit Georg, während sie ihn fütterte, sie sprach auch tagsüber wenig mit ihm, aber das schien ihn nicht zu stören, und sie störte es auch nicht. Ein einvernehmliches Schweigen herrschte in Rudi H.s Familie, das ihm unerklärlich blieb, er hatte sich Gelächter und Gebrabbel vorgestellt, dieses jauchzende Lachen, das fast wie Schluchzen klang, das wollte er hören. Wenn er nach Hause kam, stellte er den Aktenkoffer an der Garderobe ab und ging gleich zu Georg, zumindest in den ersten Wochen, stellte sich neben das Bettchen und piekste Georg mit dem Zeigefinger in den Bauch.
Na du kleiner Mops. Dabei war Georg so dünn wie ein Spatz.
Ich kann ihn ja nennen, wie ich will, dachte Rudi H., kleines Kerlchen, verbesserte er, der Papa ist da. Die Worte waren ihm fremd und hörten sich fremd an, er hatte nicht die richtige Stimme für dieses Gewisper, aber er lieà sich nicht abhalten, mehrere Wochen lang versuchte er es immer wieder, während Birgit H. in der Küche oder an der Waschmaschine hantierte. Wenn sie dazukam, hörte er sofort auf, aber einmal trat sie ins Zimmer, da kniete Rudi H. vor dem Bettchen, das Gesicht an die Stäbe gepresst, schnurrte und wisperte, und dann sagte er leise, du kleiner HosenscheiÃer, guck mich wenigstens an.
Hör mal, rief Birgit H., was sagst du denn da, er ist erst fünf Wochen alt, er sieht dich noch nicht mal.
Und ob er mich sehen würde, er guckt bloà nicht, sagte
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