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Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
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auf der umgebauten Bank, also reservierten wir ein Stück für ihn.
    Nach einem Moment des schweigenden Kauens, der schon fast heilig war, sagte ich zu Cassandra: »Können wir darüber reden?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Das würde nicht helfen.«
    »Woher weißt du das?«
    »Das tut es niemals.«
    »Weißt du, was meine Großmama May immer gesagt hat?«, fragte ich sie und nahm einen weiteren, köstlichen Bissen.
    »Was?«
    »›Niemals‹ ist ein böses Wort.«
    »Kein Wunder, dass du ständig fluchst«, sagte Cole. Er drehte sich im Sitzen, legte seine jeansbekleideten Beine auf meinen Schoß und ließ den Kopf auf die Armlehne der Couch sinken. Seine Armeejacke öffnete sich und gab den Blick frei auf ein weißes T-Shirt, auf dem realistische rote Spritzer zu sehen waren, ich schätzte, von einer 22er, mit dem Slogan PAINTBALL IST FÜR LUSCHEN. »Du hast offenbar eine sehr verdrehte Vorstellung von der eng- lischen Sprache.«
    Ich kniff ihn so fest ins Knie, dass er aufschrie. »Komm
schon«, sagte ich und winkte Cassandra zu, als wollte ich sie durch eine Baustelle leiten. »Du weißt doch, dass ich es früher oder später aus dir rauskitzeln werde, also kannst du es auch gleich ausspucken.«
    Sie seufzte und ließ die Schultern hängen, als sie sich meiner gut entwickelten Hartnäckigkeit ergab. Sie streck- te die Hände auf den Oberschenkeln aus, sodass all ihre zwölf Ringe zu sehen waren, und begann an ihrem Rock herumzupulen, während sie sprach: »Ich hatte eine Vi- sion.« Sie schluckte. »Von meinem Tod.«
    Wow. Wie auch immer man es betrachtet, das ist Bockmist.
    »Treffen, na ja …«, Cole richtete sich auf die Ellbogen auf, »… deine Visionen denn immer ein?«
    »Fast immer.«
    »Was hast du gesehen?«, fragte ich.
    Cassandra ging dazu über, an ihrem roten Nagellack herumzukratzen. »Ich war in unserem Showzelt, allein mit dem Drachen.«
    »Mit Lung?«, hakte ich nach.
    Ihr Achselzucken sagte: ist egal . »Ich hatte ihm gerade aus der Hand gelesen, und das hat ihn in rasende Wut versetzt. Er …« Sie schüttelte den Kopf und versuchte die Vision abzuschütteln, doch es gelang ihr nicht. »Ich konn- te spüren, wie sein Feueratem meine Haut verbrannte.« Tränen quollen aus ihren Augen. Das Kissen wanderte wieder vor ihr Gesicht, sodass das Folgende nur gedämpft hervordrang: »Ich spüre es immer noch.«
    Mann, Jaz, das musst du wieder einrenken. Und zwar sofort! Die arme Cassandra war kurz davor, den Verstand zu verlieren. Ohne nachzudenken, sagte ich: »Das wird nicht passieren.«
    »W-was?«

    »Ganz einfach, ich werde es nicht zulassen. Ich werde nicht zulassen, dass Lung dich tötet.«
    »Und wie willst du das verhindern?«, schrie sie.
    Sie musste das fragen. Ich beschloss, es langsam anzuge- hen. Wenn ich es ganz logisch darlegte, würde es vielleicht einen Sinn ergeben; für uns beide. »Na ja … zunächst einmal werde ich zwei Dinge im Hinterkopf behalten: Erstens, deine Visionen liegen manchmal daneben. Und zweitens, sollte er versuchen, dich zu töten, wird ihn eine böse Überraschung erwarten. Denn da ich jetzt gewarnt bin, werde ich vorbereitet sein.« Na bitte.
    Die Tränen flossen wieder. Wenig später heulte Cassan- dra wie ein Schlosshund. Cole und ich tauschten einen beunruhigten Blick. »Tut mir leid«, sagte ich dann. »Hast du mich vielleicht nicht verstanden? Ich werde nicht zu- lassen, dass er dich tötet.«
    Cole stöberte eine Box mit Taschentüchern auf, setzte sich neben Cassandra und drückte sie ihr in die aufgeregt wedelnden Hände. Nach einer Weile beruhigte sie sich etwas, putzte sich ein paar Mal die Nase und wischte sich die Tränen ab. »Es tut mir leid. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass ihr mir glauben würdet.«
    »Warum nicht?«
    »Viele Leute tun es nicht. Vayl, zum Beispiel …« Sie unterbrach sich, da ihr offenbar bewusst wurde, dass er wahrscheinlich nicht wollte, dass sie es uns erzählte. Ob- wohl ich mich damit bereits in die Nesseln gesetzt hatte, machte ich mir einen mentalen Vermerk, dass ich ihn noch einmal auf das Thema Söhne ansprechen sollte. Er muss- te sie ziemlich bedrängt haben, ihren momentanen Auf- enthaltsort für ihn herauszufinden, so als wäre sie ein menschliches GPS-System. Und anstatt ihm zu sagen, dass er sich nicht so reinsteigern sollte, hatte sie diese Sor-
ge zusätzlich zu ihrem momentanen Stress geschluckt, mit dem Ergebnis, dass sie nun die Firma Kleenex bis ins nächste Jahrhundert über Wasser halten

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