Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Man lebt nur ewig

Titel: Man lebt nur ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin Charlotte Lungstrass
Vom Netzwerk:
belustigtem Vorwurf im Blick. »Eigentlich, seit ich dich kennengelernt habe.«
    »Was soll ich sagen? Ich kann eben gut mit Menschen. Und, wo steckt jetzt dieser Freund von dir?«
    »In einem Straßencafé namens Sustenance . Wir müssen ein Taxi nehmen.« Obwohl ich da lieber in meiner Cor- vette aufgekreuzt wäre, würde ich mich mit jeder Trans- portmethode zufriedengeben, solange sie nicht die Mo- peds ins Spiel brachte.
    Wir legten die zwanzig Blocks vom Festivalgelände in einem Taxi zurück, das aussah, als hätte es in einem Wrest- lingkampf die Hauptrolle gespielt. Was nicht verbeult war, war zerrissen, und was nicht kaputt war, war fleckig.
    »Ist das Blut?«, flüsterte Cassandra und zeigte auf einen Fleck am Boden, direkt neben ihren Füßen.
    »Entweder das, oder Fruchtwasser«, scherzte ich.
    Sie sah mich entsetzt an. »Bitte sag mir, dass in diesem Wagen keine Geburt stattgefunden hat.«
    »Warum nicht? Die Sitze sind immer noch gut gefedert,
und wenn eine Wehe kommt, muss man sich nur an die- sem schleimigen Gurt da festhalten.« Ich tat so, als wollte ich meine Hand hindurchschieben. Cassandra stieß einen kurzen Schrei aus und packte mein Handgelenk. Verdammt!
    »Wage es ja nicht, diesen abwesenden Blick zu bekom- men!«, fauchte ich. Zu spät, durch die kurze Berührung hatte sie bereits eine Vision erhalten.
    »Du musst Bergman und mich bei deiner nächsten Mis- sion mitnehmen«, flüsterte sie.
    »Was?«
    »Darüber werden wir uns später streiten.«
    »Ist da hinten alles in Ordnung?«, fragte der Fahrer, dessen Akzent verriet, dass seine Eltern von der südlichen Seite der Grenze stammten.
    »Alles klar, danke«, antwortete ich. »Meine Freundin ist nur ein wenig bazillophobisch.« Okay, vielleicht wollte ich mich für die Berührung und ihre Folgen rächen, als ich ihr riet: »Beachte auch das Heckfenster, ich glaube, diese Schmiere ist Erbrochenes.«
    Cassandra zuckte zusammen. »Wusstest du, dass ich mal ein Jahr lang bei einem reichen Mann die Ställe ausgemistet habe, und da hatte ich nie das Gefühl, dass die Bakterien wie hirnlose kleine Insekten in meine Kleidung kriechen? Das liegt nicht an mir, sondern an diesem Wagen !«
    »Brauchst du eine Dusche?«
    »Ja!«
    »Dumm gelaufen, wir sind da.« Sie sprang aus dem Taxi, und während ich den Fahrer bezahlte, rannte sie in das Café und erfragte den Weg zur Toilette. Schon lustig, wie eine gute Portion Ekel einen von beängstigenden Träu- men und Visionen ablenken kann. Mir ging es jedenfalls besser.

    Ich musterte die Tische vor dem Sustenance , alle rund mit vier Stühlen und großen, gelben Sonnenschirmen in der Mitte. Auf den schwarzen Metallstühlen lagen gelb- weiß gestreifte Kissen. Im Moment waren nur zwei Ti- sche besetzt. Zwei Mütter mit Kleinkindern im Kinder- wagen saßen bei einer Tasse Kaffee zusammen, während ihre Sprösslinge schliefen. Am anderen Ende der schma- len Veranda saß ein Mann, der einen dazu bringen konnte, an Aliens zu glauben, wenn man in diese Richtung ten- dierte.
    Sein dickes weißes Haar stand vom Kopf ab, als hätte er gerade eine Viertelstunde kopfüber an einem Trapez ge- hangen. Das Blau seiner Augen war so hell, dass es fast silbrig wirkte. Die Haut, die zwischen den buschigen Au- genbrauen und dem langen Vollbart zu sehen war, wurde von tiefen Falten durchzogen. Er trug ein romantisch an- mutendes Hemd mit weiten Ärmeln und V-Ausschnitt, der von einem Lederband zusammengehalten wurde. Sei- ne Cordhose war dunkelbraun und passte gut zu den fein gearbeiteten Cowboystiefeln.
    »Ihre Stiefel gefallen mir«, sagte ich, als ich auf ihn zu- ging. In seinem linken Ohr bemerkte ich einen Diamant- stecker.
    »Vielen Dank. Die habe ich in Reno extra anfertigen lassen. Ich bin dort auf einen Laden namens Frierman’s gestoßen, den ich jedem Mann in ihrem Leben nur wärms- tens empfehlen kann.« Sein weicher Südstaatenakzent lud dazu ein, sich wohlzufühlen und eine Pause einzulegen, wenn einem danach war.
    Ich steckte die Hände in die Hosentaschen, vor allem, weil es nur höflich gewesen wäre, ihm die Hand zu schüt- teln. Höflich und dumm.
    Mit einer Geste bedeutete er mir, mich zu ihm zu set-
zen. Ich ließ mich auf dem Stuhl ihm gegenüber nieder, wobei ich kurz überlegte, wo ich den Namen Frierman’s schon einmal gehört hatte. Doch jetzt war nicht der rich- tige Moment für Grübeleien. Der alte Mann sah mich er- wartungsvoll an.
    »Cassandra wird gleich wieder draußen sein. Sie hat eine sehr

Weitere Kostenlose Bücher