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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Lauterbach
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Beispielen über gesellschaftliche Fragen auszutauschen. Da werden natürlich auch Themen verhandelt, die im Grunde alle interessieren: Macht mehr Geld glücklich? Haben schöne Frauen die besseren Partner? Die Promis zeigen auch die Schattenseiten des Erfolgs, sie halten den Leuten den Spiegel vor. Sie dienen daher als soziale Beruhigung, dass es einem eben auch nicht viel besser ergeht, wenn man viel Geld, Sex und schöne Frauen und Männer hat. Sondern dass dann Gefahren wie Drogen- und Alkoholsucht lauern. Mancher wird sich nach dem Blättern in den bunten Gazetten entspannt zurücklehnen und denken: Vielleicht sollte man lieber auf dem Teppich bleiben. Ich will mal besser gründlich meinen Vorgarten harken und Gott einen guten Mann sein lassen. Deshalb zerreißen sich die Leute auch so gerne das Maul über berühmte Schauspieler und Rockstars, die sich gerade trennen oder in einer Entzugsklinik gelandet sind. Diese Skandalgeschichten sind Balsam für die Seele der Zukurzgekommenen. So gesehen frage ich mich gerade, wie viele Menschen ich mit meinen Abstürzen schon glücklich gemacht habe.
    Wenn ich mich früher mit einem bis dahin unbekannten Menschen verabredete und wir lernten uns dann kennen, passierte meistens Folgendes: Wir treffen uns, sagen wir, in einem Café. Ich sitze da und warte auf ihn. Ich bin wie immer eine Viertelstunde zu früh. Dann kommt die Person zu mir. Sie weiß ja in der Regel, wie ich aussehe, und stellt sich vor.
    »Hallo, Herr Lauterbach. Schön Sie kennenzulernen. Bevor ich’s vergesse – ich soll Sie ganz lieb von Peter grüßen.« Ich vermeide dann, diese Person darauf hinzuweisen, dass ich drei enge Freunde habe, die Peter heißen, zudem acht gute Bekannte und schätzungsweise hundert Peter, die zu meinem erweiterten Bekanntenkreis zählen. Man will ja nicht gleich am Anfang unhöflich sein. Deswegen frage ich, als wäre fast klar, um welchen Peter es sich hier handelt, als wollte ich nur noch mal ganz sichergehen: »Peter …?« Ich unterstreiche dieses »Peter …?« mit einem fragenden Gesicht um mir das »wer« zu ersparen.
    »Na, Peter Brandoschinsky«, sagt die Person und erwartet offenbar, dass es nun klick gemacht hat. Nun ändere ich die Taktik und tue so, als ob ich mehrere Peter Brandoschinskys kenne (auch wenn das bei diesem Nachnamen eher unwahrscheinlich scheint):
    »Entschuldigen Sie«, sage ich dann, »mein Groschen ist heute nicht gerade als Sturzbomber unterwegs.« Ich lächele immer noch.
    »Ich weiß im Moment nicht«, sage ich vage: »Könnten sie mir vielleicht auf die Sprünge helfen?«
    »Na, Peter Brandoschinsky, Sie müssen sich doch an ihn erinnern. Sie sind jahrelang mit ihm um die Häuser gezogen!«
    »Bin ich das?«
    »Na klar. Der hat schon die verrücktesten Geschichten über Sie erzählt.«
    »Aha. Und wo war das? Ich meine – wo sind wir rumgezogen?«
    »Na, durch alle Kneipen nördlich des Rio Peccos!« Jetzt lacht die Person sehr vielsagend.
    »Es tut mir leid, aber im Moment weiß ich wirklich nicht …«
    »Das gibt’s doch gar nicht. Peter, oder vielleicht kennen sie ihn unter Pit?« Ich nicke verneinend.
    »Pitter?« Wieder mein verneinendes Nicken.
    »Der dicke Pitter?« Ich nicke jetzt so entschuldigend ich kann.
    »Komisch«, meint die Person enttäuscht und wir wenden uns den Dingen zu, für die wir uns getroffen haben.
    Früher hat es sich immer so oder ähnlich abgespielt. Heute kürze ich den Dialog ein wenig ab:
    Die Person kommt an meinen Tisch und stellt sich vor.
    »Herr Lauterbach, schön sie kennenzulernen. Bevor ich’s vergesse – ich soll sie ganz lieb von Peter grüßen.«
    »Danke«, sage ich dann, »grüßen Sie ihn zurück!« und bestelle mir einen Kamillentee.
    Ich werde ständig von jemandem gegrüßt. Ich meine von Leuten, die ich gar nicht kenne. Passiert mir fast täglich. Es scheint bundesweit ein wahnsinnig großes Bedürfnis zu geben, mir Grüße auszurichten. Was ja irgendwie belegt, dass ich zu so etwas wie einem allgemeinverfügbaren Weltbekanntennetzwerk gehöre und die Leute wirklich das Gefühl haben, mich zumindest über ein, zwei Ecken persönlich zu kennen. Ob ich nun irgendeinen neuen Regisseur treffe oder in der Maske geschminkt werde – ich kann darauf wetten, dass über kurz oder lang der Spruch kommt: »Ah, ich soll dich übrigens von Meyer/Müller/Schmidt grüßen.« Meistens haben diese Geschichten irgendwas mit Alkohol zu tun. Ich weiß auch nicht, warum das gerade bei mir so ist. Speziell

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