Man lebt nur zweimal
nach zeitgemäßen Weg einschlagen und mit den Medien leben, so wie ich es tue, wenn auch eher recht als schlecht. Ich schreibe dieses Buch auch, weil es mir lieber ist, meine Meinung selber zu formulieren, als permanent falsch oder nur halb richtig zitiert zu werden. Oft antworte ich auf die Frage eines Journalisten heute: »Lesen Sie die betreffende Stelle in meiner Biografie, dann wissen sie das. Präziser kann ich mich zu diesem Thema nicht ausdrücken.«
Der Journalist Thomas Assheuer fragt sich in der Zeit , warum die Stars von den Medien heute fast am Fließband produziert werden. »Warum investiert eine Gesellschaft so viel Fantasie und Mühewaltung in die Serienproduktion von Berühmtheit? Woher kommt die aberwitzige Erzeugung von Stars und Sternchen?« Er glaubt, das Starwesen sei an die Stelle des Religiösen getreten. Stars sind auch die einzige Möglichkeit etwa für Politiker, sich mit der Aura des Heiligen zu krönen, so wie früher Könige und Kaiser ihre Rolle damit rechtfertigten, dass sie sich als von Gottes Gnaden gesandt ausgaben. Und so schmückt sich etwa der ehemalige französische Staatspräsident Nicholas Sarkozy mit dem »Engel« Carla Bruni, um seinen eigenen Wert zu steigern. Wobei ich gar nicht ausschließen möchte, dass er sie aufrichtig liebt. Aber die Frage ist doch: Hätte sie sich auch in ihn verliebt, wenn er der Bäckergeselle von nebenan gewesen wäre? Ich würde mal so sagen: Vielleicht hätte sie sich in ihn verliebt, wenn sie ihn näher kennengelernt hätte. Aber da ist das Problem. Ich glaube nicht, dass das passiert wäre.
Der Starkult hilft auch, Maßstäbe zu verschieben, zum Beispiel, was die absurden Spitzengehälter einiger Manager, Fußballer oder Rockstars betrifft. Auf die Frage, womit Porsche-Chef Wendelin Wiedeking ein Jahresgehalt von 56 Millionen Euro verdiene, entgegnete er: »Seit wann wird denn ein Vorstand nach Stunden bezahlt? Auch bei einer Julia Roberts wird es niemandem einfallen, den Stundenlohn auszurechnen.« Der Vergleich sollte wohl klarmachen: Bei dieser Qualität von Stars kann man eben nicht mehr allein mit der Leistungsgerechtigkeit argumentieren, eigentlich ja das Prinzip, mit dem in Deutschland sonst immer alles gerechtfertigt wird. Für einen Star müssen andere Maßstäbe gelten.
Für den Soziologen Niklas Luhmann dienen Stars auch als nützliche Helfer, die das Unsichtbare moderner Gesellschaften, ihre Funktionsweise, ins Bild setzen und anschaulich »verkörpern«. Demnach macht Dieter Bohlens Castingshow Deutschland sucht den Superstar das Konkurrenzprinzip sichtbar, während der Managerstar Josef Ackermann den abstrakten Börsenkapitalismus personifiziert. Und Ökostar Al Gore verleiht dem Kampf gegen die Klimakatastrophe ein Gesicht.
Assheuer glaubt außerdem, dass sich unser Verhältnis zur Zeitgenossenschaft, zu Gegenwart und Zukunft, geändert habe. Dass heute nur mehr der Moment gelte, unser Verständnis von historischer Zeit habe sich fundamental gewandelt.
Starkult und Eventindustrie sind daher auch als eine Antwort auf das Ende der Utopien zu verstehen. »Sie bilden ein ideales Zwillingspaar, um den Bilderbedarf der Gegenwart zu befriedigen, die unersättliche Sehnsucht nach Sinn, nach intensiven Bildern und Erlebnissen.«
Das klingt etwas hochtrabend. Damit will er vermutlich sagen, dass Stars dazu da sind, die Zeit, die vielen heute sinnlos und unsortiert erscheint, besser zu gestalten und wieder Gemeinschaftserlebnisse zu schaffen. Sie liefern mit den Klatschgeschichten der Boulevardpresse Mini-Drehbücher, deren Geschichten wir dann in eigener Regie ins Leben umsetzen.
KLASSENBEWUSSTSEIN
Klar, in jedem Milieu gibt es so etwas wie ein Klassenbewusstsein, die Prominenten sind nicht frei davon. So wie es eine erste und zweite Klasse im Zug gibt und Neureiche und alteingesessene Reiche, lassen sich auch die Promis in A, B, und C unterteilen, und die eine Gruppe schaut jeweils ein bisschen herunter auf die andere.
Das sind vielleicht auch eher so unausgesprochene Gesetze. Aber ein A-Promi muss schon darauf achten, welche Signale er nach außen setzt.
Grundsätzlich bin ich als Mensch ganz frei von Dünkel. Ich setze mich zu den Beleuchtern an den Tisch, wenn wir drehen und rede unheimlich gerne mit Bauarbeitern und mit den sogenannten einfachen Leuten. Aber wenn man in eine Sendung eingeladen wird, in eine Talkshow zum Beispiel, und da hocken sonst nur Leute auf dem Sofa, die man aus dem Dschungelcamp kennt, irgendwelche
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