Man lebt nur zweimal
wenn man die nachvollziehen kann, ist man auch in der Lage, das Handeln eines einzelnen Politikers zu beurteilen. Und dazu sehe ich mich leider außerstande. Deswegen bin ich vorsichtig mit Verurteilungen von Politikern, auch wenn ich instinktiv eine natürliche Distanz zu ihnen empfinde.
Ich rede sowieso in der Öffentlichkeit nicht gerne über Dritte. Dieses Getratsche nervt mich schon im kleineren Kreis: »Du, die Gabi hat dem Karl gesagt, dass sie den Freund von Beate für bescheuert hält.« Wenn es dann sogar im Fernsehen stattfindet, finde ich es nur noch ekelhaft. Wenn mir von einem Society-Experten ein Mikrofon unter die Nase gehalten wird und ich zu jemand befragt werde, gibt es bei mir nur zwei Worte als Antwort: »Kein Kommentar.« Das Gleiche gilt, wenn ich angerufen werde. Ich finde, das gehörte mal an den Pranger. Während über Mülltrennung, die Erbschaftssteuer und die Beschneidung monatelang debattiert wird, werden solche Fragen ja nie öffentlich verhandelt. Es gibt keine Schlagzeile mit dem Titel: »Die Deutschen beschließen, ab 2014 das Lästern abzuschaffen.« Zumal die Hälfte der Zeitungen dann mit leeren Seiten an die Kioske gehen müsste.
Es kommt leider auch immer wieder vor, dass die Journalisten einfach trotzdem etwas schreiben, was man so nie gesagt hat. Und plötzlich stehe dann ich als Lästermaul mit einem Kommentar über Til Schweigers Scheidung in der Klatschpresse. Tja, was macht man in so einem Fall? Ich weiß nicht so genau, ob die Reporter eigentlich ein Zitat, dass sie einem in den Mund geschoben haben, wenn es hart auf hart kommt mit einer Bandaufnahme belegen müssten. Ich bin noch nie gerichtlich dagegen vorgegangen, selbst wenn die noch so unverschämte Dinge fabuliert haben. Stattdessen gebe ich dann dem Kollegen nie wieder ein Interview. (Sofern ich ihn zuordnen kann.) Wenn das alle so machten, müsste sich das Problem irgendwann von selbst erledigen. Aber das ist wohl nur ein schöner Traum.
Ich habe einmal den »Osgar« bekommen, das ist ein Preis, den die Bild -Zeitung verleiht an »Menschen, die sich mit ihrem Wirken und Schaffen um Frieden, Freiheit und die Einheit Deutschlands und Europas verdient machen«. Neben mir wurden in dem gleichen Jahr unter anderem auch Helmut Kohl, Michail Gorbatschow, Franziska von Almsick, Heinrich von Pierer und Wolfgang Joop ausgezeichnet. Ich habe zu diesem Anlass in Leipzig eine kleine Ansprache gehalten und mein zwiespältiges Verhältnis zu diesem Medium offen ausgesprochen. Zuerst habe ich mit Ärger gerechnet, zumindest ein wenig Widerspruch der Redakteure. Aber anscheinend wurde das gar nicht anders von mir erwartet. Ich habe allerdings von der anderen Seite genauso gesprochen. Davon, dass wir Schauspieler auch liebend gern von den Medien Gebrauch machen, um unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Es hat eben alles zwei Seiten.
Einen kleinen Eklat löste hingegen der Moderator Jörg Pilawa aus, der die Aufgabe hatte, meine Laudatorin Sandra Speichert anzukündigen. Ich hatte mit Sandra ein paar Jahre zuvor die Universitätskomödie Der Campus gedreht, und Pilawa sprach nun davon, sie sei in dem Film »nicht nur neben Heiner Lauterbach, sondern auch drunter und drüber zu sehen«. Diese zotige Anmoderation gefiel meiner Kollegin offenbar so wenig, dass sie sich zunächst weigerte, auf die Bühne zu kommen. Pilawa musste sich dann in aller Form entschuldigen. Am Ende ließ sie sich umstimmen. Mich hat aber schon erstaunt, wie empfindlich Sandra da reagiert hat. Man ist ja für das Verhalten seiner Rolle in einem Film nicht verantwortlich. Dementsprechend könnte ich so einen Spruch auch nie persönlich nehmen. Und ich meine: Es ist ja wohl keine Schande, mit einem Universitätsprofessor Sex zu haben.
Zum Glück werden solche Sendungen vorher aufgezeichnet. Bei der Fernsehübertragung hat man die Szene dann einfach herausgeschnitten.
Letztlich denke ich: Man muss mit der Bild -Zeitung leben, die guten Seiten mitnehmen und die schlechten hinnehmen. Ich versuche ständig, mich da um mehr Pragmatismus zu bemühen, auch wenn mir das selten gelingt. Mir hilft es, dass ich mir immer wieder vergegenwärtige: Die Journalisten tun ja auch nur ihren Job. Eigentlich sollten sie mir leidtun. Sie werden zwar ganz gut bezahlt, zumindest die Kollegen bei der Bunten oder der Bild -Zeitung. Ich möchte trotzdem nicht so gern mit ihnen tauschen. Jeden Morgen aufstehen mit dem Gedanken: So, jetzt kann ich wieder zehn Stunden lang
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