Man lebt nur zweimal
früher handelt, stehen allerdings die Chancen nicht schlecht, dass er Frauen vermietet, Geld eintreibt oder einen Sadomaso-Club führt. Dann sage ich wahrheitsgemäß: »Geschäftsmann.« Viktoria weiß Bescheid und wir wechseln das Gesprächsthema. Falls sie doch mal nachbohrt, sage ich ganz cool: »Womit ein Mann seinen Lebensunterhalt verdient, geht mich nichts an.« Hab ich von Marlon Brando, aus Der Pate ( The Godfather ).
DIE EHE
Ich glaube nicht an die Monogamie. Auch wenn wir kleine Minderheit im christlichen Abendland das nicht so gerne wahrhaben wollen – Treue und Ehe, aber auch Liebe und Romantik sind ja eher eine Erfindung jüngerer Zeit. Und es ist alles andere als gesichert, dass uns die Monogamie in die menschliche Natur gepflanzt ist. Im Gegenteil.
Zum einen belegen alle Umfragen, dass es kaum Menschen gibt, die ihren Partner nicht schon einmal betrogen haben. Und unter denen, die das nicht getan haben, ist der Anteil derer sehr groß, die zugeben, sie täten es, wenn sich nur endlich mal eine Gelegenheit dazu böte.
Und blickt man einmal zurück, dann ist die monogame Gesellschaftsstruktur sowieso nur ein winziges Stückchen auf dem Zeitstrahl der Menschheitsgeschichte. In dem Buch Sex at Dawn berichten die Evolutionspsychologen Christopher Ryan und Cacilda Jethá von Untersuchungen des Schweizerischen Nationalfonds, wonach die Menschen als Jäger und Sammler in freier Güterteilung miteinander gelebt haben. Sex, Rückenmassagen, die erlegten Büffel und das gepflückte Obst – alles wurde gleichermaßen unter den Mitgliedern der Gruppe geteilt. Männer und Frauen waren gleichberechtigt.
Erst als die Menschen sesshaft wurden, Grundbesitz erwarben und auf ihr künftiges Erbe spekulierten, wurde so etwas wie eine strikte Familienstruktur eingeführt.
Die Kirche gab der ehemals munter umherstreifenden Hippie-Kommune der Jäger und Sammler dann vollends den Rest. Seitdem fühlten sich die Menschen nicht nur verpflichtet, erst zu heiraten und dann Kinder zu zeugen. Die Kirche hat ihnen die Lust aufeinander zeitweise auch ganz schön ausgetrieben.
Viele Völker haben hingegen der Vielehe den Vorzug gegeben oder tun es auch heute noch. Wobei schon immer das Geschlecht die größere Wahlmöglichkeit hatte, das mehr zum täglichen Broterwerb beitrug. Oft war das der Mann. Den umgekehrten Fall gab es allerdings genauso: Frauen, die mächtig waren, und sich mehrere junge Männer hielten. Geld und Liebe hingen eben schon immer eng zusammen. Daher bleibt mein Leitspruch ewig jung. Wer Glück im Spiel hat, hat auch Geld für die Liebe.
DIE GNADE DES BLINDWERDENS
Ich glaube also, dass eine lebenslange Monogamie, die wirklich von Herzen kommt, die absolute Ausnahme ist. Und von der Lust getrieben ist sie schon gar nicht. Wenn es einzig danach ginge, worauf ich als Mann am meisten Lust hätte, dann wäre ohnehin eine neue Frau stets die deutlich Reizvollere. So wie auf jedem Produkt im Supermarkt ein Aufkleber prangt mit einem »Neu!« und um Kunden wirbt, so funktioniert im Grunde auch die Partnerwahl. Diesem Reiz bin ich selbst lang genug erlegen. Da nützt es wenig, wenn man den bescheuerten Mechanismus dahinter längst durchschaut hat. Es ist ja seltsam: Vergleicht man zwei Frauen miteinander – die eine kennt man schon länger, mit der hat man schon seit drei Jahren Sex, und die andere hat man erst am Abend kennengelernt –, dann ist sexuell die Neue grundsätzlich interessanter. Selbst wenn man sich objektiv sozusagen herunterschläft, eine super Frau stehen lässt für eine hässlichere, langweiligere – trotzdem nimmt man lieber die, die gerade frisch auf dem Markt ist. Warum das so ist – ich weiß es auch nicht.
Vielleicht fällt uns die Monogamie heute noch schwerer, weil die Menschen viel älter werden als früher. Zehn Jahre mit dem gleichen Partner sind ja noch recht schmerzfrei zu gestalten. Wenn man nebenbei noch Weizen mit der Hand säen, die Höhle fegen und Säbelzahntiger jagen muss, um mit 35 schon an Altersschwäche zu versterben, dann ist man bereits gut ausgelastet, da reicht die eine Gespielin locker fürs ganze Leben.
Außerdem hatten die meisten Menschen früher schon nach zehn Jahren Ehe so schlechte Augen, dass sie die ganzen Runzeln und Fettpölsterchen des anderen gar nicht erst bemerkten. Die Gnade des Blindwerdens sozusagen – schlicht unmöglich gemacht im Zeitalter von Brille und Kontaktlinse. Vielleicht müsste man heute so etwas wie eine Partnerbrille
Weitere Kostenlose Bücher