Man lebt nur zweimal
seinen bescheuerten Fußball. (Schon wieder Fußball.) Natürlich ist es auch ganz schmeichelnd, wenn die Mädchen am roten Teppich kreischen, sobald man an ihnen vorbeigeht. Sollte ich eine Kurve meines persönlichen Kreischometers widergeben, würde ich behaupten – die besten Zeiten waren zwischen dreißig und fünfundvierzig Jahren. Da gab es die spitzesten Schreie des Entzückens, was dann etwas nachlässt, wenn man älter wird. Irgendwann wird man sich begeistert den finnischen Fotomodels am Rande des roten Teppichs zuwenden, um großzügig ein paar Autogramme und lockere Sprüche zu verteilen – um dann festzustellen, dass man gar nicht gemeint war mit den Lockrufen. Die gierigen Blicke richteten sich nämlich auf den Jungschauspieler direkt hinter einem, den man noch nie im Leben gesehen hat.
ÄLTER WERDEN
Ich musste mal über eine Bemerkung meines Freundes Howard Carpendale schmunzeln. Der hat in einem Interview beschrieben, wie sich die Geschenke verändert haben, die ihm die Damenwelt im Lauf der Jahre so hat zukommen lassen. Gerade Männer wie Carpendale, die auf der Bühne Schmachtfetzen über Herz und Schmerz zum Besten geben, wecken natürlich die eine oder andere Liebesfantasie bei den Fans. Und so fliegen ihm während der Konzerte aus dem Zuschauerraum viele rote Rosen und Kuscheltiere entgegen. So sagte er, dass die Größe der Schlüpfer, die bei ihm da oben landen, mit den Jahren beträchtlich zugenommen habe. Das ist dann der Maßstab, an dem er ablesen konnte, dass er wohl älter geworden ist.
Wir Männer schauen uns durch das Rasieren ja jeden Tag zwangsläufig ein wenig länger ins Gesicht. Da schweift man dann schon mal ab, lässt den Blick ein wenig wandern, und ist manchmal nicht erbaut. Es ist jetzt nicht so, dass ich jede neue Falte zähle oder den verbliebenen Haaren Namen gebe. Aber Falten werden auch nicht gerade bejubelt und willkommen geheißen.
Dieser Alterungsprozess, der ist schon brutal. Gerade in dieser Langsamkeit liegt auch irgendwo die Brutalität. Dieses stetige, unaufhaltsame, erbarmungslose Ticken der Zeit. Dabei wird nichts besser. Alles nur älter. Abgenutzter. Verbrauchter. Wenn man weiß, dass mit 27 die Zellen im Körper schon anfangen, sich zurückzubilden, ist das alles andere als eine rosarote Aussicht. Da degeneriere ich nun also schon seit über dreißig Jahren. Was soll’s – zum siebzigsten Geburtstag lass ich mir den Geschenketisch in der Apotheke aufbauen.
Im Jahr 2011 habe ich den Hessischen Filmpreis bekommen, einen undotierten Ehrenpreis, den ich vom hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier entgegennehmen durfte. »Ehrenpreis«, dachte ich mir, »Was ist das jetzt? Hört sich ja fast so an wie ein Preis fürs Lebenswerk. Geht das etwa in die Richtung?« Schon vor Bouffiers Rede munkelte man, dass seine Frau – offensichtlich ein bekennender Fan von mir – bei dieser Entscheidung das letzte Wort gesprochen habe. Als er dann öffentlich danach gefragt wurde, sagte er überraschend offen: »Sie haben es auf den Punkt gebracht.«
Natürlich lobte er dann trotzdem brav meine Qualitäten als Schauspieler und behauptete, meine Karriere schon seit der Rolle im Film Männer genauestens verfolgt zu haben. Ich habe ihm beim abschließenden Dinner lieber keine Kontrollfragen dazu gestellt. Es stellte sich heraus, dass das mit meinem Lebenswerk auch nichts zu tun hat. »So alt sind sie ja noch nicht«, lächelte mich der hessische Ministerpräsident an. Er ist übrigens ein sehr netter Mann. Auch wenn mir seine Frau noch eine Spur besser gefällt.
Männer -Regisseurin Doris Dörrie, mit der Aufgabe betraut, die Laudatio auf mich zu halten, sprach dann gleich mehrfach davon, dass ich nur so harmlos aussähe und in Wirklichkeit ein wildes Tier sei. Nun gut, ich komme mir in letzter Zeit zwar oft eher vor wie ein fußlahmes Schoßhündchen, aber wenn es die Frauen glücklich macht, dann knurre ich eben hin und wieder.
EIN MANN IST SO TREU WIE SEINE GELEGENHEITEN
Ich glaube an die Ehe und Treue und ich werde das jetzt bis an mein Lebensende so durchziehen. Woher ich das so sicher weiß? Warum ich glaube, dass ich nie wieder schwach werden könnte?
Nehmen wir einmal an, dass ich in Berlin bin und mich ein wenig allein fühle. Ich sitze da nach einem Dreh in meiner Lieblingssuite im Four Seasons, der Kamin knistert, ich genieße die Tante-Frieda-Gemütlichkeit der antiken Möbel aus der Biedermeierzeit, und der Starnberger See ist weiter weg als der
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