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Man nehme: dich und mich

Man nehme: dich und mich

Titel: Man nehme: dich und mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Bird
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aller Kraft und trat sie wiederholt vors Schienbein, bevor sie sich endlich etwas beruhigte und leise zu weinen begann.
    “Ich verspreche, mich zu bessern”, schluchzte sie. “Ich will nur nicht weg von hier. Bitte, schick mich nicht weg. Ich kenne mich ja schon hier nicht mehr aus. Was soll mit mir werden, wenn ich in der Fremde bin?”
    Auch Frankie traten Tränen in die Augen, als sie ihre Großmutter fest im Arm hielt. “Ich verspreche es dir. Ich verspreche dir, dass du nie von hier fortgehen musst. Mach dir keine Sorgen, ja?”
    Grand-Em bemühte sich um Fassung, doch ihr Atem kam in schnellen, rasselnden Stößen.
    “Komm, setzen wir uns hin”, schlug Frankie vor. Sie half ihrer Großmutter aufs Bett und fragte sich, wo Joy bloß steckte. Ihre Schwester hatte einen geradezu wundersam beruhigenden Einfluss auf Grand-Em. Wenn Joy sie hier überrascht hätte, wäre die Situation wahrscheinlich nicht so eskaliert.
    Frankie kniete sich vors Bett und betrachtete Grand-Em besorgt. Vielleicht kam die Atemnot nur von der Aufregung – aber was, wenn es was Ernstes war?
    “Bekommst du genug Luft? Tut dein Kopf weh?”
    Doch Grand-Em sah sie nur müde an, und eine einzelne Träne rann ihr die Wange hinab.
    “Schsch.” Zärtlich streichelte Frankie ihr weißes Haar. “Lass uns einfach einen Moment ausruhen.”
    Als das Zittern etwas nachließ, suchte Frankie den Blick ihrer Großmutter. “Geht es dir besser?”
    Grand-Em blinzelte verwirrt, streckte dann die Hand aus und berührte Frankies Gesicht. “Ich kenne dich. Du bist Frances. Meine Enkelin.”
    Bewegt drückte Frankie die Hand der alten Dame an ihre Wange. “Ja. Ja, ich bin Frances.”
    Diese Lichtblicke der geistigen Klarheit dauerten nie lange und kamen immer seltener vor. Es war über ein Jahr her, dass Grand-Em jemanden erkannt hatte, Joy eingeschlossen.
    “Grand-Em, hör mir zu”, sagte Frankie hastig. “Wir werden dich nicht fortschicken. Niemals. Wir lieben dich. Du bist in Sicherheit.” Sie hoffte, dass die eindringlichen Worte hängen blieben. “Hier ist dein Zuhause. Wir werden dich niemals in ein Heim geben.”
    Traurig schaute Grand-Em sie an. “Aber das solltet ihr natürlich. Irgendwann wird es sich nicht mehr vermeiden lassen, und dann darfst du dir keine Vorwürfe machen. Ich erinnere mich manchmal daran, wer ich mal war, und das zeigt mir, wie wenig von mir übrig ist.”
    Frankie griff nach dem Telefon auf dem Nachttisch, ohne den Blickkontakt mit ihrer Großmutter abzubrechen, und drückte die Taste, die sie mit Joys Zimmer verband.
    “Joy, komm schnell. Ich bin im Lincoln-Zimmer.”
    “Joy ist auch hier? Wie schön.” Verwundert sah Grand-Em sich im Zimmer um und entdeckte das Loch. “Was ist das? Wer hat das … ach, das war ich, nicht wahr? Ich habe meinen Ring gesucht. Weil bald jemand heiraten wird.”
    Ihr Blick begann sich wieder zu verschleiern, und Frankie legte die Hände um ihr Gesicht. “Grand-Em, schau mich an. Bleib hier. Geh noch nicht wieder, hörst du?”
    Unvermittelt begann Grand-Em zu lachen. “Deine Schwester sieht mir ähnlicher als du, aber dafür hast du meinen eisernen Willen geerbt. Wir sind beide Kämpfernaturen, nicht wahr? Deshalb habe ich deinen Großvater geheiratet, obwohl mein Vater strikt dagegen war. Ich habe aus Liebe den Gärtner genommen, und ich habe es nie bereut.”
    In diesem Moment stürzte Joy herein. “Was ist passiert?”
    Triumphierend klatschte Grand-Em in die Hände. “Sie wird heiraten und braucht meinen Ring. Also, wo war ich gerade …”
    Frankie schüttelte nur stumm den Kopf, als Joy entsetzt auf das Loch in der Wand und die Gipsbrocken starrte.
    “Wann ist die Trauung?”, fragte Grand-Em, als Joy sich neben sie setzte.
    “Aber ich heirate doch gar nicht”, erwiderte Joy geduldig. “Außerdem wäre Großvater nicht begeistert, wenn jemand anderes den Ring tragen würde, den er dir geschenkt hat.”
    “Nein, den meine ich ja auch nicht. Ich rede von dem, den mir Arthur Phillip Garrison 1941 gegeben hat …”
    Hilflos musste Frankie zusehen, wie ihre Großmutter wieder in geistiger Umnachtung versank.
    “Sie war kurz bei sich”, flüsterte sie Joy zu. “Ich habe dich sofort angerufen, damit du es vielleicht auch noch mitbekommst.”
    Joy formte mit den Lippen ein “Danke”, während sie Grand-Em interessiert zunickte. “Na, dieser Arthur Garrison war bestimmt ein fescher Bursche. Wollen wir in dein Zimmer gehen, damit du dich umziehen kannst? Ich habe

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