Man nehme: dich und mich
Dummerweise war dort tatsächlich gerade ein Zweiertisch frei, sodass es keinen Grund gab, ihren Wunsch nicht zu erfüllen. Frankie griff nach einer Speisekarte und geleitete Mimi zu dem Platz. Die setzte sich und verlangte: “Ein Glas Chardonnay. Nicht die Hausmarke, einen französischen. Macht er seine Schnecken?”
“Nein.”
“Dann nehme ich nur einen Salat. Er kennt meine Vorlieben.”
Frankie hoffte, dass man ihr Zähneknirschen nicht hörte. Sie redet bestimmt nicht nur vom Salat, dachte sie grimmig. Ziemlich schlecht gelaunt marschierte sie in die Küche, wo Nate mit fliegenden Händen an mehreren Stationen gleichzeitig arbeitete.
“Du hast Besuch”, verkündete sie. “Sieht aus wie ein Model. Mimi Irgendwer.”
Nate blickte nicht auf. “Okay. Danke.”
“Sie möchte einen Salat und meinte, du wüsstest, wie sie ihn mag.”
“Ist gut.”
Frankie goss ein Glas Wein ein. Es wäre ihr viel lieber gewesen, wenn Nate sich beschwert hätte, schon wieder von dieser überkandidelten Tussi belästigt zu werden – aber welcher Mann würde schon über den Besuch einer so attraktiven Blondine meckern?
“Wo steckt er?”, fragte Mimi, als Frankie ihr den Wein servierte. “Haben Sie ihm gesagt, dass ich warte?”
“Ja.”
Mimi lächelte kühl. “Na schön, aber wenn er nächste Woche anfängt, ist er hoffentlich etwas kooperativer.”
“Wenn er was anfängt?”
Überrascht blickte Mimi auf und erklärte hoheitsvoll: “Mir gehört das
Cosmo
, und Nate ist mein neuer Küchenchef.”
Frankie hob die Augenbrauen: “Ach, tatsächlich.”
“Und wo bleibt mein Salat?”
“Schon unterwegs.”
Frankies erster Impuls war, in die Küche zu stürmen und Nate zur Rede zu stellen, doch sie schaffte es, sich zu beherrschen. Schließlich hatte sie, was Nate betraf, jetzt schon mehrmals voreilige Schlüsse gezogen und Unrecht gehabt. Nate würde sie nicht einfach mitten in der Saison sitzen lassen. Das war einfach nicht seine Art.
Und auch Mimi wusste offenbar, wie es zu Stoßzeiten in einer Restaurantküche zuging, denn sie wartete tatsächlich bis zur Schließung, statt in die Küche zu stürzen und Nate bei der Arbeit zu stören. Erst, nachdem der letzte Gast gegangen war, setzte sich Nate zu ihr an den Tisch.
Für Frankie war in der Zwischenzeit an konzentrierte Arbeit nicht zu denken. Deshalb schob sie die Belege auf ihrem Schreibtisch zur Seite und holte die Zeitung hervor, in der die Restaurantkritik über das
White Caps
stand.
Endlich ein Durchbruch! Lächelnd las sie den durchweg positiven Artikel – bis sie zu dieser Stelle kam:
Nathaniel Walker, das schwarze Schaf der wohlhabenden und einflussreichen Familie Walker, macht seit zehn Jahren in der kulinarischen Szene von sich reden. Nach drei Jahren im Pariser Maxim’s kehrte der Walker-Erbe zu dem Familiensitz in New York zurück, wo er zunächst im La Nuit für Furore sorgte …”
Der Walker-Erbe. Natürlich. Nate – die Abkürzung von Nathaniel. Sie hatte doch gleich gewusst, dass sie den Namen schon mal gehört hatte. Der Gouverneur von Massachusetts hieß ebenfalls Walker. Das musste Nates Bruder sein – der, der “viel für die Gesellschaft” tat. Die Walkers waren nicht nur wohlhabend, sie waren unverschämt reich.
Frankie ließ die Zeitung sinken. Wie konnte Nate es wagen, sie so zu belügen?
Wie aufs Stichwort erschien er im Türrahmen. “Hey, heute Abend war es noch voller als sonst, was? Hör zu, wegen Mimi …”
“Ja, reden wir über Mimi”, unterbrach Frankie ihn ärgerlich. “Danke, dass du mir so rechtzeitig Bescheid sagst.”
Eigentlich war sie wegen Nates Geheimnistuerei hinsichtlich seiner Familie wütend, aber die arrogante Blondine bot auch ein gutes Ziel.
“Was ist?”
“Wann wolltest du mir denn sagen, dass du gehst? Einen Tag vorher?” Sie sprang auf. “Ich kann nicht glauben, dass du mich mitten in der Saison einfach im Stich lässt. Du hast versprochen, bis zum Labor Day zu bleiben!”
“Frankie, hör zu …” Besorgt kam er auf sie zu.
“Ich bin so ein Idiot.” Ihre Stimme überschlug sich. “Ich habe dir vertraut, mich dir geöffnet. Wie konnte ich nur so dumm sein?”
“Frankie, ich gehe doch gar nicht. Ich bleibe hier. Du kennst doch meine Pläne. Und ich möchte, dass du dazugehörst. Komm mit mir nach New York.”
“Und du glaubst, dass Miss Er-kennt-meine-Vorlieben damit einverstanden wäre?”
“Mimi war hier, weil sie …”
“Sie ist der ideale Partner für dich. Ihr
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