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Manche Maedchen raechen sich

Manche Maedchen raechen sich

Titel: Manche Maedchen raechen sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Marr
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damit beschäftigt, ihr soziales Netzwerk zu erweitern. Außerdem erinnerte er mich ein bisschen an Neil, glaube ich.
    Er erzählte mir, es gehe ihm um das Leiden der jungen Mädchen, die ermordet worden waren. Er wolle mit seinem Kunstwerk erreichen, dass die alten Fälle noch einmal aufgerollt würden. In die Lagen des Verbands hatte er Glasscherben, Kronkorken und anderen Müll eingearbeitet, den er auf dem Grund des Grabens gefunden hatte. Er wolle den unsichtbaren Qualen Ausdruck verleihen, die die Gesellschaft schon längst wieder verdrängt habe.
    Ich fragte ihn, warum ihn dieses Thema so beschäftigte, und er zog ein Foto aus der Innentasche seiner Jacke. Es war ein Bild des ersten Opfers. Er sagte, er habe das Mädchen nicht persönlich gekannt und er wisse selbst nicht genau, warum ihn dieses Schicksal so berühre, er spüre nur, dass es falsch sei, diese Frauen einfach aus dem Gedächtnis zu verbannen, als würde man einen Müllsack entsorgen. Es sei diese Gleichgültigkeit, die ihn so frustriere.
    In diesem Moment schaute er auf und wir sahen uns um, sahen all die Leute, die an ihren Champagnergläsern nippten, lachten und in Gespräche vertieft waren, und wussten, wie Recht er hatte.
    Miss Bailoutte stand auf, stellte ihre Teetasse ab und watschelte um den Schreibtisch herum.
    „Ic h … ich hatte zu tun“, stotterte ich. „Marianne hätte nach Lexi sehen müssen, schließlich ist Lexi ja nur ihretwegen krank geworden. Es war Mariannes Idee, am Donnerstagabend nach der Ausgangssperre noch rauszugehen, und dann sind wir in den Regen gekommen.“
    Tja, nun war es heraus. Ich war so wütend und ich wollte meinen Gefühlen endlich freien Lauf lasse n – egal, wer gerade zuhörte.
    Marianne wurde unruhig. Ich rechnete fest mit einem Gegenangriff. Doch was stattdessen passierte, überraschte mich.
    Marianne hatte große, feuchte Augen, wie eine Prinzessin aus einem Disneyfilm. Und dann tat sie etwas, was ich sie in all den dreizehn Jahren, die wir uns kannten, noch nie hatte tun sehen: Sie fing an zu weinen.
    „Oh, nicht doch, meine Liebe, du armes Ding!“
    Miss Bailoutte beugte sich vor und nahm Marianne in die Arme. Marianne leistete keinen Widerstand. Genau genommen sah ich sogar so etwas wie Dankbarkeit in ihren Augen.
    „Ähm, Miss Bailoutte? Wir müssen jetzt gehen. Mir fällt gerade ein, dass wi r … dass wir Professor Adler noch beim Aufbau eines Experiments helfen müssen.“
    Ich zog Marianne am Arm.
    „Oh, selbstverständlich“, antwortete Miss Bailoutte abwesend. „Geht nur, geht nur. Aber ihr wisst ja, ihr könnt jederzeit wiederkommen, falls ihr ein offenes Ohr braucht.“
    Marianne nickte und wischte sich die Tränen weg.
    „Lass uns gehen“, zischte ich Marianne ins Ohr, bohrte ihr meinen Ellbogen in den Rücken und schob sie aus dem Zimmer.
    Draußen stellte ich sie zur Rede: „Was sollte das denn jetzt?“
    Marianne schniefte und hatte Schluckauf, sagte aber keinen Ton.
    „Hast du denn nicht gesehen, dass die uns kein Stück weiterhelfen kann? Wir sollen rumsitzen und über unsere Gefühle reden? Was für ’ne Scheiße ist das denn? Und was hat Lexi davon? Mariann e … Hallo, Marianne! Was hast du denn?“
    „Tut mir leid, dass mir ein bisschen Freundlichkeit so zu Herzen geht. Nur zur Erinnerung: Ich bin immer noch ein Mensch, Eliza. Das scheinst du in den letzten Tagen ganz gern zu vergessen.“
    Ich starrte Marianne fassungslos an. Dicke Tränen kullerten ihr über die Wangen.
    „Marianne!“, schrie ich. „Manchmal frage ich mich echt, was du eigentlich in unserer Clique verloren hast. Ich meine, warum gibst du dich überhaupt mit uns ab, wo doch jeder weiß, dass du genauso gut mit der ach so tollen Jane Ayres befreundet sein könntest.“
    „Vielleicht, weil ich mir nichts daraus mache, was die anderen von mir denken?“, erwiderte Marianne. „Und weil ich Lexi und dich einfach gernhabe? Ist das so schwer zu glauben?“
    Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet und für einen Moment verschlug es mir tatsächlich die Sprache.
    „Wir müssen zum Unterricht“, sagte ich nach einer Weile.
    „Und was passierte dann?“, fragt Dr . Fadden.
    „Miss Bailoutte nahm sich der Sache an. Aardant wurde vorübergehend von der Schule verwiesen. Und alle wussten Bescheid. Gegen drei Uhr nachmittags ließ der Direktor Aardant über den Lautsprecher ausrufen.“
    „Aber das ist doch gut, oder?“
    „Es wussten auch alle, wofür Aardant den Verweis kassiert hatte. Keine

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