Manche moegen's reicher
liegt. Fiona hat für uns angenehmerweise eine luxuriöse Suite im fünfzehnten Stock gebucht, von wo aus uns die Stadt praktisch zu Füßen liegt, und nachdem wir uns frisch gemacht und ein paar schicke Sachen angezogen haben, sind wir bereits auf dem Weg zu unserem ersten Termin.
Wir haben eine Verabredung mit Emma Wagner im French Crêpe, das laut ihren Angaben gleich um die Ecke von unserem Hotel liegt, und sind jetzt schon ganz begeistert von dieser Stadt. Als wir den Innenhof des H&H-Centers betreten, sehen wir uns staunend um. In der Mitte des mit bunten Platten belegten Platzes schießen in unregelmäßigen Abständen Wasserfontänen aus dem Boden, was ein paar ausgelassen kreischende Kinder zum Spielen nutzen, und rundherum ragen mehrere Stockwerke mit großzügigen Balustraden in die Höhe, an deren Verlauf wir verschiedene Geschäfte und Restaurants ausmachen können.
»Emmas Beschreibung nach müsste es irgendwo da oben sein«, sage ich und deute auf die Balustraden.
»Sieh mal, da ist es schon!«, ruft Lissy plötzlich aus.
Sie hat wie ich ihre Augen mit der flachen Hand gegen die Sonne abgeschirmt, und als ich ihrem Blick folge, erkenne ich hinter dem Geländer im zweiten Stock mehrere Tische mit Sonnenschirmen, und gleich darüber entdecke ich jetzt auch das Schild.
»Das klappt ja wie am Schnürchen. Dann müssen wir nur noch da hochkommen.«
»Huhu!«, hallt es im selben Moment über den Platz.
Lissy sieht mich fragend an.
»Huhu!«, hören wir erneut. »Molly Becker, bist du das?«
Das kam eindeutig von oben. Wir heben erneut die Köpfe, und dann sehen wir sie. Es ist eine voluminöse Frau in einem leuchtend roten Sommerkleid mit einem riesigen Hut auf dem Kopf. Sie lehnt am Geländer des French Crêpe, das sich unter ihrer Last bedenklich nach außen neigt, und rudert kräftig mit den Armen.
»Ich bin’s, Emma! Hier oben! Huhu!«
»Hallo, Emma!«, rufe ich und winke zurück. »Sag, wo geht es denn hoch?«
»Nehmt den Lift im Gebäude!«, empfiehlt sie.
»Alles klar!« Ich recke einen Daumen hoch. »Bleib, wo du bist, wir kommen!«
Wir betreten die Passage und steigen in den Lift, der uns mit einem leisen Surren nach oben bringt. Als wir ihn zwei Stockwerke höher verlassen, kommt uns Emma mit ausgebreiteten Armen entgegengewatschelt.
»Endlich lernen wir uns persönlich kennen«, sagt sie. »Molly Becker und ihre Freundin …«
»Lissy«, helfe ich ihr weiter.
»Genau, das wollte ich gerade sagen«, nickt sie, dann drückt sie zuerst mich und danach Lissy mit einer Kraft, dass uns Hören und Sehen vergeht.
Aus der Nähe wirkt sie nicht mehr ganz so groß, aber dafür umso stämmiger, dazu hat sie ein lustiges, rundes Gesicht, das beinahe ebenso rot ist wie ihr Kleid und mit reichlich Sommersprossen übersät ist. Sie strahlt uns an.
»Die zwei Mädels aus Deutschland, was für eine Freude.«
»Und für uns erst, Emma«, gebe ich zurück.
Sie nimmt mich noch einmal genauer unter die Lupe.
»Ehrlich gesagt siehst du jünger aus, als ich dich mir vorgestellt hatte«, meint sie.
»Ja, wirklich? Was dachtest du denn, wie alt ich bin?«
»Na ja, älter auf jeden Fall – als Chefin einer großen Firma.« Sie nickt beeindruckt.
»Aber nachdem Molly eine Schulkollegin deiner Freundin Lilly ist, kann sie doch gar nicht älter sein«, gibt Lissy zu bedenken.
»Stimmt«, grinst Emma. »Es sei denn, sie hätte ein paarmal wiederholt.«
»Habe ich aber nicht«, stelle ich lachend klar, ohne jedoch näher darauf einzugehen, mit welchen Noten ich mich bis zum Abi gemogelt habe.
»Und wie bist du dann zu diesem Superjob gekommen?«, will sie wissen und schiebt sogleich ihre Vermutung nach: »Bist wohl mit dem Besitzer in die Kiste gehüpft, was?« Sie zwinkert mir zwar zu, aber dennoch entsteht eine unangenehme Pause.
»Ach du Schande!«, entfährt es ihr. »Du hast wirklich was mit deinem Boss?«
»Nein, so ist es nicht … ich meine, das war zumindest nicht der Grund …«, stammle ich.
»Molly hat schon mit Philip geschlafen, als sie noch gar nicht wusste, dass ihm Winners only gehört«, versucht Lissy mir beizuspringen, aber kaum ist das ausgesprochen, wissen wir beide, dass es haargenau das falsche Bild abgibt.
»Es ist eine komplizierte Geschichte, viel zu lang, um sie jetzt zu erzählen«, setze ich einen Schlusspunkt. »Jedenfalls hat meine Beziehung mit Philip nichts damit zu tun, dass er mir die Leitung der Firma übertragen hat.«
»Ach so? Ja dann …« Es ist
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