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Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Titel: Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Federlein
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der Heimlichkeit geschieht, das hat mich tief bewegt. Und ich bin so dankbar, dass es solche Kliniken gibt, mit Mitarbeitern, die mit so viel Hingabe und Geduld uns immer wieder zur Seite standen, vielen Dank dafür!
    Mein Abschied war, wie erwartet, tränenreich. Allerdings war es etwas enttäuschend, weil die meisten meiner engsten Freunde längst schon fort waren. 16 Wochen blieben die wenigsten. Aber ich hatte mein Wiegen, meinen Abschied und ich bin mit unsicheren, zittrigen Beinen dort gegangen. Wenn ich mir überlege, wie ich dort als dünnes Häufchen Elend angekommen bin, war die Veränderung einfach genial. Ich hatte den Kopf voll mit guten Ratschlägen, mit guten Wünschen und war sicher, wenn ich nur bei mir bleiben und alles anwenden würde, was ich dort gelernt hatte, dann würde ich es packen.
    Der Direktor meiner Schule war sehr lieb und ließ mich auf Grund meiner bisher immer recht guten Noten in die 12. Klasse gehen. Ich musste das verlorene Jahr also nicht nachholen.
    Fürs Erste zog ich wieder zu meinen Eltern und es ging trotz meiner Bedenken eigentlich ganz gut. Mama hatte sich ebenfalls Hilfe in einer Selbsthilfegruppe gesucht und kam jetzt deutlich besser mit der Situation klar.
    Für eine kleine Weile kehrte so was wie Ruhe in unsere gebeutelte Familie ein.

Teil 3
    Zu Hause und gesund?

Ich bin wirklich sehr lieb in meiner alten Klasse aufgenommen worden. Klar haben viele mich beobachtet, ob ich denn nun wieder essen würde, ein paar haben auch genauer nachgefragt, wie es denn so war, aber zum Glück nicht zu viele. Es gab in der Jahrgangsstufe zwei Mädchen, die ich sehr stark im Verdacht hatte, auch magersüchtig zu sein und irgendwie ärgerte es mich immer noch, dass die weiter hungern durften und ich nicht. Immer wieder musste ich mir sagen, dass ich weiter wäre, meine Sucht jetzt im Griff hätte, dass ich ja leben wollte usw. Aber es fühlte sich etwa so an, wie wenn man mit dem Rauchen aufhört - so ein bisschen neidet man den Rauchern jede Zigarette, auch wenn man sich freut, davon los zu sein.
    Aber nach recht kurzer Zeit kehrte wieder der Schulalltag ein. Ich wundere mich immer noch, wie ich das geschafft habe, ein komplettes Jahr nicht in die Schule zu gehen, und trotzdem relativ gut mitzukommen. Nur in Mathe hatte ich doch Schwierigkeiten, da fehlte mir der Stoff aus der Elften, daher hab ich mir Nachhilfe genommen. Überhaupt hatte ich ja gelernt, mir Hilfe zu holen, auch wenn es mir schwer gefallen ist. Ich habe versucht, mit Offenheit und Ehrlichkeit durchs Leben zu gehen, mich nicht mehr zu verstecken und das klappte ganz gut.
    Bei meinen Eltern zu Hause lief es relativ gut, auch dort versuchte ich, so oft wie möglich meine Gedanken auszusprechen. Wenn ich mal wieder die Idee hatte, ich könnte nichts essen, hab ich es ausgesprochen, meistens half das.
    Mit meinem Bruder bin ich dann Anfang 1998 ausgezogen. Es war bestimmt nicht einfach für meine Eltern, gleich beide Kinder los zu sein, aber wir haben die perfekte Wohnung gefunden, nämlich genau über unserem Lieblingsitaliener, mitten in der Stadt. Eine Drei-Zimmer-Wohnung, Küche und Bad, genial geschnitten und um das zu finanzieren, holten wir uns ein paar Monate später eine Mitbewohnerin dazu.
     
    Ich ging also in die Schule, danach nach Hause lernen oder bei meiner Mum ein paar Stunden im Laden arbeiten, irgendwie wollte das eigene zu Hause ja finanziert werden. Am Abend schaute ich meistens mit meinem Bruder einen Film und das war`s.
    Ich hielt mich lange Zeit von den Discotheken fern, wenn ich weggegangen bin, dann nur mit Kumpels von meinem Bruder, weil ich wusste, die sind ok (Ich tat mir ja schließlich so schwer, echte Freunde zu finden, ich hatte ja ein Händchen dafür, in die Sch... zu tappen) oder später auch mit meinem Nachhilfelehrer und dessen Freunden, die alle sehr sehr lieb waren.
    Fakt ist, dass ich in diesem Jahr wenn ich es jetzt so betrachte, so kontrolliert und angespannt und verkrampft durchs Leben bin, dass es fast kein Wunder war, dass ich irgendwann ausbrechen musste.
    Ich versuchte wirklich alles anzuwenden, was ich in der Klinik gelernt hatte. So hinterfragte ich jeden Tag meine Gedanken, meine Gefühle, und beim kleinsten Anzeichen von Unwohlsein ging ich alles durch, warum, was wieder passiert war, warum der Rückfall jetzt da war usw.
    Ich hatte im Gegensatz zu vorher jetzt nur das Thema ausgetauscht, jetzt ging es nicht mehr ums Hungern, jetzt ging es mit zwanghaften Gedanken darum,

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