Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte
weil eine Sucht nicht heilbar ist. Vielleicht bestimmt sie irgendwann einmal nicht mehr mein ganzes Leben, aber begleiten wird sie mich.
Da muss ich an einen coolen Spruch denken:
Eine Stimme sagte ihr: „Lächle und sei froh, es könnt schlimmer kommen.“
und sie lächelte und war froh... und es kam schlimmer!
Das sagt doch alles, oder ;-)
In der Körpertherapie war genau so ein typischer Fall für mich! Wir haben „Sich fallen lassen“ gemacht. Einer steht da, schließt die Augen und lässt sich rückwärts fallen. Zwei stehen an seiner Seite und fangen ihn auf, bevor er ganz umfällt/auf den Boden knallt.
Also gut, alle machen das, bei jedem klappt`s, und dann bin ich dran und die Zwei lassen mich einfach los. Irgendwie bin ich denen durch die Hände gerutscht. Das war so schlimm für mich, weil ja nur bei mir das nicht geklappt hat, mich kann man also fallen lassen? Und es hat all die vielen Male hochgeholt, wo ich mich fallen gelassen gefühlt habe. Die Gruppe war dann aus, aber ich bin heulend liegen geblieben, hab noch lange mit Irene darüber gesprochen. Naja, wenigstens hab ich da jetzt mal wieder gespürt, wie sensibel ich eigentlich bin und wie viel ich immer überspiele. Es wird echt Zeit, dass ich anfange, gut in mich rein zu hören und gleich für mich zu sorgen!
03.06.1997
In der Kerngruppe hab ich heute Familienaufstellung gemacht, alles schön dicht zusammen, Mama, Papa, Bruder... Dann hat Michaela mich auf Hubert angesprochen und ich hab ihn dann halt, weil ich ihn auch aufstellen musste, irgendwo weit außerhalb des Familienkreises hin platziert... dann habe ich mir das so angeschaut und bin mit einem Mal ganz traurig geworden! So stimmte das nicht! Erst als wir Hubert sehr nah dazugestellt haben, ging es mir besser!
Wahnsinn, wie so ein albernes Aufstellen so viel Emotion auslösen kann. Bis heute hab ich nicht gewusst, wie viel mir Hubert unterbewusst bedeutet, wie wichtig er für mein Leben ist. Und ich weiß auch, welche Konflikte damit einher gehen. Ich kann das meiner Mutter nicht sagen, weil ich niemals will, dass sie sich schlecht fühlt wegen ihrer Scheidung. Sie hatte bestimmt einen guten Grund dafür. Papa soll erst recht nicht wissen, dass ich den anderen Papa vermisse, schließlich hat er sich so wunderbar um uns gekümmert, als Hubert so einfach das Weite gesucht hat.
Und ich selber kapier`s jetzt grad auch nicht. Ich meine, er hat uns verlassen, mich verlassen, ohne jemals zu fragen, wie`s uns geht. Er hat uns in die Welt gesetzt und ist dann gegangen... aber andere Kinder wollte er! Warum? Waren wir nicht gut genug?
Also hab ich mit Hubert auch noch so einiges zu klären, ich kann nicht einfach hingehen und sagen „du, ich vermisse dich“ und dann ist alles gut!
Michaela meinte, das wäre ja auch nicht nötig, aber ich könnte ja mal einen Anfang machen und ihm schreiben, da wäre es leichter die Gefühle auszudrücken. Und sie hat gesagt, ich solle das nicht machen, immer meine Eltern beschützen zu wollen, sie wären erwachsen und alt genug, um so was auszuhalten. Ich hätte ja lang genug geschwiegen. Wenn ich Kontakt zu Hubert aufnehmen wolle, solle ich das auch tun.
Wow, jeden Tag kommt wieder was anderes hoch, hört das denn niemals auf???
23.06.1997
Bin jetzt seit einer Woche in der Entlass-Gruppe, das ist eigentlich auch nicht viel anders, außer dass wir dienstags zwei Stunden Extra-Gruppe haben, wo wir besprechen, wie unser Leben draußen weitergehen kann/soll usw., und wie wir vermeiden können, dass wir wieder rückfällig werden.
Ich bin mit meiner Idee, mit meinem Bruder in eine WG zu ziehen, sehr zufrieden, wenn das mit der Schule jetzt auch noch klappt, könnte es wirklich gut gehen. Meine Eltern haben die Idee auch gut gefunden und mein Bruder wollte eh schon lange ausziehen. Er findet`s cool.
Dass das jetzt alles so geklärt ist hilft mir, und ich hab nicht so große Angst mehr, hier nächste Woche auf Wiedersehen zu sagen.
Ich habe nie wieder meine 50 Kilo erreicht, aber das war nicht ganz so wichtig. In den 4 Monaten habe ich immerhin über 10 Kilo zugenommen und auch behalten, hab so wahnsinnig viel über mich und mein Verhalten gelernt, diese Zeit war einzigartig. Zu erleben, wie viele Menschen sich wegen einer psychischen Erkrankung so fertig machen. Menschen, denen man es oft so gar nicht ansieht, weil sich auch kaum einer die Mühe macht, mal wirklich nachzufragen, und es auch immer in
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