Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte

Titel: Manchmal ist das Leben echt zum Kotzen - Wie ich meine Essstörung besiegte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Federlein
Vom Netzwerk:
abstinenten d.h. suchtfreien Tagen eine Plakette bekommen. Und ich hab in unserer Essgruppe mal gesagt, wie blöd das eben als Magersüchtiger ist, weil man das ja so nicht zählen kann. Da ist er los und hat mir diesen Anhänger gekauft, damit ich sozusagen meine Plakette eben für 50 Kilo bekomme!
    So was tut echt gut!!!
     
     
    24.05.1997
     
    50 Kilo, erreicht, Scheiße und juhu und Scheiße!
    Jetzt, wo ich weiß, dass da wieder `ne 5 steht, geht grad gar nix mehr. Kay hat mir den Anhänger geschenkt und das hat mich riesig gefreut, zumindest nach außen hin tu ich halt so. Ich steck grad voll in einem Rückfall! Aber wie das so ist mit einem Rückfall, solange man noch so am Anfang steht, will man nichts sagen. Ich weiß genau, dass ich wieder hungere, mir extra weniger nehme, keine Zwischenmahlzeit mehr esse und ich weiß auch, dass ich das eigentlich in einer der zahlreichen Gruppen und Foren ansprechen sollte um mir Hilfe zu holen - aber ich will nicht, weil ich dann ja damit aufhören muss und ich will nicht! Die 50 macht mich fertig, das geht gar nicht.
    Mein Problem ist, dass ich nicht weiß, wie ich mein Gewicht jetzt halten soll. Für mich gab es die letzten Monate ja nur entweder hungern, hungern, hungern, oder zunehmen, zunehmen, zunehmen.
    Jetzt wäre Gleichbleiben angesagt und damit kenn ich mich nicht aus! Jedesmal denk ich, nee, abstinent gegessen, davon hab ich zugenommen, also muss es jetzt weniger sein! Aber wo ist die Grenze? Dann also lieber einiges weniger gegessen, es ist immer noch besser, wieder runter, als noch mehr über die 50! Da ist jetzt einfach mal meine Grenze und es ist mir egal, was dann passiert. Alle Anderen ziehen hier auch ihre kleinen Schummeleien durch, jetzt mach ich das eben auch.
     
     
    25.05.1997
     
    War heute bei Michaela und ich hab`s ihr erzählt - sie meinte, da wäre ja aber eine ganze Menge Trotz in mir... Gott wie ich dieses Wort hasse! Trotz, wie bei einem kleinen Mädchen.... aber sie hat recht, ich bin trotzig und irgendwie gibt mir das Kraft! Mal nicht immer nur himmelhoch jauchzend, alles ist bestens, mir gehört die Welt und dann wieder zu Tode betrübt, alles ist scheiße, keiner liebt mich, ich bin so schlecht! Das ist mal ein neues Gefühl!
     
    Meine Verlängerung ist durch, ich bleibe also bis Ende Juni hier. Darüber bin ich echt froh, die drei Monate wären ja jetzt schon fast rum und so wie`s mir geht, bin ich noch nicht bereit.
    Hab heute mal mit unserem Musiktherapeuten, der gleichzeitig auch der Ansprechpartner dafür ist, wie`s beruflich nach der Klinik weiter geht, gesprochen. Ich hab ja meine mittlere Reife, könnte also eine Ausbildung anfangen, aber trau ich mich das? Am Besten wäre es, wenn ich einfach weiter auf die Schule gehen könnte. Wenn der Direktor mitmacht und mich auf Probe in die 12. Klasse lässt, dann mach ich das. Außerdem haben wir besprochen, dass es wohl das Beste wäre, wenn ich ausziehe, damit sich dieser Konflikt mit den Eltern weiter entspannen kann. Ich hab nämlich echt Bammel davor, wie das dann wird, wenn mir wieder alle zuschauen und gucken, wie ich mich so mache. Nee, `ne eigene Wohnung, vielleicht mit meinem Bruder zusammen, das wär einfach spitze.
     
     
    30.05.1997
     
    Schon wieder so viel passiert! Heidrun ist endgültig gegangen. Vielleicht war sie aber auch schon zu lange magersüchtig, bei ihr ging das schon seit vier Jahren so. Das ist bei jedem anders. Ich bin halt eine, wenn ich`s mach, dann gescheit und volle Kanne (in einem Jahr 20 Kilo runter) oder eben gar net, schwarz oder weiß, grau ist fürn Arsch. Aber bei Vielen ist das ehr schleichend, immer nur ein paar hundert Gramm runter oder eben auf diesem Minimum halten. Ich glaube, wenn man das schon seit Jahren macht, ist es sehr viel schwieriger einzusehen, dass das krank ist, weil es schon so fest in einem verankert ist.
    Vielleicht braucht sie aber auch einfach noch Zeit, bis sie bereit ist sich wirklich zu helfen.
    Das ist ja das Blöde an unserer Erkrankung, man kann nicht einfach ins Krankenhaus gehen, bleibt ein paar Tage und ist dann wieder gesund. Nein, wir müssen uns selber helfen, wir kriegen hier das Werkzeug, aber umbauen müssen wir selber. Es gibt so viele Momente, wo ich mir wünsche, ich hätte mir nur ein paar Knochen gebrochen, dann gäb`s einen Gips und dann wär alles wieder gut! Nein, ich musste mir was Psychisches aussuchen, eine Erkrankung die bei 10 % der Betroffenen zum Tod führt und die eigentlich nie geheilt ist,

Weitere Kostenlose Bücher