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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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heraus. Der Polizist, der gerade noch mit dem Mandel geredet hatte, zeigte auf die Kiste mit dem Tilmann drinnen. Ich schaute zu, wie die Sanis auf die Kiste zuliefen.
    »Der Tilmann ist hin? Hab ich dich da richtig verstanden?«, fragte ich den Mandel.
    Der Mandel sagte nichts.
    »Was ist denn in der Kiste?«
    »Der Tilmann«, antwortete der Mandel und starrte auf die Sanitäter bei der Kiste.
    »Halbiert«, fügte er hinzu.
    »Echt jetzt?«, fragte ich nach.
    Der Kai Bartels schaute mich an wie einen Außerirdischen.
    »Gibt’s doch nicht. Und was jetzt?«, sagte ich zum Mandel.
    »Jetzt bringen sie ihn erst einmal in die Pathologie. Zur Leichenschau.«
    »Und was machen die ganzen Bullen? Sind ja eine ganze Menge hier.«
    »Befragen alle Mitarbeiter, lassen sich alle Adressen geben. Fragen rum und bestellen alle nacheinander für die nächsten Tage aufs Revier.«
    »Dich auch?«, fragte ich den Mandel.
    »Dich auch, Sigi. Jeden. Die Band, die Malleck, die Journalisten, die Roadies, die Zuschauer, jeden.«
    Während der Mandel das sagte, entfernte sich der Kai Bartels wortlos von uns.
    »Und wie geht’s dem?«, fragte ich und nickte in Richtung des sich davonschleichenden Kai Bartels.
    »Woher soll ich das wissen?«, sagte der Mandel.
    »Und wie geht’s dir?«
    »Mir geht’s gut. Ich bin ja nicht tot«, sagte der Mandel.
    Ich beobachtete aus der Entfernung, wie die Sanitäter den zweimal halben Tilmann in eine Folie wickelten, genau erkennen konnte ich es nicht.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Ich geh heim«, sagte der Mandel.
    »Das war’s dann mit unserem Fall.«
    »Sieht so aus.«
    »Rauchen wir noch eine, bevor wir gehen?«
    »Von mir aus«, sagte der Mandel.
    »Sie haben den Herrn Tilmann gefunden?«, fragte ein langer Mann mit dichtem grauen, Haar und einer für die Uhrzeit unheimlich gut gebundenen Krawatte.
    »Ja«, sagte der Mandel.
    »Winter, achte Mordkommission. Wir unterhalten uns noch ausführlicher morgen früh bei Ihrem Termin, aber kurz die Frage: Woher wussten Sie, dass sich das Opfer in der Kiste befindet?«
    »Mandel, angenehm. Das hatte ich Ihrem Kollegen schon erzählt. Ich habe den Herrn Tilmann angerufen, und der Klingelton von seinem Telefon kam aus der Kiste.«
    »Was wollten Sie denn überhaupt hinter der Bühne?«
    »Ich bin Journalist und habe mit dem Herrn Tilmann zusammengearbeitet«, sagte der Mandel und schaute hinauf zum Mordkommissar Winter und ihm fest in die Augen.
    »Aha. Sie kommen morgen um zehn in die Keithstraße 30, dann sprechen wir uns da im Detail.« Das klang nach einer Drohung.
    »Jawohl. Und einen schönen Abend noch, Herr Winter«, sagte der Mandel, aber der Mordkommissar Winter schritt grußlos davon. Der Mandel konnte es nicht ausstehen, wenn Leute nicht grüßten. Mindestmaß an Höflichkeit, sagt er.
    Am nächsten Morgen ging es drunter und drüber in der Stadt. Alle waren wie aufgescheucht, im Fernsehen lief eine Sondersendung nach der anderen, und Hubschrauber waren in der Luft, obwohl ich mir nicht sicher war, ob das an dem Mord lag. Mütter mit Kinderwagen hetzten über die Bürgersteige, Autos hupten wie verrückt, und der Verkehr war zähflüssig. Das Wetter war nervös, es regnete morgens, und eine unerwartete Sonne trocknete alles bis Mittag. Dann regnete es wieder. Die Stadt war in Aufruhr wie an einem Werktag, obwohl Sonntag war.
    Alle wurden verhört. Der Mandel wurde verhört, ich wurde verhört. Der Mandel hatte dem Mordkommissar Winter nichts von unserem ursprünglichen Auftrag erzählt, und genau darum hätte ihn die Malleck auch gebeten, da bin ich mir sicher. Der Mandel erzählte von seiner Reportage und dem Konzert und wie er den Tilmann gefunden hatte. Der Winter hörte ihm wortlos zu und musterte ihn eindringlich. Ich selbst machte meine Aussage bei einem anderen Beamten. Ich hatte auch nicht so viel zu erzählen wie der Mandel, und es schien, als schenkte man meiner Aussage kaum Beachtung. Den großen Kommissar Winter bekam ich an dem Tag gar nicht zu Gesicht. Als ich vor dem alten Funktionalgebäude in der Keithstraße auf den Mandel wartete und ein erneuter Regenguss auf mich niederging, fühlte ich mich seltsam erfrischt. Der Frühling war in vollem Gange, das war nicht mehr der eiskalte Regen von letzter Woche.
    »Das Wetter wird besser«, sagte ich zum Mandel.
    »Nächste Woche soll’s schneien«, sagte der Mandel.
    Die Zeitungen waren voll mit Schlagzeilen über die Ermordung vom Tilmann. Aber keine Zeitung und auch sonst

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