Mandels Buero
gängige Entsorgungsmethode zu sein. Für mich war die Mordlust eine fremde Welt, obwohl gerade der Normalbürger empfänglich für so was ist, wenn man den Mordstatistiken glaubt. Ich habe jedenfalls noch nie daran gedacht, jemand umzubringen. Außer bei der Maria vielleicht. Das ist die Ex-Freundin, falls jemand fragt.
Bevor ich aus der U-Bahn ausstieg, ließ ich die Zeitung auf dem Sitz liegen, schließlich will man ja in der Öffentlichkeit nicht unbedingt mit der Bildzeitung in der Hand gesehen werden. Wenn man sie in der U-Bahn liest, kann man immer noch sagen, sie hätte eh schon auf dem Sitz gelegen.
Ich ging den halben Kilometer bis zur Privatwohnung vom Edelstein und drückte unten den Knopf auf der goldenen Klingeltafel.
»Ja?«, fragte die Gegensprechanlage. Sie war weiblich.
»Der Sigi Singer«, sagte ich.
»Komm hoch«, sagte die Gegensprechanlage.
Um die Wohnung vom Tilmann und der Malleck waren natürlich seit Tagen Reporter und Fotografen postiert, also residierte die Malleck zurzeit bei ihrem guten Freund und Anwalt Holger Edelstein. Ich fuhr mit dem Aufzug ganz nach oben, und die Tür ging direkt in der Dachgeschosswohnung vom Anwalt Edelstein auf. Die Aufzugtür gab den Blick auf eine Designerküche in Superchrom frei. Die Malleck trat von der Seite in mein Sichtfeld und gab Küsschen links, Küsschen rechts. Sie trug ein blaues Sommerkleid, ein bisschen zu luftig für Ende März, auch wenn der Tag sonnig war. Und verweint sah sie auch nicht aus. Andererseits Schauspieler halt, da steckt man nicht drin.
»Lass uns auf die Dachterrasse gehen. Es ist grade so schönes Wetter«, sagte die Malleck, und ich folgte ihr über eine kleine Holztreppe aufs Dach. Oben natürlich Edelrundblick. Wir setzten uns in zwei schmale Korbstühle.
»Tut mit leid wegen dem Auftrag, Sigi. Ich zahl euch natürlich eine Aufwandsentschädigung.«
»Quatsch, lass es. Ich wollte mein Beileid ausdrücken. Es tut mir wirklich aufrichtig leid, was passiert ist.«
Die Malleck lächelte bitter.
»So haben sich meine Eheprobleme also von selbst erledigt.«
Unangenehmer Moment, weil die Frau war ja tatsächlich ein drängendes Problem losgeworden, aber auf eine ziemlich übertriebene Weise. Da hatte es jemand ein bisschen zu gut mit der Malleck gemeint.
Ich schaute auf den Fuß von der Malleck, der in einer dieser neumodischen Sandalen mit den vielen Verschnürungen steckte. Die Fußnägel waren lackiert. Überhaupt ein sehr schöner Fuß.
»Und ich wollte dir sagen, dass das neulich im Park nicht einfach so passiert ist, weil ich hysterisch war. Ich finde dich schon eine ganze Weile attraktiv, aber du wirkst immer so abweisend, so unruhig neben dem Mandel, das hat mich verunsichert. In dem Park war endlich eine Ruhe zwischen uns.«
Jetzt das nötige Taktgefühl aufzubringen war eine Herausforderung.
»Ich bin nicht deshalb hier«, sagte ich.
Aber die Malleck redete weiter, als hätte sie mir überhaupt nicht zugehört.
»Aber ich bin jetzt eine trauernde Witwe. Und ich brauche keinen Liebhaber im Moment, ich darf gar keinen haben, verstehst du, Sigi? Und das passt ja auch nicht wirklich zusammen mit uns, oder? Das kannst du doch nicht ernsthaft denken, dass eine wie ich dir guttut? Mit den ganzen Terminen und den superwichtigen Leuten aus meiner Branche. Da kotzt du doch, oder, Sigi? Da muss jemand wie du doch kotzen.«
Sie legte ihre Hand auf mein Knie.
»Nee, lass mal, Sigi. Wir gehen schon noch mal ins Bett, wir beide. Jetzt ist nur ein schlechter Zeitpunkt.«
Jetzt machte sie es mir wirklich schwer mit dem Taktgefühl. Ich strich ihr onkelhaft über die Frisur.
»Komm, wir rauchen eine«, sagte sie, die Nichtraucherin.
Die Malleck nahm eine Zigarette aus meiner Schachtel, ich gab ihr Feuer und wir rauchten so vor uns hin auf der Dachterrasse vom Edelstein. Dann probierte ich es nochmal mit meinem Anliegen, obwohl ich mir nicht mehr sicher war, ob vielleicht nicht doch die Malleck mein tatsächliches Anliegen grade schon angesprochen hatte.
»Der Urbaniak hat uns beauftragt, die Demos von Leos Soloalbum zu finden. Quasi um jeden Preis. Der hat Angst, dass du sie hast und sie nicht rausrückst.«
»Das fette Schwein. Das dachte ich mir schon. Und damit ist er zu euch gekommen?«
»Zum Mandel ist er damit.«
»Und ist Max drauf eingegangen?«
»Erst mal schon. Aber wer weiß, wie ernst es ihm damit ist.« Ich zuckte mit den Schultern.
»Und jetzt willst du wissen, ob ich was weiß. Oder vielleicht die
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