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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Demos direkt dabeihabe, in der Handtasche. Du willst doch nicht etwa Geld dafür, dass du mich vor dem schmierigen Urbaniak warnst, oder? Sigi, willst du mich ausspielen?«
    Ich lachte.
    »Nein, ich bin wirklich nur wegen Sex mit dir hier. Im Ernst: Ich sage dir das alles als Freund. Damit du weißt, was auf dich zukommt vom Urbaniak. Oder soll ich sagen: zuwalzt.«
    »Weiß der Max, dass du mir das alles erzählst?«
    »Tut er. Ich versprech dir: Wenn du die Demos vom Leo besitzt oder auftreiben kannst, erfährt der Urbaniak nichts davon, wenn du das nicht willst. Dann halten wir ihn hin.«
    »Hmm«, machte die Malleck. »Und was bringt euch das?«
    »Dann können wir aufhören zu suchen und dem Urbaniak zumindest die Spesen in Rechnung stellen. Und der Urbaniak macht aus der Musik vom Leo keinen Europop wie damals nach dem Tod von Freddie Mercury.«
    »Was hat der Urbaniak denn bei Freddie Mercury gemacht?« Jetzt war die Malleck verblüfft.
    »Gar nichts. Aber dem Mercury hat die Plattenfirma doch nach seinem Tod auch ein Diskopop-Album untergejubelt.«
    »Aber der war ja von Natur aus poppiger«, warf die Malleck ein.
    »Auch wieder wahr«, gab ich zu.
    »Ist nur schade, dass ich nicht die geringste Ahnung davon habe, was der Leo so in seinem Studio getrieben hat«, sagte die Malleck.
    »Aber das Studio ist doch bei euch im Haus?«
    »Aber es hat mich nicht interessiert. Und es ist auch kein richtiges Studio. Es ist nur ein kleines Zimmer mit einer Gesangskabine, in die genau ein einzelner Mensch passt.«
    »Hast du schon nach den Aufnahmen gesucht?«
    »Tut mir leid, aber ich hab gerade andere Dinge im Kopf … Aber wenn wir verhindern wollen, dass der Urbaniak sich daran bereichert, könnt ihr ja mal nachschauen. Ich geb dir den Schlüssel. Ich selbst kann da grade nicht hin.«
    »Verstehe«, sagte ich und wollte aufstehen.
    »Gib mir einen Kuss«, verlangte die Malleck.
    Wie vermutet, war das Haus der Tilmanns von herumlungernden Fotografen belagert. Der Mandel und ich waren ja keine gänzlich Unbeteiligten in dem Spektakel, also hatten wir uns im Baumarkt zwei Blaumänner geholt und liefen als Handwerker verkleidet und mit Baseballmützen an den Fotografen vorbei durch die Haustür. Das Apartment der Tilmanns lag in einem Mietshaus im alten Westen der Stadt, und die Malleck und der Tilmann hatten den gesamten vierten Stock gekauft und ausbauen lassen, natürlich inklusive Dachterrasse. In den anderen Etagen wohnten aber auch noch normale Leute, und deshalb erweckten wir als Handwerker kein Aufsehen.
    Als ich die Wohnungstür vom Tilmann aufschloss und das Licht anmachte – alle Gardinen waren zugezogen – , empfing uns ein kolossaler Raum mit drei Couchgarnituren, zwei Fernsehern und zwei großen, länglichen Tischen, einer davon mit einer Sitzbank, der andere mit denselben Stühlen wie beim Mandel zu Hause. Diesen Art-Déco-Stühlen. Und natürlich eine offene Küche – was sonst – , allerdings nicht so großspurig wie die vom Edelstein.
    »Nicht schlecht«, sagte der Mandel. »Schöne Stühle.«
    Die Wohnung war sorgfältig aufgeräumt und geputzt wie ein Ballsaal vor dem großen Tanz. Oder danach. Das grelle Neonlicht und die geschlossenen Gardinen verstärkten den Eindruck eines öffentlichen Raums, und man konnte sich kaum vorstellen, dass hier ein Ehepaar einen gemeinsamen Feierabend verbrachte.
    »Das Studio kommt am Ende des Gangs. Da jetzt gleich links«, sagte ich zum Mandel.
    »Viele Möglichkeiten gibt’s ja auch nicht mehr«, sagte der Mandel, der sich ungern von mir etwas erklären ließ.
    Das Studio vom Tilmann bestand aus einem kleinen Raum mit einem großen Schreibtisch, auf dem ein Mischpult stand, ein Mikrofon und ein geschlossenes Notebook. Drum herum lagen Notizzettel und Stifte. Auf dem Boden schlängelten und verhakten sich Kabel quer durch das ganze Zimmer. Links neben dem Schreibtisch zwei Verstärker, rechts ein paar akustische und elektrische Gitarren. Unter dem Schreibtisch gab es einen Rollcontainer und neben der Eingangstür einen Schrank. Durch eine kleine Holztür ging es in eine Gesangskabine samt Sichtfenster, die ungefähr zwei Quadratmeter groß war. In ihr stand lediglich ein verwaister Notenständer. Im Studio gab es keine Aschenbecher, aber es roch dennoch nach altem Rauch. Vermutlich war das Einzige, was die Putzfrau hier erledigte, die alten Zigaretten wegzuschmeißen. Sonst schien sie hier nicht zu verkehren. Der Mandel klaubte einen der Notizzettel vom

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