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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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Ein schriller Ton, und die anderen Fahrlehrer legen ihre Stifte weg, stehen mit den Tests in ihrer Hand auf und bewegen sich langsam und gleichförmig an das Kopfende der Halle, wo der Herr Rupprecht die Prüfungsbögen einsammelt. Der Mandel will aufstehen, aber er kann nicht. Er sieht sich um und ist plötzlich in einem Hotelzimmer. Alleine liegt er in einem Bett. Die Gardinen sind noch geschlossen, aber der Mandel weiß, dass da draußen das Meer hinter den Gardinen dämmert. Es muss wahnsinnig früh sein, und er fragt sich, ob es um die Uhrzeit überhaupt schon Frühstück gibt. Er ist jetzt auch wieder er selbst, nicht mehr sein Bruder. Er hat schlimme Kopfschmerzen. Er schließt das Zimmer hinter sich ab und geht die Treppe hinunter. Im Frühstücksraum wartet schon der Tilmann auf ihn. Der Speisesaal ist leer, die Gardinen sind geschlossen, aber dahinter ist das Meer. Der Tilmann ist der Einzige neben dem Mandel in dem Speisesaal. Der Mandel setzt sich zum Tilmann, genau an den Tisch in der Mitte des leeren Speisesaals.
    »Yeah, Mäx. Das ist nicht so gut gelaufen bisher. Jetzt musst du die Platte für mich einsingen. Ich bin ja im Urlaub«, sagt der Tilmann.
    »Verrückt«, sagte ich, als mir der Mandel das im Büro erzählte.
    »Ich weiß«, sagte der Mandel, und mich beschlich ein ungutes Gefühl, weil der Traum vom Mandel mir signalisierte, dass sich da etwas zusammenbraute. Man kann so einen Traum nicht einfach abtun. Man muss so einen Traum übersetzen wie einen lateinischen Text. Die Grammatik ist schwierig, aber Übungssache. Ich las aus dem Traum, dass sich da etwas zusammenbraute. Das stand da für mich ganz klar drin.
    Den Mandel hielt es nie lange im Büro. Eigentlich war er heute gegen elf reingekommen, dann waren wir im Lindenhof zum Frühstücken, dann hatte er mir seinen Traum erzählt, und jetzt sagte er, er müsse kurz weg zu seinem Steuerberater und ließ mich alleine im Büro sitzen. Konkret hatte ich jetzt auch nichts weiter vor, weil ich heute Morgen das letzte Level von der Weltkriegssimulation geschafft hatte. Und so rief ich die Malleck an, sprach ihr auf die Mailbox, dass ich sie dringend sehen müsse wegen den Aufnahmen vom Tilmann. Fünf Minuten später rief sie mich zurück, ich könne kurz bei ihr am Set in Babelsberg vorbeikommen, wenn es so dringend sei. Dummerweise hatte ich kein Auto, der Mandel war ja auch weg, also telefonierte ich mit dem Dieter, ob er mir sein Fahrschulauto leihen könnte, das er auch privat nutzte und mit dem er hergekommen war. Eine Viertelstunde später stand er am Nordufer und warf mir den Schlüssel zu. Das Fahrschulauto war ein Audi A8, und er war gelb. Mattgelb. Ich musste zweimal hinschauen, weil ich es nicht glauben konnte. Früher hatte er wenigstens einen Metallic gefahren.
    »Wie lang brauchst du ihn denn, Sigi?«
    »Stunde, anderthalb.«
    »Wegen eurem Fall?«
    »Genau.«
    »Meinst, ich könnte mitfahren? Ich hab ja so eine Ermittlung bisher nur im Fernsehen gesehen.«
    »Ah, blöd, aber das ist ein sehr vertraulicher Termin mit einem Informanten aus der Schallplattenbranche, da kann ich dich nicht mitnehmen. Das tut mir wirklich leid.«
    »Na klar, Sigi, versteh ich. Kann ich euch sonst irgendwie behilflich sein? Ich hab noch drei Tage Urlaub, also ich muss noch nicht heim.«
    Der Dieter schaute mich zutraulich an und kratzte sich an seinem relativ neuen Kinnbart.
    »Eher nicht, glaub ich. Außer, du kennst dich mit Computern aus. Also Internet und so.«
    »Logisch! Eins a kenn ich mich aus. Ich hab die Website von der Fahrschule Mandel selber gemacht. ›Mit uns fahren Sie zum Himmel‹. Auch der Spruch ist von mir. Man kann sich sogar übers Netz zur Fahrstunde anmelden. Und ich bin ja auch viel im Internet unterwegs. Internet-Dating, kennst du das? Weil das glaubst du nicht, wie viel williges Weibsvolk ab vierzig da unterwegs ist. Vor allem bei euch hier in der Stadt. Deshalb bin ich ja unter anderem so gerne hier. Morgen zum Beispiel treff ich diese Physiotherapeutin, die hat in ihrem Profil geschrieben, dass sie am liebsten … «
    »Ach so, du bist ein Internetprofi«, unterbrach ich. »Weil dann hätte ich wirklich was für dich.«
    »Mensch super, Sigi. Aber das mit der Physiotherapeutin muss der Max nicht unbedingt wissen, wir verstehen uns, Sigi, oder?«
    »Nein, nein. Gut, dann geb ich dir jetzt den Schlüssel fürs Büro. Da drin steht noch der Laptop vom Tilmann. Verbind dich einfach mit dem WLAN bei uns im Büro, das heißt

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