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Mandels Buero

Mandels Buero

Titel: Mandels Buero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berni Mayer
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herausfinden, dass es so einfach ist«, sagte der Sascha.
    Der Dieter kam mit einer Tasse Kaffee aus der Küche.
    »Geht’s endlich los?«
    »Der Sascha wollte sich grade verabschieden«, sagte der Mandel.
    »Kann ich nicht noch einen bauen?«, fragte der Sascha.
    »Nein. Keine Zeit«, sagte der Mandel.
    »Als ihr noch fest angestellt wart, war die Stimmung besser«, sagte der Sascha und packte sein Zeug zusammen.
    Der Sascha hatte früher beim Express immer die Festplatten-Rettungen getätigt, vor allem beim Mandel, weil der nie etwas gelöscht hat auf seinem Rechner. Keine einzige Mail, kein Musikstück und kein Dokument. Alle halbe Jahre gab es deshalb beim Mandel den vollkommenen Systemabsturz. Der Mandel und die Computer, die Geschichte eines lebenslangen Misstrauens. Gegenseitig.
    Der Sascha schloss die Ladentür hinter sich.
    »Jetzt bin ich aber gespannt«, sagte der Dieter.
    Weil der Mandel sich mit Computern nicht so gut auskannte, übernahm ich die Durchsuchung vom Tilmann-Rechner. Ich ließ den Suchalgorithmus erst einmal alle Audio-Dateien aufzeigen, und wir hörten kurz durch, was nicht akkurat benannt war. Der Mandel als DEMO -Connaisseur musste dann sagen, ob das Stück neu beziehungsweise überhaupt vom Tilmann war. Am Ende blieben ein paar Stücke übrig, die noch schlechter waren als das, was man von DEMO gewohnt war. Die Produktion war mumpfig, die Band spielte schlecht zusammen, und der Gesang vom Tilmann war unter aller Sau. Selbst der tote Rio Reiser hätte das besser runtergesungen. Der Mandel vermutete unveröffentlichte B-Seiten aus den letzten Jahren, was sie strenggenommen ja dann zu C-Seiten machte.
    Dem Dieter war längst langweilig geworden, und er spielte mit den Mini-Peilsendern und blätterte sich durch die Unterlagen der Sicherheitsakademie. Gelegentliche Zwischenfragen wie »Hattet ihr schon das Seminar zur Sprengstoff-Erkennung?« ignorierte der Mandel.
    »Den Schrott können wir zumindest dem Urbaniak als Zwischenergebnis präsentieren.«
    »Und wenn er fragt, woher wir das haben?«, fragte ich.
    »Aus dem Studio vom Leo, sagen wir dann. Ist ja unsere Sache, wie wir da reingekommen sind.«
    »Ich hoffe, das fliegt uns nicht alles um die Ohren. Wenn sich der Urbaniak und der Edelstein austauschen, sind am Ende noch wir die Dummen.«
    »Gehen wir jetzt was essen?«, fragte der Dieter. »Ich hätte Lust auf ein Bier«.
    »Ich muss weg«, sagte ich. »Aber der Max geht sicher gerne in den Deichgraf mit dir.«
    Ich war nämlich mit Maria verabredet. Sie hatte ausdrücklich darum gebeten, weil sie nochmal alles besprechen wollte. Auf dem Weg zu ihr tat mir alles weh. Die Sache war schon lange nicht mehr seelisch, das war längst in körperliche Beschwerden übergegangen. Hautprobleme, Haarausfall, Zahnschmerzen, wenn nur eine SMS von ihr eintraf. Als ich bei der Maria zu Hause in der Küche stand und mir ihre Endzeitstimmung anhörte, während sie ihre langen Beine beim Reden nervös auf und ab bewegte und ich nicht aufhören konnte, auf das neongrüne Nylon zu starren, hatte ich mehr und mehr das Gefühl, meinen Gleichgewichtssinn zu verlieren. Ich erzählte ihr von den Anbahnungen mit der Malleck. Danach brach natürlich die Hölle los.

Zwölf

    Der Mandel hatte einen seltsamen Traum, und das weiß ich, weil er ihn mir im Nachhinein erzählt hat.
    Im Traum ist der Mandel sein Bruder und sitzt in einer großen Halle auf einem Stuhl neben Hunderten von anderen Fahrlehrern. Er weiß, dass er nur noch fünf Minuten hat, um den Test vor ihm zu vervollständigen, doch er kann sich nicht konzentrieren. Weit weg am Kopfende der Halle steht sein alter Mathelehrer, der Herr Rupprecht, und hält seinen Arm samt Armbanduhr in die Luft. Der Herr Rupprecht steht so weit entfernt, dass man ihn schon nicht mehr genau erkennen kann. Schön, denkt der Mandel als sein eigener Bruder, wenn ich schon nicht alle Fragen beantworten kann, dann muss ich wenigstens meinen Namen auf das Blatt schreiben, sonst zählt der Test ja nicht. Doch der Mandel hat keine Schreibunterlage vor sich, das Blatt mit dem Test liegt auf seinen Knien. Er will seinen Namen in die entsprechende Zeile setzen, doch der Kugelschreiber in seiner Hand sticht durch das Blatt und reißt ein Loch in den Test, der jetzt unbrauchbar ist. Der Mandel schaut auf seine Uhr, und es ist seine Uhr, obwohl er sein Bruder ist. Die Uhrzeit verschwimmt vor seinen Augen. Das ist doch unfair, dass alles von diesem beschissenen Test abhängt, denkt er.

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