Mandels Buero
jetzt haben wir die Malleck in unserem Video. Das ist doch das Geilste.‹«
Draußen hatte es angefangen, wie verrückt zu regnen. Das Regenwasser rann durch die leicht abschüssige Straße am Griechen vorbei. Der Mandel konnte Regen nicht ausstehen, er wäre am liebsten über Nacht auf seinem Platz beim Griechen sitzen geblieben, nur damit er nicht raus in den Regen musste. Die Bedienung räumte die Teller weg, und der Mandel bat um die Rechnung.
»Noch einen Ouzo auf Haus?«, fragte die griechische Bedienung mit den blondierten Haaren, die ich auch kannte.
Der Mandel sah den Kai Bartels an, aber der winkte ab.
»Nein, danke, Agni. Nächstes Mal wieder«, sagte der Mandel.
»Du weißt also auch nicht, wo die Aufnahmen sein könnten?«, fragte der Mandel und schaute dabei aus dem Fenster durch den Regen hindurch.
»Nein, leider nicht. Leo und ich haben uns schon lange nicht mehr musikalisch ausgetauscht. Ich mach die Musik und er die Texte, dafür braucht man noch nicht einmal im selben Raum zu sein. Geht alles per E-Mail«, sagte der Bartels.
»Schade«, sagte der Mandel.
Die Agni kam mit der Rechnung. Der Mandel holte sein Portemonnaie aus der Hosentasche, aber der Kai Bartels hatte schon einen Geldschein in der Hand.
»Ich mach schon«, sagte er.
»Merci«, sagte der Mandel, der sich nie gegen eine Einladung wehrte.
Mittlerweile war der Regen zu einem gemeingefährlichen Niederschlag geworden, und als sich der Mandel und der Bartels draußen vor dem Griechen die Hand gaben, waren sie schon fast nass bis auf die Haut. Der Mandel ging zu Fuß nach Hause. Als er bei der Haustür ankam, fing es an zu hageln.
Jetzt hat sich der eine oder andere vielleicht ungeduldig die Parabel vom Bartels angehört und sich gedacht: Die viel wichtigere Geschichte ist doch, wie kam die Malleck ins Bett vom Singer? Aber das spielt im Gesamtzusammenhang keine große Rolle, deshalb werde ich das nicht hier breittreten. Außerdem war die Malleck nicht in meinem Bett, sondern ich in ihrem. Losgegangen war es mit einer SMS gestern, nachdem ich den Mandel nach Hause gefahren hab. Willst du noch kurz vorbeikommen , hat sie geschrieben. Ohne Fragezeichen klang das sowieso mehr wie eine Aufforderung, und wer bin ich, dass ich da noch umständlich Fragen stelle. Ich bin mit der U-Bahn hin und dann wortloses Geficke, keine Begründung, noch nicht einmal eine richtige Begrüßung. Wortlos und wüst. Und natürlich war das seltsam im Ehebett der Malleck. Wo auch der Tilmann schon. Aber es war ja ohnehin schwer surreal und ging viel zu schnell vorüber. Danach war ich verliebt. Und ich spreche jetzt nicht vorschnell von Verliebtsein, wirklich nicht. Ich habe schon viel Kontakt zu Frauen gehabt, und ein Großteil davon war körperlich, aber nur selten merkte ich dieses Brennen von innen nach außen, das ich bei der Malleck spürte. In manchen Momenten war es wie Sodbrennen. Von dem Brennen bekam ich merkwürdigerweise einen manischen Hunger auf Eiscreme, egal, welche Jahreszeit, egal, welche Sorte. Das letzte Mal hatte ich das bei der Maria, in der Anfangszeit, und das war fünf Jahre her. Natürlich musste ich im schlimmsten Fall annehmen, dass die Malleck nur die Zeit totschlug und mich als Tatwaffe missbrauchte, und natürlich rührte meine völlige Entgeisterung auch daher, dass sie Veronika Malleck, die gefeierte Schauspielerin war, aber wenn die Gemütshitze einmal so ausbricht wie in der Nacht, dann ist es egal, was die Frau beruflich macht und ob sie dich missbraucht.
Den Mandel traf ich am Sonntagmorgen im Büro. Er spielte Solitär auf dem neuen Rechner. Der Dieter saß auf meinem Stuhl und bediente den Laptop vom Tilmann.
»Habt ihr jetzt schon die Mails vom Tilmann an diese Adriana gefunden?«, wollte ich wissen.
»Nein, das ist aussichtslos«, sagte der Mandel. »Der Sascha war gerade nochmal da. Es gibt keine Mails auf dem Server.«
»Das ist ja schade«, sagte ich.
»Warum schreibt ihr nicht einfach dieser Adriana und bittet sie um ein Gespräch?«, fragte der Dieter.
»Hmm, weil … na, weil sie sie sich nicht zurückmelden wird.« Aber ich ahnte, dass das kein vernünftiges Argument war.
»Und weil sie immer diese wechselnden E-Mail-Adressen benutzt«, fiel mir dann noch ein.
»Aber sie muss die Mails auch empfangen, sonst könnte sie dem Tilmann nicht antworten. Schreiben wir ihr doch einfach an die letzte von ihr benutzte Adresse«, sagte der Dieter.
»Da hat er Recht«, sagte der Mandel, als wäre das eine
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